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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Sarahs entsetzten Gesichtsausdruck bemerkte. Er war in merkwürdiger Stimmung, das Fell juckte ihn, und um die Konsequenzen scherte er sich nicht. Lawford soll zur Hölle gehen, dachte er, und Slingsby gleich mit ihm. Sharpe wollte die beiden einfach nur los sein. Und zur Hölle mit der Armee, dachte er. Er hatte ihr redlich gedient, und sie hatte sich gegen ihn gewandt, also sollte die Armee eben auch zur Hölle gehen.
    Vicentes Haus gehörte zu einer Reihe, deren Fenster alle verrammelt waren. Die Tür war verschlossen, aber Vicente zog einen Schlüssel unter einem großen Stein hervor, der in einer Lücke unter den steinernen Stufen verborgen war. »Das ist der erste Platz, an dem ein Dieb suchen würde«, sagte Sharpe.
    Aber drinnen war kein Dieb gewesen. Das Haus roch staubig und feucht, weil es seit mehreren Wochen verschlossen war, aber alles war ordentlich aufgeräumt. Die Bücherregale im großen Vorderzimmer waren leer geräumt und ihr Inhalt hinunter in den Keller getragen worden, um ihn in hölzernen Kisten sicher aufzubewahren. Auf jeder Kiste war sorgfältig vermerkt, was sich darin befand. In anderen Kisten lagerten Vasen, Bilder und Büsten von griechischen Philosophen. Sorgsam verschloss Vicente den Keller wieder, versteckte den Schlüssel unter einer Diele, ignorierte Sharpes Hinweis, dies sei der erste Platz, an dem ein Dieb suchen würde, und ging nach oben, wo die Betten abgezogen waren. Ihre Decken waren in den Schränken gestapelt worden. »Die Franzosen werden vermutlich hier einbrechen«, sagte er, »aber die Decken dürfen sie sich ruhig nehmen.« Er ging in sein einstiges Zimmer und kehrte mit einer verblichenen schwarzen Robe zurück. »Mein Studentenrock«, sagte er fröhlich. »Wir pflegten uns farbige Bänder anzuheften, um zu zeigen, welches Fach wir studierten, und jedes Jahr, am Ende der Studienzeit, verbrannten wir die Bänder.«
    »Klingt nach einer Menge Spaß«, sagte Sharpe.
    »Ja, unseren Spaß hatten wir«, sagte Vicente. »Ich war gern Student.«
    »Jetzt bist du Soldat, Jorge.«
    »Ja, bis die Franzosen weg sind«, sagte er, faltete die Robe zusammen und legte sie zu den Decken.
    Er verschloss das Haus, versteckte den Schlüssel und führte Sharpe, Harper und Sarah durch die Universität. Die Studenten und die Lehrkräfte waren alle fort, nach Lissabon oder in den Norden des Landes geflohen, aber die Bediensteten der Universität bewachten noch immer das Gebäude, und einer von ihnen begleitete Sarah und die drei Soldaten, schloss ihnen die Türen auf und zeigte ihnen den Weg in die Räume. Es gab eine Bibliothek, einen fantastischen Raum voller Gold, Schnitzereien und Bücher in Ledereinbänden, in dem Sarah sich hingerissen umsah. Widerstrebend ließ sie die alten Bände hinter sich, um Vicente zu folgen, der ihnen die Räume zeigte, in denen er unterrichtet worden war. Dann stiegen sie hinauf zu den Laboratorien, wo Uhren, Waagen und Ferngläser in den Regalen glänzten. »Dieses Zeug wird den Franzosen Freude machen«, bemerkte Sharpe finster.
    »Auch in der französischen Armee gibt es gelehrte Männer«, sagte Vicente. »Sie führen keinen Krieg gegen die Gelehrsamkeit.« Er streichelte ein Modell des Sonnensystems, ein herrliches Gerät aus gebogenen Messingarmen und kristallenen Halbkugeln, die die Bewegungen der Planeten nachvollzogen. »Gelehrsamkeit«, sagte er ernst, »steht über dem Krieg.«
    »Steht was?«, fragte Sharpe.
    »Gelehrsamkeit ist heilig«, beharrte Vicente. »Sie geht über Grenzen hinaus.«
    »Das ist richtig«, mischte sich Sarah ein. Sie hatte geschwiegen, seit sie Ferreiras Haus verlassen hatten, aber die Universität versicherte ihr, dass sie sich noch immer in einer Welt zivilisierter Gebräuche befand, weit weg von den drohenden Gefahren der afrikanischen Sklaverei. »Eine Universität«, sagte sie, »ist ein Heiligtum.«
    »Heiligtum!« Sharpe amüsierte sich. »Sie glauben also, die Crapauds kommen herein, sehen sich kurz um und entscheiden, dass dies hier heilig ist?«
    »Mister Sharpe«, sagte Sarah, »ich kann üble Worte nicht dulden.«
    »Was ist denn so schlimm an Crapaud? Es bedeutet Kröte.«
    »Ich weiß, was es bedeutet«, sagte Sarah, errötete aber, weil sie einen Augenblick lang geglaubt hatte, Sharpe habe etwas anderes gesagt.
    »Ich glaube, die Franzosen sind nur an Lebensmitteln und Wein interessiert«, sagte Vicente.
    »Ich kann mir noch etwas anderes vorstellen«, erwiderte Sharpe und fing sich einen strengen Blick von

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