Sharpes Flucht
Aufmerksamkeit.
»Er hat einen besseren Geruchssinn als ich, Sir«, behauptete Sharpe.
»Einen besseren Geruchssinn …«, begann der Colonel seine Frage, dann runzelte er die Stirn in Richtung Sarah, die auf Portugiesisch auf die Köchin einschimpfte. »Tun Sie, was Sie wollen, Sharpe«, sagte Lawford, »was immer Sie wollen, und um Gottes willen nehmen Sie Miss Wie-auch-immer-sie-heißt mit, würden Sie das tun?«
»Er hat versprochen, die Truhe vom Wagen zu nehmen«, wandte sich Sarah jetzt an Lawford. Sie war außer sich vor Wut, und weil er ein Colonel war, schien sie von ihm zu erwarten, dass er etwas unternahm.
»Ich bin sicher, das lässt sich alles regeln«, sagte Lawford. »So ist es doch mit den meisten Dingen. Wollen Sie Miss – ääh – wollen Sie die Dame begleiten, Sharpe? Vielleicht können ihr die Frauen des Bataillons helfen. Sie müssen jetzt wirklich gehen, meine Liebe.« Der Colonel wusste, er würde kein Auge zubekommen, während diese Frau über ihre verlorenen Besitztümer jammerte. Zu jeder anderen Zeit hätte er sie mit Freuden eingeladen, denn sie war ein hübsches, junges Ding, aber er brauchte dringend Ruhe. Er befahl seinen Dienern, sein Gepäck nach oben zu tragen, wies Lieutenant Knowles an, zwei Wachtposten vor dem Haus und zwei weitere im Hof zu postieren, dann wandte er sich ab, blickte sich aber sofort noch einmal um. »Und was diese Idee von Ihnen angeht, Sharpe«, sagte er, »übereilen Sie nichts.«
»Wegen des Terpentins, Sir?«
»Sie wissen genau, was ich meine«, erwiderte Lawford gereizt. »Die Portugiesen, Sharpe, die Portugiesen. Oh, mein Gott!« Letzteres entfuhr ihm, weil Sarah in Tränen ausgebrochen war.
Sharpe versuchte sie zu beruhigen, aber sie war am Boden zerstört wegen des Verlusts ihrer Truhe und ihrer geringen Ersparnisse. »Miss Fry«, sagte Sharpe, doch sie ignorierte ihn. »Sarah!« Er legte ihr sachte die Hände auf die Schultern. »Sie werden alles wiederbekommen.«
Sie starrte ihn an, sagte aber nichts.
»Ich kümmere mich um Ferragus«, sagte Sharpe, »wenn er noch hier ist.«
»Das ist er.«
»Dann beruhigen Sie sich, Mädchen, und überlassen Sie ihn mir.«
»Mein Name ist Fry«, versetzte Sarah, die sich von der Anrede »Mädchen« beleidigt fühlte.
»Also beruhigen Sie sich, Miss Fry. Wir besorgen Ihnen Ihre Sachen wieder.«
Harper verdrehte angesichts dieses Versprechens die Augen. »Das Terpentin, Sir.«
Sharpe wandte sich Vicente zu. »Wo können wir Terpentin finden?«
»Das weiß der Herrgott allein«, erwiderte Vicente. »In einer Holzfabrik? Behandelt man nicht Holz damit?«
»Was hast du jetzt vor?«, fragte Sharpe ihn.
»Mein Oberst hat mir die Erlaubnis erteilt, zum Haus meiner Eltern zu gehen«, sagte Vicente. »Nur um mich zu vergewissern, dass dort alles wohlbehalten ist.«
»Dann kommen wir mit«, sagte Sharpe.
»Da gibt es aber kein Terpentin«, sagte Vicente.
»Scheiß auf das Terpentin«, sagte Sharpe, dann fiel ihm ein, dass eine Dame anwesend war. »Verzeihung, Miss. Wir sorgen nur für deine Sicherheit, Jorge«, fügte er hinzu, dann wandte er sich wieder an Sarah. »Später bringe ich Sie zu den Frauen des Bataillons«, versprach er ihr. »Und die werden sich um Sie kümmern.«
»Die Frauen des Bataillons?«, fragte sie.
»Die Ehefrauen der Soldaten«, erklärte Sharpe.
»Gibt es keine Ehefrauen von Offizieren?«, fragte Sarah, der ihre bedrängte Lage widerstrebte. Eine Gouvernante mochte zwar nur eine Dienstbotin sein, aber sie war eine privilegierte Dienstbotin. »Ich erwarte, mit Respekt behandelt zu werden, Mister Sharpe.«
»Miss Fry«, sagte Sharpe, »Sie können jetzt diesen Hügel hinaufgehen und sich eine Offiziersfrau suchen. Es gibt ein paar. Nicht in unserem Bataillon, aber Sie können sich ja mal umsehen, niemand hindert Sie, es zu versuchen. Wir müssen allerdings Terpentin auftreiben, und wenn Sie Schutz wollen, bleiben Sie am besten bei uns.« Er setzte sich seinen Tschako auf und wandte sich ab.
»Ich bleibe bei Ihnen«, sagte Sarah, der eingefallen war, dass Ferragus irgendwo in der Stadt frei herumlief.
Die vier gingen den Weg hinauf in die Oberstadt und betraten ein Viertel mit großen, eleganten Gebäuden, die, wie Vicente erklärte, zur Universität gehörten. »Es gibt sie schon seit sehr langer Zeit«, sagte er ehrfürchtig. »Beinahe ebenso lange wie Oxford.«
»Ich habe mal einen Mann aus Oxford kennengelernt«, sagte Sharpe, »und habe ihn umgebracht.« Er lachte, als er
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