Sharpes Flucht
reiten, um uns mit den Franzosen zu treffen.«
»Du reitest nach Norden und triffst dich mit den Franzosen«, sagte Ferragus. »Und Miguel kann dich begleiten.« Er warf dem kleineren Mann einen Blick zu, der mit einem Schulterzucken sein Einverständnis erklärte.
»Sie erwarten, dich zu sehen«, sagte Ferreira.
»Dann wird eben Miguel behaupten, er sei ich«, fauchte Ferragus. »Wie sollen die verdammten Franzosen denn den Unterschied erkennen? Ich bleibe hier«, beharrte er. »Und sobald die Briten weg sind, spiele ich mein Spielchen. Wann werden die Franzosen eintreffen?«
»Wenn sie morgen kommen«, mutmaßte Ferreira, »dann vielleicht in der Frühe. Sagen wir ein oder zwei Stunden nach dem Morgengrauen.«
»Das verschafft mir Zeit«, erwiderte Ferragus. Er wollte lediglich genug Zeit, um die drei Männer um Gnade winseln zu hören, die ihnen allerdings versagt bleiben würde. »Wir treffen uns am Lagerhaus«, sagte er zu Ferreira. »Bring die Franzosen als Wachen mit, und ich werde drinnen auf euch warten.« Ferragus wusste, dass er sich vom Wesentlichen ablenken ließ. Für ihn musste es vor allem darum gehen, die Lebensmittel zu schützen und sie den Franzosen zu verkaufen. Die vier Eingesperrten spielten eigentlich keine Rolle, aber jetzt spielten sie nun einmal eine Rolle. Sie hatten sich gegen ihn zur Wehr gesetzt und ihn für den Augenblick besiegt, also war es jetzt mehr als je zuvor eine Frage des Stolzes, und wenn sein Stolz auf dem Spiel stand, durfte ein Mann nicht zurückweichen. Wer es tat, war es nicht wert, als Mann bezeichnet zu werden.
Aber Ferragus wusste ja, dass es im Grunde überhaupt kein Problem gab. Sharpe und seine Gefährten waren verloren. Er hatte mehr als eine halbe Tonne Kisten und Fässer auf die Falltür gehäuft, und einen anderen Weg aus dem Keller gab es nicht, also war es lediglich eine Frage der Zeit. Ferragus hatte also gewonnen, und das war ein Trost. Er hatte gewonnen.
Der größte Teil der britischen und portugiesischen Armeen hatte für seinen Rückzug die Straße östlich von Coimbra benutzt und daher den Mondego durch eine Furt überquert, aber eine ganze Reihe war angewiesen worden, die Hauptstraße zu nehmen. So sickerte nun ein steter Strom von Truppen, Waffen, Munitionskisten und Wagen über die Santa-Clara-Brücke, die von Coimbra in seine kleine Vorstadt am Südufer des Mondego führte, wo das neue Kloster von Santa Clara stand.
Zu den Soldaten gesellte sich ein scheinbar nicht abreißender Strom von Zivilisten mit Handkarren, Ziegen, Hunden, Kühen, Schafen und ihrem gesammelten Elend, der sich über die Brücke schleppte, sich auf die schmalen Straßen um das Kloster herum verteilte und dann nach Süden in Richtung Lissabon weiterzog. Sie kamen nur quälend langsam voran. Ein Kind wurde um ein Haar von einer Kanone überfahren, der Kanonier konnte dem kleinen Mädchen nur ausweichen, indem er sein Geschütz in eine Mauer rammte, wobei das äußere Rad abbrach. Es kostete eine Stunde, es zu reparieren. Ein Handkarren brach auf der Brücke zusammen, Bücher und Kleider purzelten nach allen Seiten, und eine Frau kreischte, als portugiesische Soldaten den kaputten Karren und seinen Inhalt in den Fluss warfen, in dem bereits allerlei Treibgut schwamm, da die Soldaten auf den Kais zerschlagene Fässer und zerschnittene Säcke ins Wasser geworfen hatten. Kisten mit Zwieback wurden hineingeschleudert, und die Zwiebackscheiben, die hart wie Gestein waren, trieben zu Tausenden flussabwärts. Andere Soldaten hatten Holz und Kohle gesammelt und ein gewaltiges Feuer angezündet, in das sie gepökeltes Fleisch warfen. Und wieder andere, ausschließlich Portugiesen, hatten den Befehl erhalten, die Backöfen der Bäcker in der Stadt zu zerstören, während eine Kompanie des South Essex Regiments den an den Kais vertäuten Booten mit Vorschlaghämmern und Äxten zu Leibe rückte.
Lieutenant Colonel Lawford kehrte am frühen Nachmittag auf die Kais zurück. Er hatte gut geschlafen und eine überraschend wohlschmeckende Mahlzeit aus Huhn, Salat und Weißwein genossen, während sein roter Rock ausgebürstet und gebügelt worden war. Dann war er auf Lightning hinunter an die Kais geritten, wo er sein Bataillon erhitzt, schwitzend, zerrauft, schmutzig und müde vorfand. »Das Problem ist dieses Rindfleisch«, ließ Major Forrest ihn wissen. »Weiß Gott, es will einfach nicht brennen.«
»Hat Sharpe nicht etwas von Terpentin gesagt?«
»Hab ihn nicht gesehen«,
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