Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
bleiben?«
    »Es braucht mehr als dieses Rudel Franzosen, um sie zu vertreiben«, erwiderte Sharpe verächtlich. »Natürlich bleiben wir.«
    »Wenn ich hundert Pfund hätte«, sagte sie wehmütig, »dann würde ich mir in Lissabon ein kleines Haus kaufen und dort Englisch unterrichten. Ich mag Kinder.«
    »Ich nicht.«
    »Natürlich tust du das.« Sie versetzte ihm einen leichten Klaps.
    »Willst du nicht nach England zurück?«, fragte Sharpe.
    »Was kann ich dort anfangen? Niemand möchte Portugiesisch lernen, aber jede Menge Portugiesen wollen, dass ihre Kinder Englisch können. Außerdem bin ich in England nur eine von vielen jungen Frauen ohne Aussichten, ohne Vermögen und ohne Zukunft. Hier profitiere ich von dem Reiz, anders zu sein.«
    »Reizend für mich«, sagte Sharpe und fing sich noch einen Klaps ein. »Du könntest bei mir bleiben«, fügte er hinzu.
    »Und die Frau eines Soldaten sein?« Sie lachte.
    »Das ist nicht das Schlechteste«, erwiderte Sharpe trotzig.
    »Nein, bestimmt nicht«, stimmte Sarah ihm zu. Eine Weile lang schwieg sie. »Bis vor zwei Tagen habe ich geglaubt, mein Leben hinge von anderen Leuten ab«, fuhr sie dann plötzlich fort, »jetzt denke ich, es hängt von mir selbst ab. Du hast mir das beigebracht. Aber ich brauche Geld.«
    »Geld ist kein Problem«, sagte Sharpe wegwerfend.
    »Der allgemeinen Erkenntnis entspricht das nicht gerade«, erwiderte Sarah trocken.
    »Man kann das Zeug stehlen«, sagte Sharpe.
    »Warst du wirklich ein Dieb?«
    »Das bin ich immer noch. Einmal ein Dieb, immer ein Dieb, nur stehle ich jetzt eben von den Feinden. Und eines Tages habe ich genug zusammen, um damit aufzuhören, und dann halte ich andere davon ab, von mir zu stehlen.«
    »Du hast eine einfache Lebenssicht.«
    »Man wird geboren, man überlebt, man stirbt«, sagte Sharpe. »Was soll daran kompliziert sein?«
    »Das ist das Leben eines Tieres«, sagte Sarah, »und wir sind mehr als Tiere.«
    »Ja, das haben sie mir auch erzählt«, gab Sharpe zurück. »Aber wenn es um Krieg geht, sind sie dankbar für Leute wie mich. Zumindest waren sie das.«
    »Waren?«
    Er zögerte, dann zuckte er mit den Schultern. »Mein Colonel will mich loswerden. Er hat einen Schwager, dem er meine Position geben will, einen Mann namens Slingsby. Der hat gute Manieren.«
    »Das ist etwas Schönes.«
    »Nicht, wenn fünfzigtausend Froschfresser auf dich zustürmen. Mit Manieren kommt man da nicht weit. Was du da brauchst, ist schiere, verdammte Entschlossenheit.«
    »Und die hast du?«
    »Eimerweise, mein Herz«, erwiderte Sharpe.
    Sarah lächelte. »Also, was wird jetzt aus dir?«
    »Ich weiß es nicht. Ich gehe zurück, und wenn mir nicht gefällt, was ich dort vorfinde, suche ich mir ein anderes Regiment. Vielleicht schließe ich mich den Franzosen an.«
    »Aber Soldat bleibst du?«
    Sharpe nickte. Er konnte sich kein anderes Leben vorstellen. Es hatte Zeiten gegeben, in denen er geglaubt hatte, er würde gern ein paar Morgen Land besitzen und sie bestellen, aber er verstand nichts von der Landarbeit und begriff, dass dieser Wunsch nicht mehr als ein Traum war. Er würde Soldat bleiben, und wenn er es recht bedachte, würde er vermutlich den Tod eines Soldaten sterben, entweder schwitzend in einem Fieberlazarett oder niedergemäht auf einem Schlachtfeld.
    Sarah musste erraten haben, an was er dachte. »Ich glaube, du wirst überleben«, sagte sie.
    »Ich glaube, du auch.«
    Irgendwo in der Dunkelheit heulte ein Hund, und die Katze machte in der Tür einen Buckel und fauchte bei dem Geräusch. Kurz darauf schlief Sarah ein, und Sharpe hockte sich neben die Katze und sah zu, wie sich der schmale Streifen Licht langsam über dem Himmel verbreiterte. Vicente wachte früh auf und gesellte sich zu ihm.
    »Wie geht es deiner Schulter?«, fragte Sharpe.
    »Sie tut nicht mehr so weh.«
    »Dann heilt sie«, sagte Sharpe.
    Schweigend saß Vicente bei ihm. »Wenn die Franzosen heute aufbrechen«, sagte er nach einiger Zeit, »wäre es dann nicht vernünftig, wenn wir auch gingen?«
    »Und Ferragus vergessen, meinst du?«
    Vicente nickte. »Es ist unsere Pflicht, uns der Armee wieder anzuschließen.«
    »Das ist es«, stimmte Sharpe ihm zu. »Aber wir schließen uns der Armee wieder an und handeln uns Minuspunkte für Abwesenheit ein, Jorge. Dein Oberst wird gar nicht erfreut sein. Also müssen wir ihnen etwas bringen.«
    »Ferragus?«
    Sharpe schüttelte den Kopf. »Ferreira. Er ist derjenige, über den sie Bescheid wissen

Weitere Kostenlose Bücher