Sharpes Flucht
»por terra!«
Der junge Mann sah aus, als wolle er sich umdrehen und davonlaufen. »Mach schon, Junge«, sagte Sharpe. »Gib mir einen Grund.« Dann aber legte der Junge die Muskete nieder. Er war starr vor Furcht, als die beiden grün gekleideten Männer von beiden Seiten auf ihn zukamen. Er tauchte hinter dem Felsbrocken unter und kauerte dort in der Erwartung, erschossen zu werden.
»Jesus«, rief Sharpe, denn er hatte nun den Gipfel des Hügels erreicht und konnte sehen, dass es sich bei dem jungen Mann um einen Späher handelte, denn auf der langen Strecke des hinteren Abhangs befand sich ein Haufen weiterer Männer, von denen einige sich dort gruppierten, wo der Pfad, den Sharpe und seine Gefährten benutzt hatten, den Kamm des Hügels überquerte. Ein weiteres halbes Dutzend stieg auf den Gipfel zu, sie blieben jedoch abrupt stehen, als sie sahen, wie Sharpe und Harper auf dem Kamm auftauchten.
»Du hast geschlafen, was, mein Junge?«, fragte Sharpe. »Hast uns nicht gesehen, ehe es zu spät war.«
Der junge Mann verstand ihn nicht, sondern blickte lediglich hilflos von Sharpe zu Harper.
»Das war gut, Pat«, sagte Sharpe, hob die Muskete des jungen Mannes auf und warf sie zur Seite. »Sie haben schnell Portugiesisch gelernt.«
»Ein oder zwei Wörter habe ich schon aufgeschnappt, Sir.«
Sharpe lachte. »Also was wollen dann diese verdammten Kerle?« Er drehte sich um und blickte zu den sechs Männern hinüber, die ihm am nächsten waren und den langen Hang heraufstarrten. Sie waren alle Zivilisten, Flüchtlinge oder – wahrscheinlicher – Partisanen. Sie waren zweihundert Schritte von ihnen entfernt, und einer hatte einen Hund bei sich, fast einen Wolf, den er an einem Strick führte. Der Hund bellte und versuchte, sich von seinem Herrn loszureißen, um den Hügel hinauf zum Angriff zu stürmen. Alle Männer hatten Musketen.
Sharpe wandte sich ab und gab Vicente ein Zeichen. Er wartete eine Weile, dann sah er, wie Vicente und die beiden Frauen den Aufstieg begannen. »Besser, wir sind alle am selben Ort«, erklärte er Harper, fuhr aber gleich wieder herum, weil einer der sechs Männer eine Muskete abgefeuert hatte. Die Männer am Hang konnten ihren Kameraden nicht sehen, denn dieser war hinter dem Felsen verborgen, und vielleicht nahmen sie an, er habe fliehen können. Also eröffnete einer von ihnen das Feuer.
Die Kugel wurde zum Querschläger. Sharpe konnte nicht einmal hören, wo sie vorbeizischte, dann feuerte ein zweiter Mann. Der Hund, den der Lärm der Schüsse in Erregung versetzte, heulte jetzt und sprang auf. Ein dritter Mann schoss, und dieses Mal flog die Kugel nah an Sharpes Kopf vorbei.
»Die haben eine verdammte Lektion nötig«, sagte Sharpe. Er trat zu dem jungen Mann, zerrte ihn auf die Füße und setzte ihm die Mündung des Gewehrs an den Kopf. Die Musketen hörten auf zu feuern.
»Wir könnten den verdammten Hund erschießen«, schlug Harper vor.
»Und kannst du sicher sein, dass du ihn aus zweihundert Schritt Entfernung auch wirklich triffst?«, fragte Sharpe. »Nicht nur verwunden? Denn wenn du ihn nur streifst, Pat, dann wird dieser Hund einen Bissen irisches Fleisch zur Vergeltung wollen.«
»Sie haben recht, Sir. Dann erschießen wir lieber diesen Bastard«, sagte Harper, der auf der anderen Seite neben ihrem zu Tode erschrockenen Gefangenen stand. Die sechs Männer stritten jetzt miteinander, während die anderen, die aussahen, als hätten sie dort, wo der Pfad den unteren Teil des Kamms kreuzte, in einem Hinterhalt gewartet, begannen, dem Gipfel entgegenzusteigen.
»Es sind mindestens dreißig«, sagte Harper. »Wir werden uns schwertun, mit dreißig Männern fertigzuwerden.«
»Jeder fünfzehn?«, schlug Sharpe lässig vor, dann schüttelte er den Kopf. »So weit wird es nicht kommen.« Er hoffte, dass es nicht so weit kommen würde, aber erst einmal brauchte er Vicente hier oben, damit dieser mit den Männern sprechen konnte.
Diese begannen sich zu verteilen, sodass Sharpe nicht an ihnen vorbeikonnte.
Sie hatten auf ihn gewartet, und er war zu ihnen gekommen. Und sie hatten den Befehl, ihn zu töten.
Dritter Teil
D IE B EFESTIGUNGEN VON T ORRES V EDRAS
KAPITEL 11
Vicente kam als Erster bei Sharpe und Harper an, er stieg schneller als die beiden Frauen, die durch ihre zerrissenen Röcke und bloßen Füße behindert waren. Vicente blickte auf die bewaffneten Männer, er beobachtete sie, dann sprach er mit dem jungen Mann, der sich immer heftiger zu sträuben
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