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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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einfach nur Wasser auf den Boden«, sagte sie nach einer Weile.
    »Sie suchen nach Essen, mein Herz.«
    »Und wie soll ihnen das dabei helfen?«
    »Die Bauern können nicht ihre gesamte Ernte in Sicherheit bringen«, erklärte ihr Sharpe. »Also graben sie sie manchmal ein. Sie heben ein Loch aus, legen das Getreide hinein, bedecken es mit Erde und legen die Grassoden wieder darüber. Du könntest geradewegs darüber hinwegmarschieren und würdest es nicht bemerken, aber Wasser, das man über die Erde gießt, zieht schneller ein, wenn sie umgegraben worden ist.«
    »Sie finden nichts«, sagte sie.
    »Gut«, antwortete Sharpe und sah ihr zu. Was für ein schönes Gesicht sie hat, dachte er und dass sie ein beherztes Geschöpf war. Wie Teresa, stellte er fest und fragte sich, was das spanische Mädchen wohl gerade machte und ob sie überhaupt noch lebte.
    »Sie ziehen wieder ab«, berichtete Sarah und schob das Fernglas zusammen, wobei sie die kleine Messingplatte auf dem größten Rohr bemerkte. »In Dankbarkeit«, las sie laut vor, »AW. Wer ist denn AW?«
    »Wellington.«
    »Und wofür war er dir dankbar?«
    »Das war bei einem Gefecht in Indien«, antwortete Sharpe. »Ich habe ihm geholfen.«
    »Mehr nicht?«
    »Er war vom Pferd gefallen«, erzählte Sharpe. »Tatsächlich steckte er ein bisschen in Schwierigkeiten. Aber er ist trotzdem sicher entkommen.«
    Sarah gab ihm das Fernglas zurück. »Sergeant Harper sagt, du bist der beste Soldat in der Armee.«
    »Pat ist ein irisches Schwatzmaul«, erwiderte Sharpe. »Aber davon abgesehen ist er selbst ein Teufelskerl. Im Kampf macht sich keiner besser als er.«
    »Und Hauptmann Vicente sagt, du hättest ihm alles beigebracht, was er weiß und kann.«
    »Ein portugiesisches Schwatzmaul.«
    »Und trotz allem glaubst du, dass dein Rang als Captain in Gefahr ist?«
    »Die Armee schert sich nicht darum, ob jemand gut ist, mein Herz.«
    »Ich glaube dir nicht.«
    »Ich wünschte, ich würde mir nicht glauben«, erwiderte Sharpe, dann grinste er. »Ich komme schon durch, mein Herz.«
    Sarah setzte zu einer Erwiderung an, doch was immer sie hatte sagen wollen, blieb ungesagt, weil aus dem Tal das Krachen von Gewehrschüssen zu ihnen heraufhallte. Sharpe drehte sich um, sah jedoch nichts. Die Dragoner in dem Dorf stiegen auf ihre Pferde und blickten nach Norden, aber auch sie konnten offenbar nichts erkennen, denn sie setzten sich nicht in diese Richtung in Bewegung. Das Musketenfeuer setzte sich fort, es war ein entferntes, splitterndes Geräusch, das schließlich langsam verebbte.
    »Dort«, sagte Sharpe und wies über das weite Tal auf eine Stelle, wo weitere französische Reiter aus einem hoch gelegenen Gebirgssattel auftauchten. Sarah blickte hin, sah aber nichts, bis Sharpe ihr das Fernglas zurückgab und ihr sagte, worauf sie es richten sollte. »Sie sind in einen Hinterhalt geraten, vermute ich«, sagte er.
    »Ich dachte, hier sollte niemand sein. Hatten sie nicht Befehl, nach Lissabon zu gehen?«
    »Die Leute hatten die Wahl«, erklärte Sharpe. »Die konnten entweder nach Lissabon gehen oder nach hier oben steigen. Ich vermute, dass es in diesen Bergen von Menschen wimmelt. Wir können nur hoffen, dass sie uns freundlich gesinnt sind.«
    »Warum sollten sie das denn nicht sein?«
    »Was würdest du einer Armee gegenüber empfinden, die dir sagst, du sollst dein Zuhause verlassen? Die deine Mühlen einreißt, deine Ernte zerstört und deine Öfen zerschmettert? Sie hassen die Franzosen, aber uns sind sie auch nicht gerade zugetan.«
    Sie schliefen unter den Bäumen. Sharpe zündete kein Feuer an, weil er keine Ahnung hatte, wer sich in diesen Hügeln aufhielt und wie sie zu Soldaten eingestellt waren. Kälte und Feuchtigkeit weckten sie früh, und im ersten Grau des Tageslichts zogen sie weiter bergan. Vicente führte sie, er folgte einem Pfad, der sich stetig nach Osten bewegte, auf eine Reihe felsiger Gipfel zu, deren höchste Erhebung von der Ruine eines alten Turms gekrönt wurde.
    »Eine Atalaia «, sagte Vicente.
    »Eine was?«
    » Atalaia . Ein Wachturm. Sie sind sehr alt. Gebaut wurden sie, um die Mauren im Auge zu behalten.« Vicente bekreuzigte sich. »Einige wurden zu Windmühlen umgebaut, andere verfallen einfach. Wenn wir bis dorthin kommen, werden wir in der Lage sein, die Route vor uns zu sehen.«
    Sie hatten die Sonne, die von purpur- und rosafarbenen Wolken verhüllt war, im Rücken. Der Tag erwärmte sich, unterstützt durch einen Wind von Süden.

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