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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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getrunken, Sir.«
    Bullen fragte sich, was er tun sollte. Er konnte Slingsby ja schlecht zurück zum Bataillon schicken, denn Bullen betrachtete es nicht als seine Aufgabe, den Ruf eines befehlshabenden Offiziers zu zerstören. Das wäre ein Akt von Verrat gewesen. »Behalten Sie ihn im Auge, Sergeant«, sagte Bullen hilflos. »Vielleicht erholt er sich ja.«
    »Aber ich kann seine Befehle nicht befolgen, Sir, nicht in dem Zustand, in dem er sich befindet.«
    »Erteilt er Ihnen denn Befehle?«
    »Er hat mir befohlen, Slattery unter Arrest zu stellen, Sir.«
    »Unter welcher Anschuldigung?«
    »Der habe ihn komisch angesehen.«
    »Ach du liebes bisschen. Ignorieren Sie die Befehle, Sergeant, und das ist ein Befehl. Sagen Sie ihm, ich hätte es angeordnet.«
    Read nickte. »Übernehmen Sie, Sir?«
    Bullen zögerte, wohl wissend, wie wichtig die Frage war. Wenn er ja sagte, erkannte er formal an, dass Slingsby nicht in der Lage war, die Kompanie zu befehligen, und das würde unweigerlich eine Untersuchung nach sich ziehen. »Ich übernehme, bis sich der Captain erholt hat«, sagte er, was ihm als anständiger Kompromiss erschien.
    »Sehr gut, Sir.« Read salutierte und wandte sich ab.
    »Und, Sergeant …« Bullen wartete ab, bis Read sich ihm noch einmal zugewandt hatte. »Sehen Sie ihn nicht komisch an.«
    »Nein, Sir«, erwiderte Read feierlich. »Natürlich nicht, Sir. Ich würde so etwas niemals tun.«
    Bullen nippte an dem Tee in seinem Becher und musste feststellen, dass er kalt geworden war. Er stellte ihn auf einem Stein ab und ging zum Fluss. Der Nebel hatte sich ein wenig verdichtet, stellte er fest, sodass er nur noch sechzig oder siebzig Yards weit sehen konnte, obwohl verrückterweise die Hügelkämme, die eine Viertelmeile weit entfernt lagen, klar genug zu erkennen waren. Das sprach dafür, dass der Nebel lediglich eine niedrige Schicht bildete, die die feuchte Erde bedeckte. Er würde sich lichten. Bullen erinnerte sich an manchen wundervollen Wintermorgen in Essex, wenn der Nebel verwehte, um das Jagdgebiet zu enthüllen, das sich einladend vor ihnen ausbreitete. Er liebte die Jagd. Er lächelte vor sich hin, als er an den schwarzen Wallach seines Vaters dachte, einen prachtvollen Jäger, der grundsätzlich nach links einschlug, wenn er hinter einer Hecke landete, und jedes Mal rief sein Vater: »Ordnung im Gerichtssaal, Ordnung im Gerichtssaal!« Es war ein Familienwitz, einer von vielen, der das Haus der Familie Bullen zu einem glücklichen Haus gemacht hatte.
    »Mister Bullen, Sir?« Es war Daniel Hagman, der älteste Schütze der Kompanie, der ein Dutzend Schritte weiter stromaufwärts stand und zu ihm herüberrief.
    Bullen, der daran gedacht hatte, wie sie daheim jetzt die Pferde für die Jagdsaison vorbereiten würden, ging dem Schützen entgegen. »Hagman?«
    »Ich dachte, ich hätte etwas gesehen, Sir.« Hagman wies durch den Nebel. »Jetzt ist nichts mehr da.«
    Bullen spähte in die Richtung, sah jedoch nichts. »Dieser Nebel wird sich schon früh genug legen.«
    »In einer Stunde ist es klar wie eine Kirchenglocke, Sir. Es wird schön sein, ein bisschen Sonne zu haben.«
    »Allerdings.«
    Und dann fielen die ersten Schüsse.
    Sharpe hatte befürchtet, dass die Ferreira-Brüder einen Hinterhalt in den Sträuchern oben auf der Böschung planten, also hatte er Braithwaite gebeten, das Beiboot weiter flussabwärts zu lenken, an dem verlassenen Boot der Brüder vorbei und an eine Stelle, wo das Flussufer frei von Bäumen war. Er hatte Sarah und Joana angewiesen, im Boot zu bleiben, aber sie hatten ihn ignoriert und waren hinter den drei Männern an Land geklettert. Vicente war wegen ihrer Anwesenheit besorgt. »Sie sollten nicht hier sein.«
    »Wir alle sollten nicht hier sein, Jorge«, sagte Sharpe. Er blickte über das Marschland, dann sah er die Ferreira-Brüder und ihre Kumpane im Nebel. Die fünf Männer wanderten landeinwärts, als hätten sie nicht eine Sorge auf der Welt. »Wir sollten nicht hier sein«, wiederholte Sharpe, »aber wir sind es. Also lass uns diese Sache zu Ende bringen.« Er nahm das Gewehr von der Schulter und vergewisserte sich, dass das Pulver in der Pfanne noch trocken war. »Ich hätte an Bord der Squirrel abfeuern und neu laden sollen«, sagte er zu Harper.
    »Glauben Sie, das Pulver ist feucht?«
    »Könnte sein.« Er fürchtete, der Nebel könne es durchnässt haben, aber jetzt konnte er deswegen nichts mehr unternehmen. Sie machten sich auf den Weg, aber indem er

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