Sharpes Flucht
gefallenen Toten vorbei den Hügel hinauf. Sharpe konnte hören, wie Offiziere und Feldwebel sie schreiend vorwärtstrieben, er konnte die Rhythmen des frenetischen Getrommels hören, die jetzt von einer britischen Kapelle, die »Men of Harlech« spielte, herausgefordert wurden.
»Nicht besonders passend.« Major Forrest hatte sich Sharpe angeschlossen und musste brüllen, um sich im steten Lärm der Musketen Gehör zu verschaffen. »Wir sind ja wohl kaum in einer Senke.«
»Sie sind verwundet«, bemerkte Sharpe.
»Nur eine Schramme.« Forrest schaute auf seinen rechten Ärmel hinab, der zerrissen und blutbefleckt war. »Wie machen sich die Portugiesen?«
»Gut!«
»Der Colonel hat sich gewundert, wo Sie abgeblieben sind«, sagte Forrest.
»Hat er gedacht, ich bin zurück zur Leichten Kompanie gegangen?«, fragte Sharpe säuerlich.
»Nun, nun, Sharpe«, rügte ihn Forrest.
Schwerfällig wendete Sharpe sein Pferd und trieb es zurück zu Lawford. »Die Bastarde rücken und rühren sich nicht«, begrüßte ihn der Colonel entrüstet. Lawford beugte sich im Sattel vor und versuchte, durch den Rauch etwas zu sehen. Zwischen den Salven der Kompaniehälften konnte er, sobald sich die übel riechenden Wolken ein wenig lichteten, jedoch lediglich die riesigen Gruppen hartnäckiger Franzosen ausmachen, die unterhalb des Kamms am Hang die Stellung hielten. »Ob Bajonette sie wohl auf Trab bringen?«, fragte er Sharpe. »Bei Gott, ich habe Lust, den Stahl einzusetzen. Was meinen Sie?«
»Noch zwei Salven«, schlug Sharpe vor. Den Hang hinunter tobte das Chaos. Die französische Kolonne, die erneut zerfallen war, bestand jetzt aus kleineren Gruppen von Männern, die in den Rauch feuerten, während ununterbrochen weitere Männer, vielleicht eine völlig neue Kolonne oder aber Nachzügler der ersten, zu den Gruppen stießen. Französische Artillerie machte das Getöse noch schlimmer. Sie mussten ihre Haubitzen an den Fuß des Hügels gebracht haben, und die Granaten, die blind in den Nebel gefeuert wurden, fuhren kreischend über Köpfe hinweg und schlugen im hinteren Bereich ein, wo sie lediglich Lagerfeuer, Zelte und angepflockte Pferde trafen. Eine Gruppe französischer Voltigeure hatte den felsigen Vorsprung eingenommen, auf dem Sharpe während der Nacht seine Wachtposten platziert hatte.
»Wir sollten diese Kerle vertreiben«, sagte Sharpe und wies auf die Männer.
»Die tun uns doch nichts«, brüllte Lawford über das Getöse hinweg. »Aber diese armen Teufel können wir nicht hier stehen lassen.« Er wies hinüber zu den vom Rauch umhüllten Franzosen. »Das ist unser Revier.« Er atmete durch. »Bajonette aufstecken, Bajonette aufstecken!«
Colonel Wallace, der Kommandant des 88. Regiments, musste eine Ahnung gehabt haben, denn Sharpe bemerkte, dass die Iren aufgehört hatten zu feuern, und das taten sie höchstens, um die Siebzehn-Zoll-Klingen an ihren Musketen zu befestigen. Die gesamte Linie des South Essex Regiments entlang ertönte ein Klicken, als die beiden Reihen ihre Bajonette auf die geschwärzten Läufe steckten. Die Franzosen bewiesen außerordentliche Tapferkeit, indem sie versuchten, die Unterbrechung des Musketenfeuers zu einem erneuten Vorstoß zu nutzen. Männer stiegen über die Körper von Toten und Sterbenden hinweg, Offiziere trieben sie schreiend voran, die Trommler verdoppelten ihren Einsatz, und auf einmal waren die Adler wieder in Bewegung. Die führenden Franzosen befanden sich jetzt auf der Höhe der gefallenen Voltigeure und mussten überzeugt sein, dass ein letzter kraftvoller Vorstoß ihnen den Durchbruch durch die ausgedünnten Linien der britischen und portugiesischen Truppen bescheren würde. Der gesamte Hügelkamm musste auf sie jedoch wie ein einziges Gewirr aus Flammen und Rauchwolken wirken.
»South Essex Regiment!«, brüllte Lawford. »Vorstoß!«
Sharpe konnte jetzt die Schreie der verwundeten Männer hören. Trotz des ihnen entgegenfauchenden Feuers der Franzosen marschierten das South Essex Regiment und die Männer von Connaught vorwärts, ihre Bajonette blitzten, und Sharpe trieb sein Pferd voran und folgte dem Bataillon, das plötzlich in Laufschritt fiel und seinen Schlachtruf ausstieß. Die Portugiesen sahen, wie die Rotröcke vorstießen, jubelten und steckten ihre eigenen Klingen auf.
Der Angriff war ein Erfolg. Die Franzosen waren nicht ordentlich formiert, die meisten hatten ihre Musketen nicht geladen, und die britische Linie schloss zu dem Haufen der blau
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