Sharpes Gefecht
einen Soldaten.
»Nein, Sir.«
»Hast du überhaupt schon mal eine Muskete abgefeuert, Sohn?«
Der Junge schaute nervös zu seinem eigenen Sergeant. »Antworte dem Offizier, Junge!«, knurrte Harper.
»Einmal, Sir«, sagte der Soldat. »Einmal.«
»Wenn du jemanden mit dieser Waffe töten willst, Sohn, dann musst du ihm damit den Schädel einschlagen. Aber da für scheinst du mir zumindest groß genug zu sein.« Sharpe drückte dem Soldaten die Waffe wieder in die Hand.
»Wie heißt du, Soldat?«, fragte Harper ihn.
»Rourke, Sir.«
»Nenn mich nicht ›Sir‹. Ich bin Sergeant. Wo kommst du her?«
»Mein Dad ist aus Galway, Sergeant.«
»Und ich bin aus Tangaveane im County Donegal, und ich schäme mich, Junge. Ich schäme mich dafür, dass ein Ire seine Waffe noch nicht einmal halbwegs in Ordnung halten kann. Himmel, Junge, damit kannst du keinen Franzosen erschießen, geschweige denn einen Engländer.« Harper nahm sein eigenes Gewehr von der Schulter und hielt es Rourke unter die Nase. »Schau dir das an, Junge! Das ist sauber genug, um König George damit die Popel aus der Nase zu holen. So sollte eine Waffe aussehen! Aufgepasst, Sir.« Letzteres flüsterte er zu Sharpe.
Sharpe drehte sich um und sah zwei Reiter auf sich zu galoppieren. Die Hufe der Pferde schleuderten Staub empor. Das erste Pferd war ein schöner schwarzer Hengst, der von einem Offizier in der prächtigen Uniform der Real Compañía Irlandesa geritten wurde. Sein Mantel, die Satteldecke, der Hut und die Abzeichen strotzten nur so von Gold und Spitze. Der zweite Reiter war ebenso prachtvoll uniformiert. Weitere Reiter folgten ihnen.
Hogan wollte sie aufhalten. Er war noch immer zu Fuß, und so musste er den Pferden hinterherlaufen, doch er erwischte sie nicht mehr rechtzeitig, bevor sie Sharpe erreichten.
»Was, zum Teufel, machen Sie da?«, verlangte der erste Mann zu wissen, als er sein Pferd vor Sharpe zügelte. Er hatte ein schmales, sonnengebräuntes Gesicht und einen Zwirbelbart. Sharpe nahm an, dass der Mann noch keine dreißig war, doch trotz seiner Jugend hatte er ein säuerliches, hartes Gesicht, wie es typisch für jemanden war, der in ein hohes Amt hineingeboren wurde.
»Ich mache eine Inspektion«, antwortete Sharpe in kaltem Ton.
Der zweite Mann hielt auf Sharpes anderer Seite. Er war älter als sein Gefährte. Er trug den hellgelben Mantel und die Hose eines spanischen Dragoners, und seine Uniform war derart mit Gold behangen, dass Sharpe annahm, dass es sich mindestens um einen General handeln musste. Auch er hatte ein schmales Gesicht und einen Schnurrbart, und er trug die gleiche hochwohlgeborene Arroganz zur Schau wie der andere.
»Hat man Ihnen nicht beigebracht, den kommandierenden Offizier erst um Erlaubnis zu bitten, bevor Sie seine Männer inspizieren?«, fragte er mit deutlichem spanischen Akzent. Dann bellte er dem Jüngeren etwas auf Spanisch zu.
»Sergeant Major Noonan!«, brüllte der Jüngere. Offenbar gab er die Befehle des Spaniers weiter. »In Reihe! Sofort!«
Gehorsam schlossen die Soldaten der Real Compañía Irlandesa ihre Reihen, die für die Inspektion offen gewesen waren.
Im selben Augenblick war Hogan heran. »Da sind Sie ja, Mylords.« Hogan sprach mit den beiden Reitern. »Und wie war das Mittagessen, Mylords?«
»Es war Scheiße, Hogan. Das würde ich noch nicht mal meinem Hund zum Fraß vorwerfen«, sagte der jüngere Mann, von dem Sharpe glaubte, dass es sich um Lord Kiely handelte, mit harter Stimme, die vor Arroganz nur so triefte. Allerdings war auch nicht zu überhören, dass er den einen oder anderen Schluck Wein getrunken hatte, und das wiederum hatte ihm offenbar die Hemmungen genommen. »Kennen Sie diese Kreatur, Hogan?« Seine Lordschaft winkte in Richtung Sharpe.
»Das tue ich in der Tat, Mylord. Gestatten Sie mir, Ihnen Captain Richard Sharpe vom South Essex vorzustellen, den Mann, den Wellington persönlich als taktischen Berater für Sie ausgesucht hat. Und Richard? Ich habe die Ehre, Ihnen den Earl of Kiely vorstellen zu dürfen, Colonel der Real Compañía Irlandesa.«
Grimmig musterte Kiely den zerzausten Rifleman. »Sie sind also unser Schleifer, ja?« Er klang zweifelnd.
»Ja, ich bin recht gut darin, Männern das Töten beizubringen, Mylord«, sagte Sharpe.
Der ältere Spanier in der gelben Uniform schnaubte verächtlich. »Diesen Männern muss man das Töten nicht erst beibringen«, sagte er in seinem schlechten Englisch. »Sie sind Soldaten Spaniens, und
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