Sharpes Gefecht
eine Schlagzeile vor.
»Nein, Sharpe. Ein Artikel davor«, sagte Donaju, und Sharpe seufzte und las: »Neue Massaker in Irland.« Was folgte, war eine reißerische Version dessen, was Runciman Sharpe bereits erzählt hatte. Es war ein Katalog von Vergewaltigungen und Gemetzeln, von unschuldigen Kindern, die von englischen Dragonern abgeschlachtet wurden, und von betenden Frauen, die von trunkenen Grenadieren aus ihren Häusern gezerrt wurden. Die Zeitung behauptete, Cromwells Geist sei wieder nach Irland zurückgekehrt, um das Land erneut in blutdurchtränktes Elend zu stürzen. Irland, so hatte die englische Regierung verkündet, würde nun ein für alle Mal befriedet werden, und in einem Kommentar hob der Verfasser des Artikels noch einmal nachdrücklich hervor, dass England diese Befriedung ausgerechnet zu einem Zeitpunkt durchführe, da so viele Iren in Portugal für den König gegen die Franzosen kämpften.
Sharpe las den Artikel zweimal. »Was hat Lord Kiely dazu gesagt?«, fragte er Vater Sarsfield, doch nicht weil ihn Kielys Meinung auch nur einen Dreck interessierte, sondern weil er Zeit schinden wollte. Außerdem wollte er Vater Sarsfield ermutigen, für die Abordnung zu reden, denn der Kaplan der Real Compañía Irlandesa war Sharpe bisher immer als freundlich, einfühlsam und besonnen erschienen. Wenn es ihm gelang, den Priester auf seine Seite zu ziehen, so schätzte er, dann würde der Rest der Kompanie ihm folgen.
»Seine Lordschaft hat die Zeitung noch nicht gesehen«, antwortete Sarsfield. »Er ist mit Doña Juanita auf die Jagd gegangen.«
Sharpe gab dem Priester die Zeitung wieder zurück. »Nun, ich habe die Zeitung aber gesehen«, sagte er, »und ich kann Ihnen sagen, dass da nur Mist drinsteht.« Einer der Gardisten schnaubte entrüstet, nahm aber sofort Haltung an, als Sharpe ihm einen drohenden Blick zuwarf. »Das ist ein Märchen für Narren«, erklärte Sharpe provokativ. »Reine Fantasie.«
»Woher wollen Sie das wissen?«, verlangte Donaju gekränkt zu wissen.
»Wenn es wirklich Ärger in Irland geben würde, Captain, dann hätten wir vor den Amerikanern davon gehört. Außerdem schreiben die Amerikaner doch eh über die Briten, was sie wollen.«
»Aber wir haben davon gehört«, warf Captain Lacy ein. Lacy war ein kräftiger junger Mann mit einer streitlustigen Ader und vernarbten Knöcheln zum Beweis dafür. »Es hat Gerüchte gegeben«, fügte er hinzu.
»Ja, das stimmt«, bestätigte Harper.
Sharpe schaute zu seinem Freund. »O Gott«, seufzte er, als er erkannte, wie verletzt Harper war. Aber er wusste auch, dass Harper in der Hoffnung zu ihm gekommen war, dass die Geschichten nicht stimmten. Wenn Harper Streit wollte, dann hätte er sich nicht ausgerechnet Sharpe ausgesucht, sondern irgendeinen anderen Vertreter seines Volkes. »O Gott«, fluchte Sharpe erneut. Dabei hatte er doch schon genug Sorgen. Man hatte der Real Compañía Irlandesa ihren Sold versprochen, doch gesehen hatte sie ihn nicht. Bei jedem Regen lief in den Baracken das Wasser von den Wänden, das Essen im Fort war furchtbar, und der einzige Brunnen enthielt nur eine Pfütze bitteren Wassers, ganz zu schweigen von der Bedrohung durch Loup. Und jetzt drohte auch noch eine Meuterei der Iren. »Geben Sie mir die Zeitung noch mal, Vater«, sagte Sharpe zu dem Kaplan. Dann stieß er mit dem schmutzigen Fingernagel auf das Datum des Blattes. »Wann ist das veröffentlicht worden?« Er zeigte Sarsfield das Datum.
»Vor einem Monat«, antwortete der Priester.
»Und?«, verlangte Lacy angriffslustig zu wissen.
»Und wie viele verdammte Rekruten sind letzten Monat aus Irland gekommen?«, fragte Sharpe. Seine Stimme klang ebenso verächtlich wie kräftig. »Zehn? Fünfzehn? Und nicht einer dieser Männer hat irgendetwas davon erzählt, dass seine Schwester vergewaltigt oder seine Mutter von Dragonern belästigt worden sei. Aber dieses verdammte amerikanische Blatt weiß alles darüber.« Sharpe richtete diese Worte mehr an Harper als an die anderen, denn nur Harper wusste, wie häufig Entsatz aus Irland eintraf. »Komm schon, Pat! Das ergibt verdammt noch mal keinen Sinn, und wenn du mir nicht glaubst, dann schreibe ich dir einen Passierschein, und du kannst ins Hauptlager runtergehen, dir ein paar neu eingetroffene Iren suchen und sie nach Neuigkeiten von Zuhause fragen. Vielleicht glaubst du denen ja, wenn du mir schon nicht traust.«
Harper schaute auf das Datum, dachte über Sharpes Worte nach und nickte dann
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