Sharpes Gefecht
vielleicht. Eine Hand voll möglicherweise.«
»Und …«, begann Sharpe.
Colonel Runciman hob die Hand, um ihn zu unterbrechen. »Sprechen Sie das gar nicht erst aus, Sharpe! Ich bin ein ehrlicher, gottesfürchtiger Mann, und ich würde es niemals wagen, Seine Majestät um eine Wagenladung Musketen zu betrügen. Nein, das werde ich nicht tun. Ich habe noch nie etwas Unrechtes getan, und ich werde jetzt nicht damit anfangen. Und ich verbiete Ihnen, weiter davon zu sprechen. Das ist ein Befehl, Sharpe!«
» Zwei Wagenladungen Musketen«, korrigierte ihn Sharpe, »und drei Munitionskarren.«
Sharpe zog das Federmesser, mit dem er immer sein Gewehrschloss säuberte. Er klappte die Klinge aus und strich mit dem Finger über die Schneide. »Brigadier Loup weiß, dass wir hier sind, General, und er wird sehr wütend sein, weil Lord Kiely diesen jungen Kerl getötet hat. Es würde mich nicht überraschen, wenn er versucht, sich zu rächen. Was denken Sie? Ein nächtlicher Angriff? Vermutlich. Und er hat zwei volle Bataillone Infanterie, und jeder Einzelne von ihnen wird versuchen, sich den Preis zu verdienen, den Loup auf meinen Kopf ausgesetzt hat. Wenn ich an Loups Stelle wäre, würde ich von Norden angreifen, denn da sind die Mauern so gut wie nicht mehr vorhanden, und weiter unten würde ich die Dragoner postieren, um die Überlebenden niederzumetzeln.« Sharpe nickte zu der steilen Zugangsstraße und lachte leise. »Stellen Sie sich nur einmal vor, wie es ist, von einem Rudel grauer Dragoner da runtergejagt zu werden, und jeder Einzelne von ihnen hat ein Kastriermesser in der Säbeltasche. Loup kennt keine Gnade, wissen Sie? Er ist nicht dafür bekannt, Gefangene zu machen, General. Er nimmt einfach sein Messer, reißt Ihnen die Hose runter und schneidet Ihnen dann …«
»Sharpe! Bitte! Bitte!« Ein kreidebleicher Runciman starrte auf Sharpes Klinge. »Müssen Sie so deutlich sein?«
»General! Die Sache ist ernst! Mit meiner Hand voll Riflemen kann ich keine französische Brigade aufhalten. Ich könnte vielleicht ein wenig Schaden anrichten, wenn die Iren Musketen hätten, aber ohne Musketen, Bajonette und Munition?« Sharpe schüttelte den Kopf und klappte das Messer wieder zu. »Es ist Ihre Entscheidung, General, aber wenn ich der ranghöchste britische Offizier in diesem Fort wäre, dann würde ich so schnell wie möglich ein paar ordentliche Waffen besorgen. Es sei denn natürlich, es wäre schon immer mein Wunsch gewesen, daheim in Hampshire im Knabenchor zu singen.«
Runciman starrte Sharpe offenen Mundes an. Der Colonel schwitzte. Er war geradezu überwältigt von der Vorstellung von alles und jeden kastrierenden Franzosen, die im Fort Amok liefen. »Aber sie werden uns die Musketen nicht geben, Sharpe. Wir haben es versucht! Kiely und ich, wir haben es gemeinsam versucht! Und dieser seltsame Mann, General Valverde, hat sich ebenfalls für uns verwandt, aber der Quartiermeister hat gesagt, es herrsche gerade ein Mangel an Waffen, aber vielleicht könne General Valverde ja in Cadiz um ein paar spanische Musketen nachsuchen.«
Runcimans Verzweiflung ließ Sharpe den Kopf schütteln. »Dann müssen wir uns eben ein paar Musketen borgen, General, bis die spanischen kommen. Und dafür müssen wir nur mit diesen Siegeln, die Sie ja noch haben, ein, zwei Wagen umleiten.«
»Aber ich kann dem Tross keine Befehle mehr erteilen, Sharpe! Nicht mehr! Ich habe neue Pflichten, neue Verantwortung.«
»Sie haben so viel Verantwortung, General«, sagte Sharpe, »weil Sie so wertvoll sind. Aber wirklich, Sir, Sie sollten sich über solche Einzelheiten nicht den Kopf zerbrechen. Ihre Aufgabe sind die großen Entscheidungen. Überlassen Sie mir die kleinen.« Sharpe warf das Messer in die Luft und fing es wieder auf. »Und überlassen Sie mir auch die Franzosen, Sir. Sie haben Besseres zu tun.«
Runciman lehnte sich auf seinem Klappstuhl zurück, der daraufhin gefährlich knarrte. »Da haben Sie nicht ganz unrecht, Sharpe. Da haben Sie nicht ganz unrecht.« Er schauderte noch einmal bei der Vorstellung, was für ein Verbrechen er da beging. »Aber glauben Sie wirklich, ich greife damit nur einem Befehl voraus? Dass ich nicht in Wahrheit einen breche?«
Sharpe schaute den Colonel mit gespielter Bewunderung an. »Ich wünschte, ich hätte Ihren Verstand, Colonel. Wirklich. Es ist einfach brillant, das so zu sehen. ›Einem Befehl vorausgreifen.‹ Ich wünschte, das wäre mir eingefallen.«
Runciman fühlte sich
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