Sharpes Gefecht
angemessen geschmeichelt. »Meine liebe Mutter hat immer gesagt, aus mir wäre ein guter Advokat geworden«, sagte er stolz, »vielleicht sogar Justizminister! Aber mein Vater wollte, dass ich einen ehrlichen Beruf ergreife.« Er nahm sich ein paar leere Blatt Papier und begann, Befehle zu schreiben. Von Zeit zu Zeit ließ das Schreckliche seines Tuns ihn innehalten, doch jedes Mal klappte Sharpe dann das kleine Messer auf und zu, und das Geräusch ließ den Colonel sofort wieder die Feder in die Tinte tunken.
Und am nächsten Tag trafen vier Ochsenkarren voller Waffen, Munition und Proviant im Fort von San Isidro ein.
Und die Real Compañía Irlandesa wurde endlich bewaffnet.
Und sie dachte an Meuterei.
KAPITEL VIER
Am nächsten Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, fand eine Abordnung der Iren Sharpe am verlassenen nördlichen Ende des Forts. Die frühe Sonne ließ den Nebel über dem kleinen Fluss golden schimmern. Sharpe beobachtete gerade eine Weihe, die sich auf der leichten Brise treiben ließ, die von den Hügeln herunterwehte.
Die acht Männer, aus denen die Abordnung bestand, blieben verlegen hinter Sharpe stehen, der nach einem kurzen Blick in ihre ernsten Gesichter wieder ins Tal hinunterschaute. »Da unten gibt es ein paar Hasen«, sagte Sharpe zu niemandem im Besondern, »und der dumme Vogel da verliert sie immer wieder im Nebel.«
»Aber er wird nicht lange hungrig bleiben«, sagte Harper. »Ich habe noch nie eine Weihe gesehen, die dümmer ist als ein Hase.« Der Grünrock-Sergeant war das einzige Mitglied der Abordnung aus Sharpes Kompanie. Alle anderen gehörten zur Real Compañía Irlandesa. »Ein schöner Morgen«, bemerkte Harper. Er wirkte ungewöhnlich nervös. Offenbar glaubte er, dass entweder Vater Sarsfield, Captain Donaju oder Captain Lacy das delikate Thema ansprechen sollten, weshalb sie hier waren, doch der Kaplan und die beiden verlegenen Offiziere blieben stumm. »Ja, ein wirklich schöner Morgen«, brach Harper noch einmal das Schweigen.
»Ach, wirklich?«, erwiderte Sharpe. Er stand auf einer Zinne neben einer Geschützstellung, doch jetzt sprang er in den flachen Graben hinunter. Durch jahrelange Erosion war der Graben so gut wie gefüllt, während Frost die Mauern zerstört hatte. »Ich habe schon Hütten gesehen, die stabiler gebaut waren als das hier«, sagte Sharpe. Er trat gegen den Fuß der Mauer, und einer der größeren Steine wackelte. »Da ist überhaupt kein Mörtel mehr!«
»Die haben nicht genug Wasser in den Mörtel gerührt«, erklärte Harper. Dann erkannte er, dass seine Gefährten nichts sagen würden. Also atmete er tief durch und wagte selbst den Sprung ins kalte Wasser. »Wir wollten mit Ihnen reden, Sir. Es ist wichtig.«
Sharpe kletterte wieder auf die Mauer und rieb sich die Hände. »Geht es um die neuen Musketen?«
»Nein, Sir. Die Musketen sind einfach großartig, Sir.«
»Dann um die Ausbildung?«
»Nein, Sir.«
»Dann solltet ihr vermutlich nicht mit mir, sondern mit Colonel Runciman sprechen«, sagte Sharpe gereizt. »Und vergesst nicht, ihn ›General‹ zu nennen. Dann gibt er euch alles, was ihr wollt.«
Sharpe versuchte, die Männer abzuwimmeln. Er wusste ganz genau, warum sie hier waren, nur hatte er keine Lust, sich um ihre Sorgen zu kümmern. »Redet aber erst nach dem Frühstück mit Runciman. Dann ist er gut gelaunt«, sagte er.
»Wir haben schon mit dem Colonel gesprochen«, meldete sich endlich Captain Donaju zu Wort, »und der Colonel hat gesagt, wir sollten mit Ihnen reden.«
Vater Sarsfield lächelte. »Ich denke, wir wussten alle, dass er das sagen würde, als wir zu ihm gegangen sind, Captain. Ich glaube, Irland und seine Bewohner kümmern Colonel Runciman nicht sonderlich.«
Sharpe schaute von Sarsfield zu Donaju, von Donaju zu Lacy und dann zu den traurig-ernsten Gesichtern der vier einfachen Gardisten. »Es geht also um Irland, ja?«, sagte Sharpe. »Dann reden Sie, meine Herren. Ich habe ja sonst nichts zu tun.«
Der Kaplan ignorierte den Sarkasmus und hielt Sharpe stattdessen eine zusammengefaltete Zeitung hin. »Es geht hier drum, Captain Sharpe«, sagte der Kaplan in respektvollem Ton.
Sharpe nahm die Zeitung, die zu seiner Überraschung aus Philadelphia stammte. Die erste Seite war dicht bedruckt: Schiffslisten, Neuigkeiten aus Europa und Berichte über Kongressdebatten und Grausamkeiten der Indianer.
»Es steht ganz unten«, sagte Donaju.
»Die Melancholische Wirkung von Zügellosigkeit?« , las Sharpe laut
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