Sharpes Gold (German Edition)
man den Donner. Der General legte die Gabel ab, trat ans Fenster und wusste sogleich mit entsetzlicher Gewissheit, was das zu bedeuten hatte. Das Gold war verloren. Und nun war auch noch die Festung verschwunden, die ihm sechs Wochen schwindender Hoffnung hätte schenken können. Später kam der Rauch, ein mächtiger grauer Vorhang, der den östlichen Himmel bedeckte, der aus morgendlichem Sonnenschein Dämmerlicht machte und die Hügel des Grenzlandes karmesinrot umrandete wie ein Vorbote der Heerscharen, die den Wolken bis ans Meer folgen würden.
Almeida war zerstört.
KAPITEL 24
Kearsey war tot, in Sekundenbruchteilen gestorben, während er auf der Stadtmauer seine Gebete sprach. Und fünfhundert weitere Männer fielen den Flammen zum Opfer, doch das wusste Sharpe zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Er wusste, dass er selbst zu sterben verdammt war, an Erstickung und Überhitzung. Er stemmte den Rücken gegen das glatte gekurvte Innere des riesigen Ofens und stieß mit den Beinen nach einem verkohlten Balken, der die Ofentür blockierte. Der Balken fiel herab, und er schob sich hinaus in eine albtraumhafte Umgebung.
Dann drehte er sich um und zog Teresa hervor. Sie sagte etwas zu ihm, doch er konnte nichts hören, deshalb schüttelte er den Kopf, trat an die zweite Backöffnung und schob einzelne Trümmer beiseite, während Harper mit aschfahlem Gesicht daraus hervorkletterte.
Die Öfen hatten ihnen das Leben gerettet. Sie waren wie kleine Festungen gebaut, mit Wänden, die über drei Fuß dick waren, und einem runden Dach, das mühelos der Explosion widerstanden hatte. Sonst war in ihrer Nähe nichts heil geblieben. Die Kathedrale war ein feuriger Krater, die Burg verschwunden, die Häuser nur noch Staub und Flammen. Sharpe musste hundert Yards die Straße entlangblicken, ehe er überhaupt ein Haus sah, das die Explosion überlebt hatte. Es brannte. Das Feuer züngelte durch die aufgerissenen Räume, und die heiße Luft um sie herum war grau. Er nahm Teresas Arm.
Ein Mann taumelte nackt und blutend auf die Straße und rief um Hilfe, doch sie ignorierten ihn, rannten zu der Kelleröffnung, die mit herabgefallenen Steinen bedeckt war, und räumten sie frei. Von unten war ein Klopfen, waren Rufe zu hören. Harper, der immer noch benommen war, zerrte die größeren Trümmer beiseite, worauf die Kellerklappe aufgestoßen wurde und Lossow und Helmut herauskamen. Sie sagten etwas zu Sharpe, doch der hörte sie nicht, sondern rannte hinab zu ihrem Quartier am Fuße des Hügels fernab von dem Chaos, vorbei an den portugiesischen Soldaten, die mit offenen Mündern das Inferno anstarrten, das einst ihre Kathedrale war.
Sharpe betrat die Küche, entdeckte eine Flasche deutsches Bier, entfernte den Verschluss, setzte sie an die Lippen und ließ sich die kühle Flüssigkeit durch die Kehle rinnen. Er schlug sich auf die Ohren, schüttelte den Kopf, und seine Männer starrten ihn an. Er schüttelte erneut den Kopf, als wolle er sein Gehör zwingen, wiederzukommen, und spürte Tränen in seinen Augen. Zur Hölle, die Entscheidung war gefallen. Er legte den Kopf in den Nacken, starrte zur Decke empor, dachte an den General und an den feurigen Krater und hasste sich selbst.
»Sie hatten keine andere Wahl, Sir«, sagte Knowles zu ihm. Die Stimme klang weit entfernt, aber er konnte sie hören.
Er schüttelte den Kopf. »Es gibt immer eine andere Wahl.«
»Aber der Krieg, Sir. Sie sagten doch, er müsse gewonnen werden.«
Dann feiere deinen Sieg morgen, dachte Sharpe, oder am Tag darauf, aber, lieber Gott, das habe ich nicht gewusst. Er dachte an die Menschenkörper, die bar jeder Würde in die Luft geschleudert worden waren, deren Lebenslicht innerhalb eines Augenblicks gelöscht worden war, deren Überreste sich wie strähnige Flechten auf den heißen Trümmern verteilt hatten.
»Ich weiß.« Er wandte sich an seine Männer. »Was starrt ihr mich so an! Bereitet euch zum Abmarsch vor!«
Auch Wellington hasste er, weil ihm klar war, warum der General ihn ausgewählt hatte: Weil er einen Mann brauchte, dessen Stolz nicht zuließ, dass er versagte. Gleichzeitig wusste er, dass er für den General alles noch einmal tun würde. Rücksichtslosigkeit war eine gute Eigenschaft für einen Soldaten, für einen General ebenso wie für einen Captain. Die Männer bewunderten sie, aber deshalb brauchte man noch lange nicht anzunehmen, dass der Rücksichtslose nicht auch die verdammte Qual empfand.
Sharpe stand auf und sah Lossow
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