Sharpes Gold (German Edition)
packte an der Stelle seinen Schenkel, wo die Wunde saß. Die zweite Explosion setzte sich fort wie eine gedämpfte Salve in einer Schlacht, die bei tiefem Nebel stattfand. Da wusste er, dass die hinter der Tür aufgestapelten Patronen dabei waren, sich in einer unaufhaltsamen Kettenreaktion gegenseitig zu zünden.
Während er zusammengekrümmt wie ein Fötus im Ofen lag, versuchte er sich vorzustellen, was in der Kathedrale ablief. Er sah vor seinem geistigen Auge die gespenstischen Flammen, die gelblichen Lichtblitze, und dann kam eine noch größere Explosion, und er wusste, dass die Kettenreaktion das Pulver erreicht hatte, das oben an der Treppe gelagert war. Nun war alles vorbei. Nichts ließ sich mehr aufhalten. Die Wachsoldaten in der Kathedrale waren tot, der herrliche Lettner erlebte seine letzten Sekunden, und die Ewige Lampe würde bald gelöscht werden.
Wieder krachte ein französisches Geschoss. Die Splitter trafen die Wände der Bäckerei, doch die Explosion wurde von einem wallenden Donner übertönt, der zunahm und immer schrecklicher wurde, als in der oberen Krypta die gesamte Munition Almeidas in die Luft flog. Die Stichflammen mussten den geschwächten Vorhang erreichen. Die Männer in der unteren Krypta hatten sich gewiss auf die Knie geworfen oder mit Panik reagiert, denn sie waren vom Pulver für die großen Kanonen umgeben.
Er hatte angenommen, der Donner müsse anschwellen, bis er das letzte Geräusch auf Erden war, doch er schien zu ersterben, bis nur noch das Knistern der Flammen zu hören war. Sharpe hob den Kopf, obwohl er wusste, wie töricht das war, und spähte durch den Spalt zwischen dem Ofen und dessen Eisentür. Er war nicht gewillt, zu glauben, dass der Ledervorhang standgehalten hatte.
Doch dann bebte der Stadtberg. Das Geräusch kam nicht durch die Luft, sondern setzte sich durch den Boden fort, als würde der Stein selbst aufstöhnen, und die Kathedrale ging auf einmal in Staub, Rauch und Flammen auf, die blutrot durch die tiefe Schwärze schossen.
Die französischen Kanoniere hielten inne, die nächsten Geschosse noch in der Hand. Sie sprangen aus ihren Unterständen heraus, sahen zu den gedrungenen grauen Befestigungsanlagen hinüber und bekreuzigten sich.
Das Zentrum der Stadt war verschwunden, hatte sich in eine einzige Stichflamme verwandelt, die sich zum Himmel erhob und dort in eine brodelnde schwarze Wolke überging. In dieser Flamme waren einzelne Objekte erkennbar. Riesige Felsbrocken und Balken wurden wie Federn in die Höhe gerissen, und dann kam die Schockwelle über die Kanoniere wie ein heftiger heißer Wind, der das Geräusch begleitete. Es hatte den Anschein, als würde sich einen Moment lang aller Donner aus aller Welt in diese eine Stadt ergießen, um einen Eindruck vom Ende der Welt zu vermitteln.
Die Kathedrale verschwand, ging in Flammen auf. Die Burg wurde aus ihren Grundfesten gerissen, und ihre Steine purzelten durcheinander wie Bauklötze. Häuser wurden zu brennenden Trümmern zerfetzt, die Explosion deckte bis halbwegs den Südhang hinab sämtliche Dächer ab. Die Bäckerei fiel in sich zusammen und bedeckte die Öfen. Sharpe versuchte, mit tauben Ohren und keuchend, den dichten Staub und die erhitzte Luft einzuatmen, und Teresa hielt ihn umschlungen und betete um ihre Seele, und die Explosion ging an ihnen vorbei wie der Atem der Apokalypse.
Auf den Stadtmauern starben die Portugiesen, als der Wind sie hinunterwehte. Die breiten Befestigungsanlagen, die der Kathedrale am nächsten waren, wurden zerschmettert, und Schutt füllte die Gräben, sodass eine breite, flache Rampe mitten ins Herz der Festung geschaffen wurde, und immer noch ging Pulver hoch. Neue Stichflammen und Rauch mengten sich in das Chaos über Almeida, eine Erschütterung nach der anderen, ein unwillkürliches Verkrampfen der Hügelkuppe. Dann erstarb die mörderische Explosion und ließ nur Feuer und Dunkelheit zurück, den Gestank der Hölle und Stille, wo Männer von ihrer vernichtenden Wucht taub geworden waren.
Ein französischer Kanonier, erfahren in seinem Handwerk, der einst einem jungen korsischen Leutnant beigebracht hatte, wie man ein Geschütz richtet, spuckte in die Hände und legte sie an die heiße Mündung des Rohrs, das den letzten Schuss abgefeuert hatte. Die Franzosen schwiegen ungläubig, und auf die freie Kampffläche vor ihnen ergossen sich wie teuflischer Regen Steine, Fliesen und verbranntes Fleisch.
Vierundzwanzig Meilen entfernt, in Celorico, hörte
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