Sharpes Gold (German Edition)
besser sehen. Gestalten in weißen Uniformen auf den Wehrgängen. Französische Infanterie. Sie verhielt sich ruhig; harrte schweigend aus, wie bei einer Parade. Es war ein unheimlicher, beunruhigender Gegensatz zu den eigenen, wild durcheinanderrufenden Männern, die sich in Steels Nähe tummelten und sich gegen die matschige Böschung des eingesunkenen Pfades pressten.
Steel hörte, dass die Offiziere oben in der Festung Befehle riefen, sah, wie die erste Reihe der Franzosen einen Schritt vortrat. Sie griffen hinter sich und schnallten einen schwarzen Beutel vom Bandelier. Grenadiere. Steel wusste genau, was jetzt käme. Schnell wandte er sich an seine Männer.
»Dicht an der Böschung bleiben! Um Gottes willen, Jungs, bleibt hier und zieht die Köpfe ein. Dann passiert euch nichts.«
Zwei glatte schwarze Kugeln, kleiner als Kanonenkugeln und feuerspeiend, hüpften in Richtung des notdürftigen Grabens. Steel reckte den Hals, weil er wissen wollte, wo die Kugeln gelandet waren, und versuchte sich in Sicherheit zu bringen.
Die Männer rückten in dem schlammigen Graben enger zusammen und versuchten vergeblich, tiefer am Boden Schutz zu suchen. An einer der schwarzen Bomben erstarb die Zündschnur mit einem Zischeln. Die zweite Sprengbombe jedoch, die auf der anderen Seite vor der Böschung liegen geblieben war, explodierte in einem Hagel aus glühend heißen Eisenstücken, tötete drei Grenadiere auf der Stelle und blendete einen Kameraden, der sich schreiend im Schlamm wälzte, die Finger in das blutige, zerfetzte Gesicht gekrallt. Steel hörte die Schmerzensschreie anderer Männer, die weiter hinten mit der zweiten Angriffswelle den Hang des Hügels hinunterliefen: auch andere Sprenggranaten hatten ihr Ziel erreicht. Steels Truppe konnte nur noch eins tun. Er wandte sich an Slaughter.
»Wir müssen raus aus dieser tödlichen Falle. Jetzt sofort. Folgt mir!«
Noch einmal spähte Steel über den Rand der Böschung, auf der Suche nach einem Ausweg. Zu seiner Linken drängte sich die Masse des Sturmangriffs, doch die Männer wussten in dem Geschosshagel nicht, ob sie stehen bleiben oder vorrücken sollten. Steel sah, wie Infanteristen nach vorn in den Graben stolperten. Überall herrschte Verwirrung. In all dem Durcheinander glaubte Steel, auch Goors sei zu Boden gegangen. Zu seiner Rechten hingegen war niemand zu sehen. Er und die Grenadiere bildeten das Ende der Linie, den äußersten rechten Flügel.
Plötzlich durchzuckte ihn eine kühne Idee. Wenn die Franzosen sahen, dass der Hauptangriff von ihnen aus rechts geführt wurde, hatten sie ihre Leute dann nicht im Wesentlichen auf diesen Angriff ausgerichtet? Das würde bedeuten, dass sie ihre linke Flanke vernachlässigt hatten – eben jene Flanke, die nun unter Steels Befehl stand.
Er blinzelte in dem Rauch und versuchte zu erkennen, was sich in der Festung tat. Deutlich sah er, wo die Wehrgänge endeten: in den massigen Bauten der alten Zitadelle. Außerdem entdeckte er die Kanone, hoch oben auf dem Wall, die inzwischen auf die Flanke der Angreifer zielte. Aber weiter rechts von der Festung konnte Steel nur hastig aufgeschüttete Erdarbeiten sehen. Sicher befanden sich auch dort Truppen, noch mehr Infanterie in weißen Uniformen. Aber es konnte sich nur um eine Rumpfmannschaft handeln, wenn er nicht ganz falschlag. Ein Plan reifte in seinem Kopf. Vielleicht ...
Schnell schaute er sich nach Slaughter um. »Jacob, sagt den Männern, sie sollen mir nach. Sie sollen die Mützen abnehmen, die Köpfe einziehen und mir einzeln hintereinander folgen. Wir stoßen nicht weiter vor, wir halten uns seitlich. Zuerst folgen wir dem Verlauf dieser Senke. Hier können sie uns nicht so leicht sehen. Aber ich weiß, wo sie stecken. Wir werden den Franzosen eine kleine Überraschung bereiten.«
Sein Sergeant grinste. Er hatte sofort erkannt, was Steel beabsichtigte, und gab den Befehl weiter. Derweil winkte Steel Truman zu sich.
»Geht und sucht Mr. Hansam. Sagt ihm, wir bleiben hier im Graben. Wir werden die Franzmänner an der Flanke nehmen. Er wird schon wissen, was ich meine. Beeilung! Und sagt ihm, er soll den Kopf einziehen. Auch seine Männer sollen die Mützen abnehmen.«
Langsam, den Kopf immer schön unten haltend, folgte Steel dem Verlauf des Grabens. Als er sich umdrehte, sah er, dass die Grenadiere ihm dicht auf den Fersen waren. Nach etwa zwanzig Metern knickte der Graben scharf ab, den Hügel hinab, in Richtung Armee der Großen Allianz. Steel
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