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Sharpes Gold (German Edition)

Sharpes Gold (German Edition)

Titel: Sharpes Gold (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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der Kompanie die neumodischen Klingen aus den Scheiden zogen.
    »Aufgesetzt!«, beendete Slaughter den Befehl.
    Metallisches Klirren ertönte, als die Männer die Bajonette in den Halterungen an den Läufen ihrer Musketen befestigten.
    Aus einiger Entfernung erklang nun die heisere Stimme von General Goors. Langsam und betont rief er den angetretenen Einheiten zu: »Stoßtruppen, fertig machen zum Angriff!«
    Die nun einsetzende Pause schien eine Ewigkeit zu dauern. Dann brüllte Goors den Befehl: »Vorrücken!«
    Die Reihen der Soldaten entlang wurde der Befehl von hundert Sergeants und Lieutenants weitergegeben. Hinter jedem Regiment begannen zwei Pfeifer eine Melodie, die beim fünften Takt von den Trommlern aufgenommen wurde. Rasselnd und dröhnend erklang der »Grenadiers’ March«.
    Kurz darauf, begleitet von lautem Jubel, setzten die Linien sich in Bewegung. Steel ging gemessenen Schrittes, nicht mit der Präzision der Preußen oder Holländer, sondern mit den langsamen Schritten der britischen Infanterie, die – wie es im Regelbuch hieß – dafür sorgen sollten, dass man nicht außer Atem war, wenn es zur ersten Feindberührung kam. Es war zweifellos ein angenehmes Schritttempo, konnte aber tödlich sein. Besonders bei Kanonenbeschuss war Langsamkeit keine allzu kluge Taktik.
    Jetzt, beim Vormarsch, als der feindliche Beschuss erst richtig begann, spürte Steel, wie seine Stiefel in den weichen Boden sanken. Der Untergrund und das Gewicht der Reisigbündel bewirkten, dass die Männer bald keine Geschwindigkeit mehr aufnehmen konnten. Vierhundert Meter, dachte Steel. Großer Gott. Es kam ihm eher wie eine Meile vor, als er den Hang hinaufblickte, der ihm jetzt steil wie die Flanke eines Berges erschien. Vom Gipfel regnete ein wütender tödlicher Hagel herab, als die französische Artillerie nun mit aller Macht den Beschuss aufnahm. Grelle Flammenzungen stoben aus den Mündungen der Geschütze. Zehn, zwanzig Kanonenkugeln gleichzeitig zischten den Hügel hinunter und rissen blutige Schneisen in die Reihen der Stoßtruppen. Steel hörte die Schreie in seinem Rücken, als auch seine eigenen Leute unter Beschuss gerieten. Nicht nach hinten sehen!, beschwor er sich. Immer nur nach vorne blicken. Lass dich nicht ablenken. Und schau um Himmels willen nicht zurück!
    Steel hörte, wie Slaughter, der dicht hinter ihm marschierte, den Männern über den Lärm der Geschütze und der Schreie hinweg zurief: »Die Reihen schließen! Bleibt zusammen, Männer! Corporal Jenkins, immer schön weitermarschieren!«
    Weitermarschieren. Das war Wahnsinn in diesem Hagel aus Kanonenkugeln und Granaten. Aber es gab keine andere Möglichkeit. Eine Kanonenkugel zischte so nahe an Steels linkem Ellbogen vorbei, dass er die Druckwelle spürte. Eine weitere Kugel schlug vor ihm auf, verfehlte ihn um Haaresbreite und riss einem Mann schräg hinter ihm den Kopf ab, bevor sie den Hang hinunterpolterte. Links von Steel bewegte Henry Hansam sich in ähnlich kräftesparendem Tempo den Hügel hinauf. Mit ihrem dumpfen Rhythmus trieben die Trommeln die Männer voran. Für einen Moment vergaß Steel seinen Vorsatz, nicht nach hinten zu blicken. Er sah Slaughter, neben dem ein junger Bursche marschierte. Sein Gesicht war schlammverkrustet, sein Uniformrock mit dem Blut und Hirn jenes Mannes bedeckt, den die Kanonenkugel getötet hatte. Trotz seiner Furcht lächelte der Bursche, der zu den jüngsten in der Kompanie gehörte, ein Junge von knapp sechzehn Jahren. Steel glaubte sich erinnern zu können, dass der Junge ein Farmhelfer aus Yorkshire war. Wahrscheinlich war er ein Ausreißer. Über den Lärm hinweg rief Steel ihm zu: »Truman, nicht wahr? Alles in Ordnung, Junge?«
    Der junge Bursche lächelte noch breiter. Ein gutes Zeichen.
    »Keine Angst. Du machst dich gut. Nicht schlecht für deine erste Schlacht.«
    Als Steel wieder nach vorn schaute, sah er nur Rauch und Mündungsfeuer. Der Lärm war unbeschreiblich. Ein altbekanntes Entsetzen erfasste Steel. Es war wie die plötzliche, unerklärliche Panik, die einen überkommt, wenn man am Rand eines Abgrunds steht. Ruhe bewahren, ermahnte sich Steel. Die Männer dürfen nicht sehen, dass du Angst hast. Kälte breitete sich in seiner Magengrube aus. Seine Beine wurden schwer wie Blei. Du hast keine Angst!, beschwor er sich und biss sich auf die Lippen, bis er Blut schmeckte. Gut. Er lebte noch. Und er würde auch das hier überstehen. Er musste nur einen Fuß vor den anderen setzen und

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