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Sharpes Gold (German Edition)

Sharpes Gold (German Edition)

Titel: Sharpes Gold (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Lieutenant Ayres konnte für Sharpe alles ändern, konnte ihm ein Kriegsgerichtsverfahren einbringen und eine Zukunft, die weitaus trister war als der Patrouillendienst an einer menschenleeren Grenze.
    Vor Wellingtons Hauptquartier standen vier Ochsenkarren, noch ein Hinweis auf den baldigen Aufbruch des Heeres, aber ansonsten war alles still. Das einzige ungewöhnliche Objekt war ein hoher Mast, der vom Dach des Hauses aufragte. An seiner Spitze befand sich ein Querbalken, von dem vier geteerte Schafsblasen herabhingen.
    Sharpe starrte neugierig hinauf. Es war das erste Mal, dass er den neuen Telegrafen zu sehen bekam, und er wünschte sich, ihn in Aktion zu erleben, wenn die schwarzen, mit Luft gefüllten Blasen an ihren Seilen angehoben oder gesenkt wurden und auf dem Weg über andere, ähnliche Stationen Nachrichten in die entlegene Festung von Almeida und an die Truppen gesandt wurden, die das Ufer des Coa schützten.
    Das System war von der Royal Navy übernommen worden, und man hatte Matrosen dazu abgestellt, den Telegrafen zu bedienen. Jedem Buchstaben des Alphabets war eine bestimmte Anordnung der vier schwarzen Säcke zugewiesen, und häufige Wörter wie »Regiment«, »Feind« und »General« wurden auf eine einzige Kombination abgekürzt, die durch ein riesiges Marinefernrohr meilenweit entfernt zu sehen war.
    Sharpe hatte gehört, dass eine Botschaft in weniger als zehn Minuten zwanzig Meilen zurücklegen konnte, und als sie sich nun den beiden gelangweilten Posten näherten, die das Hauptquartier des Generals bewachten, fragte er sich, welche anderen modernen Gerätschaften die Notwendigkeit dieses langen Krieges gegen Napoleon wohl noch hervorbringen würde.
    Er vergaß den Telegrafen, sobald sie den kühlen Empfangsraum des Hauses betraten, und empfand stattdessen einen Anflug von Angst vor dem anstehenden Verhör. Es war schon merkwürdig, auf welche Weise seine Soldatenlaufbahn mit Wellington verbunden war. Sie hatten in Flandern, in Indien und nun auf der Iberischen Halbinsel auf denselben Schlachtfeldern gekämpft, und in seinem Tornister führte Sharpe ein Fernrohr mit, das ein Geschenk des Generals gewesen war. In das Nussbaumrohr war eine kleine gebogene Messingplakette eingelassen, und auf ihr stand In Dankbarkeit, AW. 23. September 1803 . Sir Arthur Wellesley war überzeugt, dass Sergeant Sharpe ihm das Leben gerettet hatte, obwohl Sharpe sich, ehrlich gestanden, kaum an das Ereignis erinnern konnte, außer dass das Pferd des Generals aufgespießt worden war und die indischen Bajonette und Krummsäbel immer näher gerückt waren. Und was hatte ein Sergeant zu tun, wenn nicht, sich dazwischenzuwerfen und den Kampf aufzunehmen?
    Das war in der Schlacht von Assaye gewesen, einem verdammten Gemetzel. Sharpe hatte dort mit angesehen, wie seine Offiziere unter den Salven der reich verzierten Gewehre starben. Da war in ihm der Kampfgeist entbrannt. Er hatte die Überlebenden weitergeführt, und der Feind war besiegt worden. Nur knapp, bei Gott, aber ein Sieg war nun einmal ein Sieg. Anschließend hatte man ihn zum Offizier gemacht, gestriegelt wie ein Prachtbulle, und der Mann, der ihn damals belobigt hatte, musste nun über sein Schicksal entscheiden.
    »Seine Lordschaft wird Sie jetzt empfangen.« Ein verbindlicher junger Major lächelte ihnen von der Tür her zu, als seien sie zum Tee eingeladen.
    Es war ein Jahr her, seit Sharpe Wellington zum letzten Mal gesehen hatte, aber nichts hatte sich verändert: immer noch der gleiche mit Papieren bedeckte Tisch, über der Adlernase dieselben blauen Augen, die nichts verrieten, derselbe sympathische Mund, der sich nun ein Lächeln abrang.
    Sharpe war froh, dass sich keine Profose im Raum aufhielten, sodass er wenigstens nicht in Gegenwart des Generals zu Kreuze kriechen musste. Dessen ungeachtet fürchtete er den Zorn des sonst so ruhigen Mannes und beobachtete gespannt, wie dieser die Feder aus der Hand legte und mit ausdruckslosen Augen zu ihm aufblickte. Es war, als würde Wellington ihn nicht wiedererkennen.
    »Haben Sie Lieutenant Ayres mit einem Gewehr bedroht, Captain Sharpe?« Das Wort »Captain« sprach er mit leichter Betonung aus.
    »Jawohl, Sir.«
    Wellington nickte. Er wirkte müde. Er stand auf und trat ans Fenster, spähte hinaus, als warte er auf etwas. Im Raum herrschte Schweigen, nur unterbrochen von Kettengeklirr und dem Gerumpel von Rädern, als eine Artillerieeinheit auf der Straße vorbeifuhr. Sharpe fiel auf, dass der General

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