Sharpes Gold (German Edition)
von Maj. Kearsey. Q’meister Gen’stab.
Hogan stellte die überflüssige Überlegung an, wann Kearsey diese Karte gezeichnet haben mochte, doch darauf kam es jetzt nicht an. Er holte ein Stück Papier zu sich heran.
»Vier neue französische Bataillone, Sir. Wir wissen, dass sich das 118. Frontbataillon dort aufhält, vermutlich in Sollstärke. Ein Regiment Ulanen, eines mit Chasseurs.«
Kurze Zeit herrschte Schweigen. Wellington schnaubte. »Sind hinter Nahrungsmitteln her, nehme ich an?«
»Jawohl, Mylord.«
»Und um die Stadt herum?«
Noch ein Stück Papier. »Ein lockerer Kordon, Mylord. Hauptsächlich im Süden, wo die Artillerie zusammengezogen wird. Wir wissen nur von zwei Bataillonen Infanterie, und natürlich gibt es dort Kavalleriepatrouillen.«
»Die Franzosen sind langsam, Hogan, so langsam!«
»Jawohl, Sir.«
Hogan wartete. Wenn die Franzosen langsam waren, umso besser. Die Berichte, die von Partisanen und Erkundungsoffizieren eingingen, deuteten darauf hin, dass Masséna Probleme mit der Organisation seiner Transporte hatte, mit seiner Ausrüstung für die Belagerung und vor allem mit dem Proviant. Außerdem ging ein Gerücht um, er habe seine Mätresse dabei und sträube sich, ihr komfortables Schlafgemach zu verlassen, um sich den Unbequemlichkeiten des Feldzuges zu stellen. Der General legte erneut seine Hand auf die Karte.
»Keine Neuigkeiten vom KGL?«
»Keine, Sir.«
»Verdammt, verdammt, verdammt«, stieß er leise, beinahe nachdenklich hervor.
Er nahm einen Brief zur Hand, der in London abgestempelt war, und las ihn laut vor, obwohl Hogan den Verdacht hatte, dass er den Text auswendig kannte.
»Ich wende mich im Vertrauen an Sie, wobei ich mich auf Ihre Diskretion verlasse, um Ihnen mitzuteilen, dass sich zwar das Heer in einer prekären Lage befinden mag, dass jedoch die unsere ihr in nichts nachsteht. Eine überhandnehmende Opposition, eine böswillige Presse und ein siecher Monarch tragen die Schuld daran, dass wir nicht hoffen können, vor dem Herbst weitere Gelder bewilligt zu bekommen. Wir sind auf Ihre eigenen Bemühungen angewiesen.« Er legte den Brief nieder, als wolle er die Befürchtungen der neuen Regierung abtun, und sah erneut die Karte an. »Ich frage mich, wo er bleibt.«
Es sah dem General nicht ähnlich, dachte Hogan, seinen Sorgen Ausdruck zu verleihen. »Wie ich ihn kenne, Sir, und ich kenne ihn gut, wird er Almeida vermeiden und auf direktem Wege herkommen.«
»In Almeida wäre er besser dran.«
»Das schon, Euer Lordschaft, aber damit hat niemand gerechnet. Und in zwei Tagen ...« Hogan zuckte mit den Schultern. In zwei Tagen würde der Feind die Stadt ebenso wirksam abgeriegelt haben wie das ganze Land.
Der General runzelte die Stirn und klopfte mit den Fingern auf den Tisch. »Soll ich Cox vorwarnen?«
Diese Frage war an ihn selbst gerichtet, nicht an Hogan, aber der Ire wusste, worum es Wellington ging. Je weniger Leute von dem Gold wussten, desto besser. Die spanische Regierung, ein machtloser, obskurer Haufen drüben in Cádiz, würde davon ausgehen, dass das Gold von den Franzosen erbeutet worden war, als die Armee im Norden zerschlagen wurde. Und wenn sie nun herausgefunden hätten, dass ausgerechnet ihre Verbündeten, die Briten, es entwendet hatten? Nein. Die Finger des Generals schlugen mit einer gewissen Endgültigkeit auf den Tisch. Er würde dem Kommandeur von Almeida nicht noch ein Problem aufladen.
»Wenn Sharpe überhaupt noch am Leben ist, Hogan, wollen wir annehmen, dass er sich so verhält, wie Sie sagen. Dass er Almeida meidet.« Er schob das Problem vorerst beiseite und blickte zu dem Iren auf. »Wie geht die Arbeit voran?«
»Nun, Mylord, ausgezeichnet. Allerdings ...«
»Ich weiß. Das Geld. Hat es noch eine Woche Zeit damit?«
»Zehn Tage.«
Wellington zog in gespielter Überraschung die Brauen hoch. »Das ist eine gute Nachricht. Hoffen wir auf mehr in dieser Art.«
Er wandte sich anderen Angelegenheiten zu, unter anderem einem Stabsbefehl, wonach Urlaube in Lissabon für Frontoffiziere auf vierundzwanzig Stunden zu begrenzen waren. Wenn sie innerhalb dieser Zeit keine Frau finden konnten, behauptete der General, sei es unnötig, dass sie als Zuschauer dablieben. Nur eine Ausnahme gab es. Die blauen Augen richteten sich auf Hogan.
»Wenn dieser verdammte Halunke wiederkommt, geben Sie ihm einen Monat.«
Der verdammte Halunke hielt, mit schmerzender Schulter und einem Gefühl unendlicher Frustration auf einem Pferd
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