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Sharpes Sieg

Titel: Sharpes Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Flaggenmaste. Der Wind war flau, und die bunten Fahnen hingen schlaff an den großen Masten.
    »Überlassen Sie das Reden mir«, befahl McCandless Sharpe.
    »Selbstverständlich, Sir.«
    Simone schnappte plötzlich nach Luft.
    Sharpe wandte den Kopf und sah, dass sie über die Köpfe einer neugierigen Menge hinweg zu einer Gruppe europäischer Offiziere starrte. Sie blickte zu Sharpe, und er sah Traurigkeit in ihren Augen. Sie schenkte ihm ein scheues Lächeln.
    »Pierre«, erklärte sie kurz, dann zuckte sie mit den Schultern und gab ihrem Pferd einen Klaps mit der Reitgerte, und es preschte von Sharpe fort.
    Simones Ehemann, ein kleiner Mann in weißem Uniformrock, starrte seine Frau ungläubig an, dann spiegelte sein Gesicht Freude wider, und er rannte seiner Frau entgegen. Sharpe war sonderbar eifersüchtig auf ihn.
    »Damit ist unsere Pflicht erfüllt«, sagte McCandless glücklich. »Die zickige Frau sind wir losgeworden.«
    »Die unglückliche, Sir.«
    »Sie hat nichts, was sie beschäftigt hält, das ist der Grund. Der Teufel liebt Müßiggang, Sharpe.«
    »Dann muss er mich die meiste Zeit hassen.« Sharpe schaute zu Simone, sah, wie sie aus dem Sattel glitt und von ihrem kleineren Mann umarmt wurde. Dann verbarg die Menge die Sicht auf das Paar.
    Jemand rief eine Beleidigung zu den beiden britischen Reitern, und die anderen Zuschauer johlten oder lachten, doch Sharpe gewann Trost aus McCandless’ Selbstvertrauen. Der Schotte zeigte eine glücklichere Stimmung als in den vergangenen Tagen, denn er genoss es, mitten im Lager seines Feindes zu sein.
    Eine Gruppe von Männern tauchte aus dem großen gestreiften Zelt auf. Sie waren fast alle Europäer, und in vorderster Reihe stand ein großer, muskulöser Mann in Hemdsärmeln, der von indischen Soldaten in purpurfarbenen Uniformröcken bewacht wurde.
    »Das ist Colonel Pohlmann«, sagte McCandless und nickte zu dem großen, rotgesichtigen Mann hin.
    »Der Typ, der Sergeant zu sein pflegte, Sir?«
    »Ja, das ist er.«
    »Sie haben ihn kennen gelernt, Sir?«
    »Einmal, vor ein paar Jahren. Ein ganz freundlicher Typ, Sharpe, aber ich bezweifle, dass er vertrauenswürdig ist.«
    Wenn Pohlmann überrascht war, einen britischen Offizier in seinem Lager zu sehen, so ließ er sich das nicht anmerken. Stattdessen breitete er in einer überschwänglichen Geste des Willkommens die Arme aus.
    »Sind Sie neue Rekruten?«, rief er.
    McCandless verzichtete darauf, die spöttische Frage zu beantworten. Stattdessen glitt er von seinem Pferd. »Erinnern Sie sich nicht an mich, Colonel?«
    »Natürlich erinnere ich mich an Sie«, sagte Pohlmann mit einem Lächeln. »Colonel Hector McCandless, einst in der Schottischen Brigade Seiner Majestät und jetzt im Dienst der East India Company. Wie könnte ich Sie vergessen, Colonel? Sie versuchten, mir beizubringen, die Bibel zu lesen.« Pohlmann grinste und entblößte nikotingelbe Zähne. »Aber sie haben meine Frage nicht beantwortet, Colonel. Sind Sie gekommen, um sich unserer Armee anzuschließen?«
    »Ich bin nichts als ein Abgesandter, Colonel.« McCandless klopfte Staub von seinem Kilt. Er hatte darauf bestanden, ihn zu dem Treffen mit dem Feind zu tragen. Das Kleidungsstück rief bei Pohlmanns Gefährten einige Belustigung hervor, doch sie hüteten sich, ihr Lächeln zu zeigen, wenn McCandless in ihre Richtung blickte. »Ich habe Ihnen eine Frau gebracht«, fügte McCandless als Erklärung hinzu.
    »Wie sagt man in England für ›Eulen nach Athen tragen‹? Kohlen nach Newcastle?«, fragte Pohlmann.
    »Ich habe Madame Joubert sicheres Geleit gegeben«, erwiderte der Schotte steif.
    »Das war also Simone, die ich vorbeireiten sah«, sagte Pohlmann. »Ich habe mich schon gefragt, wer das sein kann. Und sie wird willkommen sein, wage ich zu sagen. Wir haben genug von allem in dieser Armee: Kanonen, Musketen, Pferde, Munition, Männer. Aber es können nie genug Frauen in einer Armee sein, oder?« Er lachte und befahl dann zweien seiner Leibwächter, sich um die Pferde der Besucher zu kümmern. »Sie sind einen weiten Weg geritten, Colonel«, sagte Pohlmann zu McCandless, »so lassen Sie mich Ihnen Erfrischungen anbieten. Ihnen auch, Sergeant«, schloss er Sharpe in seine Einladung ein. »Sie müssen müde sein.«
    »Ich bin kaputt nach diesem Ritt«, sagte Sharpe und stieg schwerfällig und dankbar aus dem Sattel.
    »Sie sind nicht an Pferde gewöhnt, wie?« Pohlmann ging zu Sharpe und legte ihm freundlich den Arm um die

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