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Sharpes Sieg

Titel: Sharpes Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ruhigen Platz, doch eine Menge von Soldaten wettete bei Hundekämpfen, und ihr Geschrei und das Kläffen und Winseln der Hunde hallte weit durch die Dunkelheit.
    Sharpe ließ sich auf einer freien Fläche nahe bei den angebundenen Kamelen nieder, die Pohlmanns Nachschub an Raketen transportierten, und dort lag er und starrte durch den Nebel von Rauch zu den Sternen empor. Millionen von Sternen.
    Er hatte immer gedacht, es sei eine Antwort auf alle Geheimnisse des Lebens in den Sternen, doch immer wenn er sie anschaute, ließ sich die Antwort nicht finden. Im Waisenhaus war er zur Strafe gepeitscht worden, weil er in einer klaren Nacht durch das Dachfenster der Werkstatt zum Himmel gestarrt hatte. »Du bist nicht hier, um die Dunkelheit anzuglotzen, Junge«, hatte der Aufseher geschnauzt. »Du bist hier, um zu arbeiten.« Und die Peitsche war auf Sharpes Schultern geklatscht, und er hatte gehorsam auf den großen Haufen Hanfseile hinabgeschaut, die gesplisst werden mussten.
    »Du musst ein Handwerk lernen, Junge«, hatte der Meister ihm immer wieder gesagt, und so hatte Sharpe sich daran gehalten und eines gelernt – aber es war nicht das Seilerhandwerk gewesen. Er hatte das Killergewerbe gelernt. Eine Muskete laden und abfeuern. Er hatte es noch nicht oft ausgeübt, aber er mochte es. Er erinnerte sich an Malavelly, als die Salve auf den nahenden Feind geschossen worden war und sich jegliches Gefühl des Unglücklichseins und des Zorns im Lauf der Muskete konzentriert hatte und in einer Explosion aus Feuer, Rauch und Blei hinausgespuckt worden war.
    Er hielt sich nicht für unglücklich. Nicht jetzt. Die Armee war in den letzten Jahren gut zu ihm gewesen, doch er spürte, dass immer noch etwas falsch in seiner Seele war. Er wusste nicht, was es war, denn er fand, dass er im sorgsamen Denken nichts taugte. Er war ein Mann der Tat, denn immer wenn ein Problem gelöst werden musste, konnte er für gewöhnlich eine Lösung finden, doch für einfaches Denken war er nicht von großem Nutzen. Aber jetzt musste er denken, und er starrte zu den vom Rauch verschwommenen Sternen in der Hoffnung, dass sie ihm helfen würden. Doch sie schimmerten nur weiter. Lieutenant Sharpe, dachte er, und es überraschte ihn, dass er nichts Seltsames an dieser Vorstellung fand.
    Die Sache war natürlich lächerlich. Richard Sharpe ein Offizier? Aber irgendwie konnte er die Idee nicht abschütteln. Sie ist lachhaft, versuchte er, sich selbst zu überzeugen, wenigstens in der britischen Armee, aber nicht hier. Nicht in Pohlmanns Armee, denn Pohlmann war einst selbst Sergeant gewesen.
    »Verdammt, verdammt«, entfuhr es ihm laut, und eines der Kamele rülpste als Antwort.
    Das Gejohle der Wetter feierte den Tod eines Hundes bei dem blutigen Kampf, und irgendwo in der Nähe spielte ein Soldat auf einem der merkwürdigen indischen Instrumente, zupfte an den langen Saiten eine klagende Melodie.
    Im britischen Lager würden sie singen, dachte Sharpe, doch hier sang keiner. Sie waren zu hungrig, doch Hunger stoppte keinen Mann beim Kämpfen. Er hatte Sharpe nie gestoppt. Diese hungrigen Männer konnten also kämpfen, und sie brauchten Offiziere, und er musste nur aufstehen, sich den Staub abklopfen, zu Pohlmann Zelt schlendern und Lieutenant Sharpe werden. Mister Sharpe. Und er würde seine Sache gut machen. Besser als Morris, besser als die meisten der jüngeren Offiziere der Armee.
    Er war ein guter Sergeant, ein verdammt guter, und er genoss es, Sergeant zu sein. Er bekam Respekt, nicht nur wegen der Streifen auf seinen roten Ärmeln und weil er die Mine in Seringapatam in die Luft geblasen hatte, sondern weil er gut und hart war. Er hatte keine Angst davor, eine Entscheidung zu treffen. Das war der Schlüssel zum Erfolg, nahm er an. Und es machte ihm Spaß, Entscheidungen zu treffen. Er genoss den Respekt, den ihm seine Entscheidungsfreudigkeit brachte.
    Ihm wurde klar, dass er sich in seinem ganzen Leben nach Respekt gesehnt hatte. Himmel, dachte er, was würde es für eine Freude sein, ins Waisenhaus zu spazieren, mit goldenen Tressen auf dem Rock und einem Säbel des Offiziers an der Seite? Das war der Respekt, den er von den Bastarden in Brewhouse Lane wünschte, die gesagt hatten, es würde nie etwas aus ihm werden, und die ihn blutig gepeitscht hatten, weil er ein Bastard aus der Gosse war.
    Bei Gott, dachte er, das Waisenhaus besuchen würde das Leben perfekt machen! Brewhouse Lane, er mit Tressen auf dem Uniformrock und Offizierssäbel

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