Sharpes Sieg
von Gwalior geschafft hatte? Ein Mann konnte genauso gut behaupten, Colonel des Mondes zu sein, keinen würde das jucken. Man würde ihn für einen versponnenen Bastard halten, und damit hatte es sich. Doch wenn er in Britanniens rotem Rock zurückkam, würde man ihn ernst nehmen, denn das bedeutete, dass er ein Offizier seiner eigenen Armee geworden war.
Eines Nachts, als der Regen auf das reparierte Dach der Hütte der Witwe prasselte und Colonel McCandless auf der Pritsche saß und erklärte, dass sein Fieber nachließ, fragte Sharpe den Colonel, wie man in Britanniens Armee Offizier wurde.
»Ich meine, wie es erreicht werden kann, Sir«, sagte er unbeholfen, »weil wir in England einen Mister Devlin hatten, der aus dem Mannschaftsstand kam. Er war der Sohn eines Schäfers gewesen, bevor er sein Offizierspatent kaufte, aber er war Lieutenant Devlin, als ich ihn kennen lernte.«
Und höchstwahrscheinlich ist er alt und verbittert als Lieutenant Devlin gestorben, dachte McCandless, doch er sprach es nicht aus. Stattdessen zögerte er, bevor er überhaupt etwas sagte. Er war sogar versucht, der Frage auszuweichen und vorzugeben, dass das Fieber schlimmer geworden sei, denn er verstand nur zu gut, was Sharpe damit bezweckte.
Die meisten Offiziere hätten über Sharpes Ambitionen gespottet, doch Hector McCandless war kein Spötter. Aber er wusste, dass es für einen Mann aus den Mannschaften für den Aufstieg zum Offizier das Risiko zweierlei Enttäuschungen gab: sowohl die Enttäuschung zu scheitern als auch die, Erfolg zu haben. Am wahrscheinlichsten war es, dass er scheiterte. Denn solche Beförderungen waren fast so selten wie die Zähne einer Henne. Ein paar Männer schafften den Sprung, und ihr Erfolg führte zwangsläufig ins Unglück. Es fehlte ihnen an der Erziehung der anderen Offiziere, an guten Manieren und an Selbstvertrauen. Im Allgemeinen wurden sie von den anderen Offizieren verachtet und als Quartiermeister eingesetzt, weil man glaubte, man könne ihnen nicht zutrauen, Männer in die Schlacht zu führen. Und es war sogar einige Wahrheit in diesem Vorurteil, denn die Unteroffiziere und Mannschaften selbst mochten Offiziere nicht, die aus den Mannschaften gekommen waren.
McCandless sagte sich, dass Sharpe all dies selbst wusste, und so ersparte er ihm, es alles noch einmal hören zu müssen.
»Es gibt zwei Möglichkeiten, Sharpe«, sagte er. »Erstens, Sie können ein Offizierspatent kaufen. Der Rang des Fähnrichs wird Sie vierhundert Pfund kosten, aber Sie werden weitere hundertfünfzig Pfund brauchen, um sich selbst auszurüsten, und damit können Sie gerade ein angemessenes Pferd, einen Degen für vier Guineen und eine brauchbare Uniform kaufen, und Sie brauchen immer noch ein privates Einkommen, um Ihre Rechnungen für die Offiziersmesse bezahlen zu können. Ein Fähnrich verdient knapp fünfundneunzig Pfund pro Jahr, doch die Armee hält einiges davon für Unkosten und mehr für die Einkommenssteuer zurück. Sie haben von dieser neuen Steuer gehört, Sharpe?«
»Nein, Sir.«
»Eine böse Sache. Einem Mann abzunehmen, was er ehrlich verdient hat! Das ist Diebstahl, Sharpe, und die Diebe sind als Regierung getarnt.« Der Colonel blickte finster vor sich hin. »So ist ein Fähnrich also glücklich, siebzig Pfund von seinem Sold zu bekommen, und selbst wenn er genügsam lebt, wird er nicht seine Rechnungen für die Offiziersmesse bezahlen können. Die meisten Regimenter berechnen einem Offizier pro Tag zwei Shilling fürs Essen, einen Shilling für Wein, doch natürlich können Sie ohne Wein auskommen, und das Wasser ist gratis, aber Sie brauchen einen halben Shilling für die Messeordonnanz, weitere Sixpence fürs Frühstück und Sixpence für die Wäsche und deren Ausbesserung. Als Offizier können Sie nicht ohne mindestens hundert Pfund zusätzlich zu Ihrem Sold leben. Haben Sie so viel Geld?«
»Nein, Sir«, log Sharpe. In Wirklichkeit hatte er genügend Juwelen in seinen roten Rock eingenäht, um sich einen Majorsrang zu kaufen, doch er wollte nicht, dass McCandless das wusste.
»Gut«, sagte McCandless, »denn dies ist nicht der beste Weg. Die meisten Regimenter wollen nichts von einem Mann wissen, der sich aus den Mannschaften hochkauft. Warum sollten sie auch? Sie bekommen viele junge Anwärter aus den Grafschaften, die jede Menge Geld haben, sodass sie gut auf den Offizier aus dem Mannschaftsstand verzichten können, der nicht mal in der Lage ist, die Rechnungen der Offiziersmesse zu
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