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Sharpes Sieg

Titel: Sharpes Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Sharpe dachte, er sei eingeschlafen, doch dann schüttelte der Colonel den Kopf und murmelte: »Zum Scheitern verurteilt. Lieutenant Dodd wird das Ende für mich sein.«
    »Wir werden Dodd gefangen nehmen, Sir, das verspreche ich.«
    »Ich bete darum, ich bete.« Der Colonel wies auf seine Satteltaschen in der Ecke der Hütte. »Würden Sie meine Bibel herausholen, Sharpe? Und mir vielleicht vorlesen, solange noch ein wenig Licht ist? Vielleicht etwas aus dem Buch Hiob, das wäre schön.«
    McCandless verfiel tagelang in Fieber und Sharpe in Tage der Einsamkeit und Abgeschiedenheit. Er wusste nicht, ob der Krieg gewonnen oder verloren war, denn er sah niemanden, und keine Neuigkeiten drangen zu der Hütte unter den Bäumen. Um sich beschäftigt zu halten, reinigte er einen alten Bewässerungsgraben, der nordwärts über das Land der Frau verlief, jätete Unkraut, tötete Schlangen und schaufelte Erde, bis er durch ein Rinnsal von Wasser belohnt wurde.
    Danach besserte er das Dach der Hütte aus, legte neue Palmenblätter auf die alten und band sie mit Farnwedeln fest. Er bekam Hunger, denn die Frau besaß keine anderen Lebensmittel als die von Pohlmann zurückgelassenen und einige getrocknete Bohnen. Sharpe arbeitete mit freiem Oberkörper, und seine Haut wurde so braun wie der Schaft seiner Muskete. An den Abenden spielte er mit der Frau und ihren drei Kindern, baute kleine Festungen aus der roten Erde und bombardierte sie mit Steinen.
    Einmal, in einer denkwürdigen Abenddämmerung, als sich ein Spielzeugwall als uneinnehmbar erwies, legte Sharpe eine Lunte aus dem Pulver dreier Musketenpatronen und blies eine Bresche in den Wall.
    Er tat sein Bestes, um McCandless zu pflegen, wusch dem Colonel das Gesicht, las ihm aus der Bibel vor und träufelte ihm bitteres, mit Wasser verdünntes Schießpulver ein. Er war sich nicht sicher, ob das Pulver half, doch jeder Soldat hätte geschworen, dass es die beste Medizin gegen das Fieber war, und so fütterte Sharpe den Colonel mit der salzigen, bitteren Mischung.
    Er machte sich Sorgen wegen der Kugelwunde in McCandless’ Oberschenkel, denn als er eines Tages den Verband befeuchtet hatte, war er von der Witwe scheu zur Seite geschoben worden, und sie hatte darauf bestanden, den Verband von der Wunde zu lösen und einen eigenen Breiumschlag anzulegen. In ihrem Breiumschlag waren Moos und Spinnweben, und Sharpe fragte sich, ob es richtig gewesen war, sie die Mixtur machen zu lassen, doch in der ersten Woche verschlimmerte sich die Wunde nicht, und in den helleren Momenten behauptete der Colonel, die Schmerzen ließen nach.
    Als der Bewässerungsgraben gesäubert war, besserte Sharpe den Brunnen der Witwe aus. Mit dem zerbrochenen hölzernen Eimer als Schaufel holte er ein paar Mal stinkenden Schlamm aus dem Boden des Brunnens, und während der gesamten Arbeitszeit dachte er an seine Zukunft. Er wusste, dass Major Stokes ihn in der Waffenkammer in Seringapatam wieder willkommen heißen würde, doch nach einer Weile würde sich das Regiment mit Sicherheit an ihn erinnern und ihn zurückhaben wollen, und das bedeutete, dass er zur Leichten Kompanie und Captain Morris und Sergeant Hakeswill zurückkehren musste.
    Es schauderte Sharpe bei diesem Gedanken. Vielleicht würde Colonel Gore ihn versetzen? Die Jungs sagten, dass Gore ein anständiger Kerl sei, nicht so frostig wie Wellesley, und das war gut. Trotzdem fragte sich Sharpe oftmals, ob er Pohlmanns Angebot nicht besser angenommen hätte.
    Lieutenant Sharpe, murmelte er vor sich hin, Lieutenant Sharpe. Warum nicht?
    In diesen Momenten träumte er am hellen Tag, welche Freude es wäre, wieder zum Waisenhaus in der Brewhouse Lane zu gehen. Er würde mit Säbel und Zweispitz, mit Tressen an seiner Uniformjacke und Sporen an den Stiefeln gehen, und für jeden Peitschenhieb, den ihm die Bastarde versetzt hatten, würde er ihnen zehn zurückzahlen. Er empfand schrecklichen Zorn, wenn er sich an diese Schläge erinnerte, und er zerrte heftig an seiner selbst gemachten Schaufel, mit dem er den Brunnen säuberte, als könne er den Zorn mit harter Arbeit mildern.
    In all diesen Tagträumen kehrte er nie in einem weißen Uniformrock nach Brewhouse Lane zurück, auch nicht in einem purpurfarbenen oder in einem anderen, nur in einem roten. Niemand in Britannien hatte je von Anthony Pohlmann gehört, und warum sollte es jemanden interessieren, dass ein Kind aus der Gosse in Wapping es zu einem Offizierspatent in der Armee des Maharadschas

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