Sharpes Trafalgar
werfe, wer würde es wagen, meine Geschichte anzuzweifeln, dass Sie mich angegriffen haben?«
Sharpe sagte nichts.
Cromwells Hand blieb auf der Pistole. »Sie haben eine Truhe in Ihrer Kabine?«
»Ja, Sir.«
»Aber Sie vertrauen meinen Matrosen nicht. Sie wissen, dass sie das Schloss binnen Sekunden aufbrechen könnten.«
»Das würden sie auch«, sagte Sharpe.
»Aber sie werden es nicht wagen, meine Truhe aufzubrechen!«, erklärte Cromwell und wies unter den Tisch, wo eine große, eisenbeschlagene Truhe aus Teak stand. »Ich will, dass Sie mir Ihren Schatz jetzt übergeben, Mister Sharpe, und ich werde Ihnen das schriftlich bestätigen, ihn aufbewahren und an unserem Zielort zurückgeben. Es ist eine normale Prozedur.« Erst jetzt zog er die Hand von der Waffe, griff in das Bücherregal und nahm eine kleine Schachtel, die mit Papieren gefüllt war. »Ich habe etwas Geld von Lord William Hale in dieser Truhe, sehen Sie?« Er überreichte Sharpe eines der Papiere. Darauf war der Erhalt von hundertsiebzig Guineen in indischer Währung bestätigt. Das Papier war von Peculiar Cromwell unterzeichnet und im Namen Lord Williams von Malachi Braithwaite. »Ich habe Besitz von Major Dalton«, sagte Cromwell und zeigte ein anderes Blatt Papier. »Und Juwelen, die dem Baron von Dornberg gehören.« Er reichte Sharpe die Quittung. »Und weitere Juwelen, die Mister Fazackerly gehören.« Fazackerly war der Anwalt. Cromwell trat gegen die Truhe. »Dies ist der sicherste Aufbewahrungsplatz auf diesem Schiff, und wenn einer meiner Passagiere Wertsachen mit sich herumschleppt, dann möchte ich, dass sie sicher aufbewahrt werden und meine Mannschaft oder irgendeinen Passagier nicht in Versuchung führen. Habe ich mich verständlich gemacht, Mister Sharpe?«
»Jawohl, Sir.«
»Aber Sie denken, dass Sie mir nicht vertrauen können?«
»Nein, Sir«, sagte Sharpe, der genau dies dachte.
»Ich habe Ihnen gesagt«, grollte Cromwell, »es ist eine normale Prozedur. Sie vertrauen mir Ihre Wertsachen an, und ich, als Captain im Dienst der East India Company, gebe Ihnen eine Quittung. Wenn ich die Wertsachen verliere, Mister Sharpe, wird die Company Sie entschädigen. Sie können sie nur verlieren, wenn das Schiff sinkt oder dem Feind in die Hände fällt. In diesem Fall müssten Sie sich an die Versicherung wenden.« Cromwell lächelte schmal, denn er wusste nur zu gut, dass Sharpes Schatz nicht versichert sein würde.
Sharpe sagte immer noch nichts.
»Bis jetzt, Mister Sharpe«, sagte Cromwell, »habe ich Sie gebeten, meinen Wünschen zu entsprechen. Wenn nötig, kann ich auch darauf bestehen.«
»Nicht nötig, darauf zu bestehen, Sir«, sagte Sharpe, denn Cromwell hatte recht mit seiner Behauptung, dass jeder scharfsichtige Seemann die schlecht versteckten Juwelen bemerken würde. Tag für Tag war sich Sharpe der Edelsteine bewusst. Sie waren eine Belastung für ihn und würden das bleiben, bis er sie in London verkaufen konnte, und diese Belastung würde von ihm genommen werden, wenn er die Steine in die Obhut der Company geben würde. Außerdem war es beruhigend für ihn, dass Pohlmann dem Captain so viele Juwelen anvertraut hatte. Wenn Pohlmann, der sich von keinem reinlegen ließ, Cromwell vertraute, dann konnte er, Sharpe, das ebenfalls.
Cromwell gab ihm eine kleine Schere, und Sharpe schnitt den Saum seines Rocks auf. Er gab weder die Steine in seinem Hosenbund noch die in seinen Stiefeln preis, denn sie waren selbst bei einem suchenden Blick nicht zu erkennen, doch er legte einen wachsenden Haufen von Rubinen, Diamanten und Smaragden aus den Säumen des roten Rocks auf den Tisch.
Cromwell teilte die Steine in drei Haufen und wog dann jeden Haufen auf einer kleinen Feinstwaage. Nachdem er sorgfältig die Resultate notiert hatte, schloss er die Edelsteine fort und gab Sharpe ein Übergabeprotokoll, das sie beide unterschrieben.
»Ich danke Ihnen, Mister Sharpe«, sagte Cromwell ernst, »denn Sie haben mir die Sorgen genommen. Der Proviantmeister wird einen Seemann finden, der Ihren Rock nähen kann«, fügte er hinzu und stand auf.
Auch Sharpe erhob sich. Er zog unter den niedrigen Deckenbalken den Kopf ein. »Danke, Sir.«
»Ich sehe Sie bald bestimmt beim Dinner. Der Baron mag anscheinend Ihre Gesellschaft. Sie kennen ihn gut?«
»Wir sind uns ein paarmal in Indien begegnet, Sir.«
»Er scheint ein seltsamer Mann zu sein, nicht dass ich ihn überhaupt kenne. Aber ein Aristokrat? Der seine Hände mit Handel
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