Sharpes Zorn (German Edition)
die blaue Uniform des Admirals. »Nach was suche ich denn?«
»Die Hörner«, antwortete Lord Pumphrey. Sharpe ließ seinen Blick nach rechts wandern und sah eine der gehörnten Broschen auf dem dunklen Stoff. Das Zeichen des El Cornudo. Das Spottzeichen des Feindes. Dann hob er das Fernrohr ein Stück und sah, dass die Augen des Admirals nun geöffnet waren und ihn direkt anstarrten. Es war ein hartes Gesicht, dachte Sharpe, hart, wissend und voller Rachsucht. »Und was werden wir gegen den Admiral unternehmen?«, fragte er Lord Pumphrey.
»Unternehmen?«, erwiderte Lord Pumphrey. »Wir werden natürlich gar nichts unternehmen. Der Admiral ist ein ehrenwerter Mann, ein Abgeordneter, ein Held Spaniens und zumindest offiziell ein geschätzter Verbündeter. In Wahrheit ist er jedoch eine sauertöpfische Kreatur, die nur von Hass getrieben wird und insgeheim mit Bonaparte verhandelt. Allerdings vermute ich das nur, beweisen kann ich das nicht.«
»Wollen Sie, dass ich den Bastard umbringe?«
»Das würde die diplomatischen Beziehungen zwischen Großbritannien und Spanien sicherlich verbessern, nicht wahr?«, erwiderte Lord Pumphrey gereizt. »Warum ist mir das nicht schon längst eingefallen? Nein, Richard, ich will nicht, dass Sie den Bastard umbringen.«
Der Admiral hatte einen Diener zu sich gerufen, flüsterte ihm etwas ins Ohr und deutete zu Sharpe hinauf. Der Diener eilte davon, und Sharpe schob das Fernrohr wieder zusammen. »Wie hieß der Mann noch mal?«
»Das ist der Marques de Cardenas. Er besitzt viel Land im Tal des Guadiana.«
»Wir haben seine Mutter kennengelernt«, sagte Sharpe, »eine boshafte alte Hexe. Und sie ist mit den Franzosen im Bett.«
»Meinen Sie das wörtlich?«
»Nein. Aber sie haben ihren Besitz nicht geplündert. Und sie hat sie gerufen, nachdem wir angekommen sind. Das verdammte Weib hat sogar versucht, uns gefangen zu nehmen.«
»Wie die Mutter so der Sohn«, sagte Pumphrey, »und Sie werden ihn nicht ermorden. Natürlich müssen wir seinen Plan zunichte machen, aber das darf niemand mitbekommen. Sie sehen übrigens ziemlich schmutzig aus.«
»Wir haben gerade das Stalldach repariert.«
»Das ist wohl kaum die angemessene Beschäftigung für einen Offizier.«
»Das ist die Wiederbeschaffung erpresserischer Briefe auch nicht«, sagte Sharpe, »und ich mache es trotzdem.«
»Ah, der Kurier, nehme ich an«, sagte Lord Pumphrey. Er schaute zu einem Mann, der gerade den Balkon betreten hatte und sich durch die Bänke auf ihn zu bewegte. Der Mann trug genauso eine Spottbrosche wie der Admiral.
»Der Kurier?«, fragte Sharpe.
»Man hat mir gesagt, ich solle hier auf ihn warten. Wir sollen uns hier treffen, um die Modalitäten des Kaufs zu diskutieren. Ich hatte schon Angst, Sie würden nicht mehr rechtzeitig kommen.« Pumphrey verstummte, als der Mann hinter ihn trat und sich zu ihm beugte. Er sprach so leise, dass Sharpe ihn nicht verstehen konnte. Dann ging er zur zweiten Tür des Balkons.
»Gegenüber der Kirche gibt es ein Kaffeehaus«, sagte Lord Pumphrey. »Dort wird man sich mit uns treffen. Gehen wir?«
Sie folgten dem Kurier die Treppe hinunter und durch den kleinen Vorraum, in dem der Admiral nun stand. Der Marqués de Cardenas war ungewöhnlich groß, ungewöhnlich dünn und hatte ein schwarzes Holzbein. Er stützte sich auf einen Stock aus Ebenholz. Lord Pumphrey verneigte sich elegant vor ihm, was der Admiral mit einem steifen Nicken beantwortete, bevor er auf dem Absatz kehrtmachte und in die Kirche zurückhumpelte. »Der Bastard macht sich noch nicht einmal die Mühe, sich vor uns zu verstecken«, sagte Sharpe.
»Er hat gewonnen, Sharpe«, sagte Lord Pumphrey. »Er hat gewonnen, und nun genießt er seinen Sieg.«
Eine kräftige Brise wehte durch die schmale Straße und zerrte an Lord Pumphreys Hut, als er durch den kalten Regen in das Kaffeehaus eilte. Dort gab es ein Dutzend Tische, von denen die meisten von Männern besetzt waren, die alle zugleich zu reden schienen. Sie schrien einander an, ignorierten einander und gestikulierten wild. Um seine Worte zu unterstreichen, zerriss einer eine Zeitung, warf die Fetzen auf den Tisch und lehnte sich triumphierend zurück. »Das sind die Abgeordneten der Cortes«, erklärte Lord Pumphrey. Er schaute sich um, sah aber niemanden, der offensichtlich auf sie wartete, und so bahnte er sich einen Weg durch die lärmenden Gäste und setzte sich an einen leeren Tisch im hinteren Teil des Schankraums.
»Nehmen Sie den
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