Shayne - der Verführer (German Edition)
richtig.”
Doch Shayne wurde das Gefühl nicht los, dass irgendetwas nicht stimmte. Er kam jedoch nicht dahinter, was es war.
“Wenigstens ist Bliss jetzt reingewaschen.”
“Leider muss ich Ihnen Recht geben.”
“Leider?” fragte Shayne.
“Es wäre viel einfacher, wenn sie die Diebin wäre. Dann hätten wir den Fall schon abgeschlossen.”
“Dann steht vermutlich als Nächstes ein Besuch bei Churchill auf dem Programm.”
“Ja, aber da er New Orleans verlassen hat und seinen Laden in Savannah besucht, schlage ich vor, Sie warten bis morgen. Auf einen Tag kommt es nicht mehr an.”
“Und ob, falls er das Land verlassen will.”
“Richtig, aber ich setzte vorerst einen anderen Mann auf ihn an.” Cunningham lehnte sich in seinem Sessel zurück. “Ich gehe davon aus, dass Sie einen Tag brauchen, um Ihre persönlichen Probleme mit Mrs. Fortune zu klären.”
Shayne betrachtete seinen Vorgesetzten misstrauisch. In den drei Jahren, die sie nun zusammenarbeiteten, hatte er bei diesem Mann nie eine menschliche Regung festgestellt. “Wo liegt der Haken?”
“Es gibt keinen, O’Malley. Ob Sie es glauben oder nicht, ich kenne Ihre Lage.” Cunningham steckte sich eine Zigarre an. “Es war auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Sie war eine sowjetische Agentin, und ich sollte sie anwerben. In diesem Fall gab ich meinen Gefühlen den Vorrang vor meinem Verstand.”
“Was ist passiert?”
“Sie lehnte nicht nur mein berufliches Angebot ab, Doppelagentin zu werden, sondern auch mein privates. Dann drohte sie, meinen Namen an ihre Vorgesetzten weiterzugeben. Damit schied ich als Jäger sowjetischer Spione aus.”
“Ist sie noch in der Branche tätig?”
Ein Schatten zog über Cunninghams Gesicht. “Ich habe gehört, dass sie einige Monate später bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.”
Als Shayne das Hotelzimmer verließ, war er entschlossen, einiges in seinem Leben zu ändern. Aber zuerst musste er sein Verhältnis zu Bliss klären.
Zelda kam an die Tür. “Sie sind Shayne O’Malley.” Ihr strenger Blick erinnerte ihn verzweifelt an Schwester Immaculata, die in der dritten Klasse alle neunjährigen Jungen zum Zittern gebracht hatte.
“Ja, Ma’am, der bin ich”, antwortete er höflich.
“Ihnen ist doch klar, dass Sie meiner Enkelin das Herz gebrochen haben.”
“Ja, Ma’am, und es tut mir aufrichtig Leid.”
Zelda schien ihm auf den Grund der Seele blicken zu können. “Ich wollte mir gerade Eistee machen. Möchten Sie auch einen?”
“Ja, Ma’am”, erwiderte er erleichtert. “Vielen Dank.”
Sie führte ihn in einen sonnigen Raum mit Korbmöbeln und Blick auf den Garten. “Ich komme gleich wieder.”
“Danke”, wiederholte Shayne bescheiden und kam sich auch jetzt noch wie ein neunjähriger Junge vor.
Vielleicht bildete er es sich nur ein, aber während er in diesem heiter wirkenden Raum saß und den Schmetterlingen im Garten zusah, meinte er, Bliss nahe zu sein.
“Bliss hat dieses Zimmer dekoriert, nicht wahr?” fragte er, als Zelda zurückkam und auf einem Tablett zwei hohe Gläser mitbrachte.
“Die Einrichtung hat sie auf einem Flohmarkt in Houma gefunden.” Zelda reichte ihm ein Glas. “Die Kissenbezüge hat sie selbst genäht. Der Garten ist mein Werk.”
“Sie würden sich mit meiner Mutter großartig verstehen. Sie liebt Gartenarbeit. Wenn man im Garten arbeitet, sagt sie, ist man dem Himmel näher.”
Zelda nickte. “Ihre Mutter ist eine kluge Frau. Da frage ich mich natürlich, wieso sie einen dermaßen idiotischen Sohn großgezogen hat.”
“Darüber habe ich in letzter Zeit auch nachgedacht.” Shayne kostete den Tee. “Schmeckt großartig.”
“Wenn man etwas macht, dann sollte man sich die Zeit nehmen, es auch möglichst zu machen. Also, hielten Sie meine Enkelin tatsächlich für eine Juwelendiebin?”
“Nein, Ma’am, zumindest zum Schluss nicht mehr.”
“Hoffentlich hielten Sie Bliss schon für unschuldig, bevor Sie mit ihr ins Bett gegangen sind.”
“Ja, Ma’am.” Es war ihm unangenehm, mit einer Frau über Sex zu sprechen, die seine Großmutter hätte sein können.
“Lieben Sie meine Enkelin?”
Das war ja noch schlimmer als das Gespräch über Sex. “Bliss bedeutet mir sehr viel.”
“Danach habe ich nicht gefragt.” Zelda hielt die blauen Augen unerbittlich auf ihn gerichtet. “Sie wissen natürlich, dass Bliss Sie liebt.”
“Ja, Ma’am.”
“Bevor ich entscheide, ob ich mich für Sie einsetze, muss ich
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