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Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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mochte strenge Lehrer, die keinen Unfug duldeten. »Oh, und ich hab die Schulkrankenschwester kennengelernt. Ich soll dir noch was von ihr geben.« Zoe griff nach ihrem Rucksack, den sie vor sich auf den Boden hatte fallen lassen. »Meine medizinischen Unterlagen sind unvollständig«, sagte sie, während sie sie hervorzog.
    Johnny runzelte die Stirn. »Ich habe schon mit dem Sekretariat darüber gesprochen«, schnauzte er. »Die hätten sich darum kümmern sollen.«
    Zoe zog die Augenbrauen hoch und Johnny gab einen entnervten Stoßseufzer von sich. »Ich kann das nicht ausfüllen, Süße. Wir wissen nicht das Geringste über die medizinische Vorgeschichte deiner leiblichen Mutter.«
    Zoe nickte. Sie sah runter auf den Couchtisch und griff nach ihrer Tasse. Um ehrlich zu sein, hatte sie sich nie Gedanken darüber gemacht, dass sie adoptiert war. Sie war nicht der Typ, der in Tagträumen über ihre leibliche Mutter versank. Doch nun, da sie so offen damit konfrontiert wurde, fragte sie sich, warum sie nie darüber nachgedacht hatte. »Wissen wir denn irgendetwas über sie?« Johnny kniff die Lippen zusammen. »Nur ihren Namen«, gestand er.
    Stille hing im Raum. Zoe nahm noch einen Schluck von ihrem Tee und wartete.
    »Wie heißt sie?«, fragte sie schließlich.
    Johnny rieb sich erneut seine Koteletten. »Saskia Robicheck.«
    Saskia. Etwas an diesen Silben kam Zoe vertraut vor und sie fragte sich, ob sie sie zuvor schon irgendwo gehört hatte. Vielleicht hatten ihre Eltern sie mal erwähnt? »Bei so einem Namen sollte es doch relativ einfach sein, an irgendwelche Informationen zu kommen.«
    »Sollte es, ja«, stimmte Johnny mit einem schiefen Lächeln zu. »Ist es aber nicht.« Er sah auf das Formular hinab. »Na ja, wie auch immer, ich kümmere mich darum.«
    Zoe nippte wieder an ihrem Tee.
    »Was möchtest du zum Abendessen?«
    »Ich werde wohl einfach bei Bella’s was essen«, antwortete Zoe. »Ich muss nachher arbeiten.«
    Johnny sah sie entsetzt an. »Du gehst heute auf keinen Fall arbeiten.«
    »Warum nicht? Ich bin nicht verletzt.«
    »Na gut.« Er sah immer noch nicht sonderlich überzeugt aus. »Ich wüsste eh nicht, wie ich dich davon abhalten sollte.«
    »Kannst du nicht.«
    Johnny schürzte die Lippen und sah wieder auf das Formular. Dann stand er auf und griff nach Zoes leerer Teetasse.
    Sie lauschte seinen Schritten, als er in die Küche ging, die Tasse klappernd ins Spülbecken stellte und dann über den Flur in sein Studio tappte. In gewisser Weise empfand sie es als Erleichterung. Ich brauche etwas Zeit für mich, bevor ich zur Arbeit gehe, dachte Zoe. Ich muss ein bisschen entspannen.
    Das Geräusch des heulenden Windes während ihrer Fahrt über die Brücke drang erneut an ihre Ohren und ihre Kopfhaut begann zu kribbeln, als hätte ihr gerade jemand übers Haar gestrichen. Zoe drehte sich um, in der Erwartung, ihren Vater hinter sich stehen zu sehen, doch da war niemand.
    Sie seufzte und sank in die weichen Couchkissen zurück. Draußen tropften die Bäume verdrießlich vor sich hin, als könnten sie den Sturm, der über sie hinweggezogen war, nicht vergessen. Nasse Blätter klebten glitschig und trostlos an der hölzernen Veranda.
    Die regnerische Zeit des Herbstes ließ Zoe immer in einer Art Dunstglocke aus Trübsinn versinken. Die klirrende Kälte des Winters machte ihr nichts aus. Doch schon der leiseste Hauch jener feuchten, alles durchdringenden Kühle, die der beginnende Herbst mit sich brachte, ermüdete sie.
    »Zoe.«
    Die Stimme drängte sich in ihre Gedanken und riss sie aus ihrem Halbschlaf.
    »Ich komme.« Sie schob das Sofakissen zur Seite und hievte sich aus der Couch. Auf dicken Wollsocken tappte sie zu Johnnys Studio, klopfte sanft, doch niemand antwortete. Vorsichtig öffnete sie die Tür ein Stück. Johnny starrte auf seinen Computer, seine Ohren verschwanden unter gigantischen Kopfhörern.
    Zoe winkte, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Er hob die Augenbrauen und nahm die Kopfhörer ab. »Hey«, sagte er.
    »Hey.«
    Einen Augenblick lang sahen sie einander an.
    »Du hast mich gerufen?«, hakte Zoe nach.
    Johnny schüttelte den Kopf. »Nein, sorry.«
    »Oh. Ich dachte, ich hätte etwas gehört …« Es war so deutlich gewesen. Ihr Name. »Egal.«
    Johnny musterte sie stirnrunzelnd. »Warum legst du dich nicht ein bisschen hin, Süße?«
    Zoe nickte. »Okay«, sagte sie, während sich ein unbehagliches Gefühl in ihrer Brust ausbreitete. »Vielleicht mach ich das.«

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