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Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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weiter Ferne jemanden etwas rufen hörte. Dann ertönte noch ein Ruf, dann ein Schrei, und als er sich umdrehte, sah Will einen großen gelben Hund über den weiten grünen Rasen in Richtung des Schulgebäudes jagen. Der Hund hielt genau auf Zoe zu. Er bellte wie verrückt und zog eine nun nutzlose Leine hinter sich her. Für den Bruchteil einer Sekunde war Will verwirrt, bevor der Hund anfing zu knurren und ihn die Angst überfiel. Zoe kreischte auf und er hörte sich selbst schreien, als der Hund sich auf Zoe stürzte und sie zu Boden riss.

Kapitel 7
    Die Hölle befindet sich auf dem Grund des Meeres.
    Seefahrerweisheit
     
    Zoe merkte, dass jemand schrie, aber das Geräusch schien von weit her zu kommen, fast wie im Traum. Ein Schmerz durchfuhr ihren Arm. Sie hatte die Hände hochgerissen, um ihr Gesicht zu schützen, und der gelbe Labrador schlug seine Zähne in das Nächstbeste, das er erreichen konnte. Mit ihrer freien Hand hieb sie auf seine Schnauze ein, doch der Hund hatte sich festgebissen und zeigte keinerlei Absicht, jemals wieder loszulassen.
    Ihre Jacke war aus dickem Jeansstoff, sodass der Hund ihren Arm zwar in einer schraubzwingenartigen Umklammerung hielt, ihre Haut dabei jedoch unverletzt blieb. Selbst als sie ihm mit dem Ellbogen auf den Kopf schlug, gelang es ihr nicht, sich aus seinem Maul zu befreien. Sie ächzte vor Anstrengung, während sie versuchte, über ihn hinwegzurollen, doch der Hund wand sich unter ihr hervor, ohne von ihr abzulassen. Er hielt sie mit der Kraft eines Irren – fünfunddreißig Kilo wölfischer Muskelmasse, in deren goldenen Augen der Wahnsinn brannte.
    Goldene Augen.
    Etwas an diesen Augen kam ihr seltsam menschlich und vertraut vor, doch sie hatte keine Zeit nachzudenken, sie konnte lediglich reagieren. Hitze stieg in ihr auf und brannte sich durch ihren Körper. Ihr rechter Arm hing schlaff herab, war vielleicht sogar gebrochen, aber mit einem Mal fühlte sie eine übermenschliche Stärke in sich. Sie streckte ihren linken Arm aus und riss den Hund von ihrem Arm. Zoe gelang es, das Tier von sich zu schleudern und wieder auf die Füße zu kommen. Ein tiefes Knurren, gefletschte Zähne, ein Körper, bereit zum Sprung – ein Augenblick verging und Will schoss nach vorne.
    »Nein!«, schrie Zoe, als sich der Hund auf ihn stürzte, und warf sich dazwischen. Will taumelte zu Boden, während Zoe auf dem Körper des Hundes landete, der sich selbst dann noch wand und knurrte, als sie ihn mit ihrem ganzen Gewicht zu Boden drückte. Zoe ließ nicht los. Sie ignorierte das Pochen in ihrem Arm und konzentrierte sich ganz darauf, den Hund unter Kontrolle zu halten. Erst jetzt fiel ihr die Frau in dem bunten Pullover auf, die »Coco! Coco!« schrie, und Zoe schaffte es sogar zu bemerken, wie ironisch es war, dass diese wild gewordene Bestie wölfischer Abstammung so einen albernen Namen trug.
    Irgendjemand musste den Notruf gewählt haben, denn neben ihnen hielt ein Polizeiauto. Der Schrei der Frau wurde schriller und ihre Stimme heiserer, als ein Polizist mit gezogener Waffe aus dem Wagen stürzte. »Halten Sie den Mund!«, brüllte er, doch die Frau hörte nicht auf ihn.
    »Sie dürfen nicht schießen!«, schrie Will und stellte sich vor Zoe. Der Polizist fuhr ihn wütend an, aber Zoe lag immer noch auf dem Hund. Will hatte recht – der Polizist hätte niemals richtig zielen können.
    Eine Polizistin kam angerannt und rief etwas in ihr Funkgerät, als der Hund sich in einem letzten Versuch, sich zu befreien, noch einmal heftig aufbäumte. »Nimm den Taser!«, rief sie.
    Zoe zögerte einen Moment – ein Bild von Guernsey schoss ihr durch den Kopf und lähmendes Mitleid überkam sie –, doch dann drückte sie den Kopf des Hundes mit ihrem Arm zu Boden. Er bellte noch einmal ohrenbetäubend auf und seine Augen funkelten hasserfüllt. Dann erschlaffte sein Körper schlagartig.
    Nicht weil er tot war, sondern weil er seine Niederlage eingesehen hatte.
    Zoe hielt ihre Anspannung noch eine Weile aufrecht, bevor sie – Stück für Stück – lockerließ. Schließlich nahm sie ihren Arm vom Nacken des Tieres. Coco sah sie mit großen Augen an und winselte, dann begann die Hündin, ihr die Hand zu lecken.
    »Nicht«, warnte Will, doch Zoe war bereits von dem Tier heruntergerollt, das noch einen Moment liegen blieb, bevor es sich mühsam aufrappelte und schüttelte.
    »Coco!« Die Frau weinte. Mascaraflecken verteilten sich auf ihrem verquollenen Gesicht, als sie nach der leuchtend

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