Sheriff Tod
saßen im Schatten eines Verandadachs vor dem Hotel und konnten auch die nahe Zufahrtsstraße beobachten.
Doreen Pratt war nervös. Sie hatte die Beine zwar übereinandergeschlagen, aber ihre Haltung zeigte nicht die Ruhe, die sie eigentlich ausdrücken sollte. Immer wieder wippte sie mit einem Bein oder schaute auf die Uhr, denn wir beide erwarteten den Sheriff von Lucas, der nicht nur für diese Stadt zuständig war, sondern für einen ganzen Distrikt. Der Anruf hatte ihn auf einer Kontrollroute erreicht, und er hatte versprochen, so schnell wie möglich zu uns zu kommen.
Sein Name war Ray Orwick. Doreen und ich hatten uns abgesprochen und waren beide einverstanden gewesen, Orwick mit dem Problem seines Kollegen zu konfrontieren, wobei wir ihm nicht die ganze Wahrheit sagen würden.
Da wir als einzige Gäste auf der Veranda saßen, konnten wir uns auch unterhalten. »Und Sie bleiben tatsächlich bei Ihrer Meinung, diesen Hauch gespürt zu haben?«
»Ja.«
»Ich hätte es an meine Dienststelle weitermelden sollen, John.«
»Nein, nur das nicht.«
»Aber man hätte…«
»Pardon, Doreen, man hätte nicht. Ich hätte mich zumindest gestört gefühlt, der Killer ebenfalls, glauben Sie mir. Ihm wäre ein gewisser Massenauftrieb an Polizisten nicht verborgen geblieben, und er hätte sich bestimmt zurückgezogen.«
»Meinen Sie, daß er es trotzdem tut?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wenn Sie ihn gespürt haben, kann er Sie doch ebenfalls als einen Feind ausgemacht haben.«
Ich trank mein Glas leer und schaute einer Ameise zu, die über den hellen Tisch kroch, der teilweise, ebenso wie unsere Sessel, aus Korb hergestellt worden war. Dicke, bunte Kissen hatten sie weich werden lassen. »Das hoffe ich sogar.«
»Oh…«
»Ich wünsche es mir, Doreen. Wenn er etwas bemerkt hat, wird er zusehen wollen, daß er diesen Feind aus dem Weg räumt. Also konzentriert er sich auf mich und nicht auf irgendwelche anderen Opfer. Das wäre ideal. Ich will nicht sagen, daß ich mich darüber freue, aber in unserem Job muß man mit diesen Dingen rechnen.«
»Ja«, murmelte sie, »das denke ich auch.«
»Sehen Sie.«
Doreen schaute sich um. Dabei lächelte sie etwas verkrampft. »Glauben Sie, daß er uns schon beobachtet?«
»Nein. Er wird uns so finden können. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, daß wir es mit einer Gestalt zu tun haben, die negativ aufgeladen ist. Es gibt den Begriff des Dämons dafür, worüber Sie lachen können oder auch nicht. Aber es stimmt leider. Sie müssen sich damit abfinden, es mit einem Dämon zu tun zu haben.«
Doreen nickte. »Ich kann es zwar nicht glauben, aber Ihre Erfahrungen sind besser.«
»In der Tat.«
Ein Kellner kam und erkundigte sich, ob wir noch Wünsche hätten.
Doreen bestellte einen Kaffee, ich noch einen Fruchtdrink, und als der Mann verschwunden war, klopfte sie ungeduldig mit ihrem Knöchel auf das liegende Telefon. »Allmählich könnte Orwick kommen. Ich will hier nicht den ganzen Abend sitzen und auf ihn warten.«
»Noch haben wir keinen Abend.«
»Aber bald.«
Sie war sehr ungeduldig. Verständlich, denn dieser Fall drückte auf den Magen. Die Sonne war schon tiefer gesunken. Sie stand schräg hinter der mächtigen Krone einer großen Platane und verlieh dem Baum einen rötlichen Schimmer. Metallisch schimmerte der Lack des auf die Zufahrt des Hotels einbiegenden Wagens, und wir sahen auch das Blitzen der Antenne. Sheriff Orwick kam.
Er parkte, stieg aus und schob seine dunkle Brille in die Höhe. Orwick gehörte zu den Typen, die in diese Westernlandschaft hineinpaßten. Er war groß, hatte breite Schultern, trug ein kariertes Hemd, eine schwere Waffe am Gurt, auch eine Tasche für den Notizblock und sogar Handschellen. Er ging etwas staksig, wie damals die Cowboys, die sich auf den Rücken ihrer Pferde wohler gefühlt hatten als auf den eigenen Beinen.
Orwick trat an unseren Tisch und nahm den Hut ab. Sein Haar schimmerte fast gelb, ausgebleicht von der Sonne, die in seinem Gesicht ebenfalls ihre Spuren hinterlassen hatte. Er war braun wie ein Urlauber.
Der Kellner bekam große Augen, als er den Sheriff sah, der neben uns seinen Platz einnahm.
»Was darf ich bringen, Sir?«
»Wie immer, ein großes Wasser.«
»Sofort, Sir!«
Ray Orwick war eben ein Mensch, vor dem man hier Respekt hatte. Für mich war ein Filmklischee Realität geworden. Den Hut hatte der Mann auf seine Beine gelegt, er schaute sich um, und sein Blick blieb auf mir haften. »Sie sind
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