Sheriff Tod
definieren.«
»Sorry, aber ich habe nichts gespürt.«
»Sie sind nicht so sensibilisiert«, sagte ich und schaute nach Lücken an den Seiten, wo der Polizeiwagen hätte verschwinden können. Es war mir auch nicht gelungen, mir gewisse Details zu merken, so kannte ich nicht das Kennzeichen, aber ich wußte, daß mich mein Kreuz gewarnt hatte.
Dafür mußte es immer einen Grund geben, und der bezog sich stets auf eine negative Kraft.
»Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich anhalten, John. Es wird gleich ein Rastplatz erscheinen, der einer der Tatorte sein soll. Hundertprozentig genau wissen wir es nicht, weil Zeugenaussagen zu weit voneinander abschweifen.«
»Na ja, gut«, stimmte ich zu und stellte direkt eine Frage hinterher.
»Haben diese Zeugen eventuell auch einen Wagen der Highway Police gesehen?«
»Davon ist nie die Rede gewesen.«
»Schade.«
Doreen gönnte mir einen schrägen Blick. Ihre Gedanken behielt sie für sich. Sekunden später setzte sie den Blinker und ließ den Mustang auf den schmalen Parkplatz rollen. Sie bremste etwas abrupt, direkt hinter einem Chrysler Voyager, aus dem eine Familie mit vier Kindern geklettert war. An einem der aufgestellten Steintische bereiten die Eltern das Picknick vor.
Auch ich verließ den Wagen und war froh, ein paar Schritte laufen zu können.
Ich spürte im Magen einen nicht unbeträchtlichen Druck. Ein Zeichen der Nervosität. Selbst das Lachen der Kinder störte mich, und so ging ich einige Schritte zur Seite, bis ich eine Buschgruppe erreicht hatte und vor ihr stehenblieb.
Die FBI-Agentin war mir gefolgt. Sie sprach mich nicht an. Ihr Gesicht hielt sie gegen den weichen Wind.
Von einem Patrol Car war nichts zu sehen. Wahrscheinlich hatte sich der Fahrer zuvor in das Gelände geschlagen, denn Abzweigungen waren vorhanden gewesen. Ich ärgerte mich aber auch darüber, daß ich zu spät reagiert hatte.
Auf der rechten Schulter spürte ich Doreens Hand. »John, Sie müssen mir sagen, was Sie herausgefunden haben und was Sie denken. Ich weiß, daß Sie sich mit Dingen beschäftigen, die ins Übersinnliche gehen. Dieser Mörder kommt mir auch so vor…«
»Ich habe leider nichts herausgefunden, Doreen. Schauen Sie sich um. Das Corpus delicti ist verschwunden.«
»Aber das hat Sie keinesfalls beruhigt.«
»So ist es.«
»Was störte Sie?«
»Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber ich habe das Gefühl, daß dieser Killer vor einigen Minuten an uns vorbeigefahren ist.«
Doreen Pratt schwieg. Sie war überrascht. Ihre Hand rutschte von meiner Schulter nach unten. Durch die Nase holte sie schnaufend Luft.
Dann atmete sie prustend aus. »Darf ich Ihren Gedanken denn weiterführen, bitte sehr?«
»Tun Sie das.«
»Ihrer Reaktion muß man entnehmen, daß der Mörder ein Kollege von uns ist.«
»Ja, da haben Sie recht!«
Leichen – nur Leichen!
Die Flamme war klein, sie gab dementsprechend wenig Licht, aber die schwache Helligkeit reichte aus, um all das Grauen zu sehen, in dessen Mittelpunkt sie sich als zwei lebende Personen befanden. Die starren Körper, die bleichen Gesichter, die sich in unterschiedlichen Stadien der Verwesung befanden. Die Augen, die keine mehr waren, sondern nur noch starre, glasige Massen, mal trübe, mal klar. Das faulende Fleisch an den Gesichtern, das Hervortreten der weißen Knochen, und die Haare, die aussahen wie Drahtgeflecht.
Marcus Richter zählte mit bebenden Lippen nach, ohne jedoch lauter zu sprechen.
Zehn Leichen!
Zehn Tote, die so lagen, daß sie einen Stern aus kalten, starren Leibern bilden konnten. Die Köpfe waren alle einem Zentrum zugewandt, sie bildeten gewissermaßen den äußeren Ring eines Kreises, den auch die Körper nachzeichneten, bei denen die Arme und Beine vom eigentlichen Rumpf ein wenig abgespreizt waren.
Ein Stern aus Leichen!
Marcus spürte den Schmerz an seinem Daumen. Das Feuer hatte ihn dort gestreift. Er zuckte zusammen, und die Flamme erlosch, so daß sich die Dunkelheit wieder gnädig über die makabre Szenerie legen konnte.
Er wußte nicht, was er denken sollte. Die eigenen Probleme waren verschwunden. Er spürte nicht mal die Schmerzen in seinem Gesicht, er saß nur da, ohne sich zu rühren, und er war zu einer Statue geworden, in der trotzdem das Herz wild klopfte.
Damit hätte er nicht gerechnet, damit hätte er auch nicht rechnen können. Alles war so verrückt, so auf den Kopf gestellt, und er selbst kam sich vor, als hätte man ihn an den Flügel einer Mühle
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