Sheriff Tod
Straße wenden und in die andere Richtung weiterfahren.
Die Skizze hatte ich auf meinem Schoß liegen.
»Wir werden ein kleines Stück über den Highway müssen. Erst wenn wir ein größeres Waldstück passiert haben, biegen wir nach rechts ab ins freie Gelände.«
»Stimmt.«
Sie fuhr weiter, und ich beobachtete Doreen von der Seite her. So ruhig wie sonst kam sie mir nicht mehr vor. Irgend etwas mußte passiert sein, und ich fragte mich natürlich, ob sie tatsächlich einen Kontakt mit dem Killer gehabt hatte. Vorstellen konnte ich es mir kaum, aber ich wollte nicht voreilig sein.
Die Nacht war ruhig. Es herrschte nur wenig Verkehr. Nur auf dem Highway huschten die Wagen entlang, und ihre Fahrer würden auch dort in eine Kontrolle gelangen.
Von Sheriff Ray Orwick hatten wir nichts gesehen. Er war an einer anderen Stelle unterwegs, und er würde uns den Triumph nicht gönnen, den Killer zu stellen.
Glücklicherweise war der Motor des Mustangs kaum zu hören. So konnte zumindest ich mich auf die Außengeräusche konzentrieren, und ich vernahm einen Laut, der für diese Gegend fremd war.
Ein Krachen!
Vor uns, aber nicht zu sehen. Es war auch nur schwach zu hören gewesen. Trotzdem ging Doreen vom Gas, drehte den Kopf und schaute mir starr ins Gesicht.
»Sie haben es auch gehört?«
»Ja«, flüsterte sie.
»Das war vor uns«, sagte ich. »Fahren Sie.«
Doreen nickte. Ich spürte in mir ein Fieber und saß plötzlich wie auf heißen Kohlen. Zugleich aber merkte ich den Kontakt zwischen mir und dem Bösen.
Das Kreuz kam mir vor, als wäre es von Vibrationen geschüttelt. Ich faßte nach ihm.
Tatsächlich merkte ich das leichte Zittern.
»Was haben Sie?« flüsterte Doreen.
»Nichts.«
»Ich habe aber bemerkt, daß etwas nicht stimmt.«
»Also gut«, murmelte ich. »Wenn mich nicht alles täuscht, sind wir dem Killer dicht auf den Fersen.«
»Sie werden lachen, John, aber das denke ich auch…«
***
Sheriff Ray Orwick wußte nicht mehr, was mit ihm geschehen war. Seine ganze Welt war auf den Kopf gestellt worden, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Erst war der Wagen nach vorn gekippt, da hatte er das Gefühl gehabt, wegzufliegen, dann hatte sich das Fahrzeug auf die Seite gelegt. Und dort lag Orwick auch!
Bei ihm konnte man von einem Glück im Unglück sprechen. Der Sicherheitsgurt hatte ihn gehalten. Wäre er nicht gewesen, wäre es zu schweren Verletzungen gekommen, möglicherweise sogar zum Tode, aber darüber dachte er nicht nach. Er konnte nicht denken, denn er war einfach zu stark mit sich selbst beschäftigt.
Nach einer Weile stellte er fest, daß er auf der linken Seite lag.
Schmerzen peinigten ihn. Das Blut aus der Kopfwunde sickerte über sein Gesicht.
Er war gegen die Tür gefallen, und diese wiederum befand sich in Erdbodenhöhe. Sie war von ihm nicht zu öffnen, denn nicht einmal eine Handbreit konnte sie aufgestoßen werden.
Wenn er raus wollte, dann aus der rechten Tür, die aber befand sich über ihm.
Noch war er angeschnallt. Um die Tür letztendlich zu erreichen, mußte er beweglicher sein. Seine Finger tasteten sich vor. Sie suchten nach dem roten Druckkontakt, den sie auch fanden, wobei es ihm dann Mühe bereitete, die entsprechende Kraft aufzubringen, um den Kontakt nach unten zu drücken. Nach dieser Aktion fühlte er sich total erschöpft, und die Schmerzen in seinem Kopf wurden allmählich unerträglich.
Orwick gehörte nicht zu den Menschen, die eine Flinte so schnell ins Korn warfen. Er war immer ein Kämpfer gewesen, hatte sich durchgewühlt und schon manch riskante Situation überstanden. In diesem Fall aber spürte er eine Furcht, wie er sie zuvor nie gekannt hatte. Da hockte etwas wie ein wahr gewordener Alptraum in ihm, und dieses Etwas hielt ihn auch von seinen klaren Gedanken ab.
Er dachte trotzdem an die nahe Vergangenheit, auch wenn er sich dabei Mühe geben mußte. Da war der Wagen gewesen, der Schatten des Fahrers, und dann hatte er den ungemein schnellen und auch gleichzeitig harten Crash erlebt.
Er war über die Straße geschlittert und im Graben gelandet. Der andere hatte keine Gnade gekannt, und als sich bei Orwick das Dunkel allmählich lichtete, kam ihm der Gedanke, daß er den zwölffachen Killer gesehen, aber nicht gestellt hatte.
Im Gegenteil, es war etwas eingetreten, mit dem er nicht hatte rechnen können, und nun steckte er bis zur Unterkante Oberlippe in der verdammten Scheiße.
Ray Orwick war lange genug Sheriff, um sich auch mit der
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