Sherlock Holmes Bisher unbekannte Fälle Sammelband 1
kommen wird?“, staunte ich.
„Morgen, Watson, morgen werden Sie alles erfahren, in Ordnung? Und setzen Sie Ihren grässlichen Hut auf, Sie benötigen ebenfalls ein wenig Tarnung, auch wenn der vermeintliche Mörder nicht auf Sie achten sollte. Er könnte stutzig werden, wenn er Sie am Hafen bemerkt. Watson, schlafen Sie wohl. Bis morgen.“
Holmes verschwand wieder und ich gab Mrs. Hudson Bescheid, Abendessen und Frühstück nur für mich zuzubereiten, da Mister Holmes außer Haus weilen würde.
Da ich Holmes nicht mehr tot wähnte, hatte ich in der Nacht gut geschlafen. Ich versuchte, mich unauffällig zu verkleiden, steckte den Revolver ein und machte mich am späten Vormittag auf den Weg zum Hafen. Unterwegs gab es mir einen Stich im Herzen, als ich Zeitungsjungen begegnete, die riefen: „Extrablatt, Extrablatt! Berühmter Detektiv mitten in London erschossen. Polizei tappt völlig im Dunkeln. Extrablatt. Lesen Sie alles über den feigen Mord an Londons berühmtesten Detektiv Sherlock Holmes.“
Den Artikel musste die Polizei in Auftrag gegeben haben, um den Mörder noch mehr in Sicherheit zu wiegen. Doch für mich klang es düster und seltsam, von Holmes‘ Tod zu hören. Einen Moment lang überkam mich der Gedanke, er wäre wirklich tot und eine tiefe Traurigkeit schnürte mir die Luft ab.
Am Hafen herrschte wie immer dichtes Gedränge. Schiffe wurden be- und entladen, Waren wurden angeliefert, Seeleute und Passagiere liefen hin und her und Droschken suchten einen Weg durch das Chaos. Ich suchte die Freedom Of The Sea. Sie stand bereit zum Auslaufen an einem hinteren Pier. Da ich wusste, wie Holmes aussah, fand ich ihn als alten Mann schnell. Er gab mir unauffällig ein Zeichen, mich ruhig und bedeckt zu verhalten. Eine Person in leicht derangierter Kleidung und hölzernen Bewegungen fiel mir auf, dann erkannte ich Lestrade in Zivil und hätte beinahe laut aufgelacht. Der Kerl sah zu komisch aus. Ich spazierte hin und her und musterte jenen Mann, ob ich in ihm nicht unseren Entführer erkannte, aber wenn ich ehrlich überlegte, hätte ich ihn wahrscheinlich nicht einmal wieder erkannt, wenn er vor mir stünde.
So vergingen beinahe zwei Stunden und ich begann mich zu fragen, wie lange wir noch ausharren und warten wollten. Doch lange konnte es nicht mehr währen, das Schiff lief bald aus. Ein Mann näherte sich der Gangway, die aufs Schiff führte. Ich glaubte, unseren Entführer zu erkennen, war mir jedoch nicht sicher und spannte mich an. Holmes bemerkte ihn ebenfalls und gab ein Zeichen. Er erkannte den Mann, der ihn umbringen wollte!
In der Manteltasche packte ich die Waffe, um sie schnell ziehen zu können, falls es nötig werden sollte. Noch einmal würde der Schuft nicht entkommen, nahm ich mir fest vor. Aber ich brauchte nicht einzugreifen. Schrille Pfeifen ertönten und mehrere Männer stürzten auf den völlig überraschten Reisenden zu. Er warf die Reisetasche fort und wollte flüchten, doch er bekam keine Chance. Blitzschnell hatten sie ihm Handschellen angelegt und hielten ihn fest.
„Marc Sullivan, Sie sind hiermit festgenommen!“, hörte ich einen Beamten sagen. Die Leute in der Umgebung, die überrascht an einen Überfall glaubten, wurden beruhigt, und es wurden Polizeimarken vorgegezeigt.
Ich trat zu Holmes und Lestrade, der gerade sagte: „Das ist also der Kerl, der Sie töten wollte, Holmes.“
Neugierig mischte ich mich ein. „Das lief ja schnell und glatt ab, mein Kompliment, Inspektor. Nun hätte ich gern erfahren, wie Sie wissen konnten, dass der Schurke auf dieses Schiff kommen wollte.“
„Kommen Sie, Watson, gehen wir zu uns. Lestrade kann mitkommen und mit uns eine Tasse Tee trinken, während ich mich wieder in Holmes zurückverwandle. Wir müssen unbedingt eines dieser Extrablätter kaufen und für Mrs. Hudson mitnehmen.
So, Watson, wie konnte ich wissen, dass der Mörder mit der Freedom Of The Sea nach Australien reisen wollte? Ganz einfach!
Sie wissen, dass ich ein sehr gutes Personengedächtnis besitze. Ich habe den Mann erkannt, der uns entführt und in den Schuppen gesperrt hat. Es war der gleiche, den ich vor Jahren an den Galgen brachte und den ich anfangs, als der Brief mit dem Gift kam, erwähnte. Da er aber eindeutig tot war, konnte der neue Gegner nicht dieselbe Person sein, es musste sich um einen Doppelgänger handeln, oder um einen ... Zwilling!“
„Ah ...“, entfuhr es mir automatisch.
„Ja genau! Die Mutter des Mannes, er hieß James
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