Sherlock Holmes Bisher unbekannte Fälle Sammelband 1
viele Fehler.“
Holmes schaute in sein leeres Glas Ale und suchte mit den Augen den Wirt, um ein Neues zu bestellen.
„Erinnern Sie sich noch daran, wie ich vor Ihnen als alter Mann verkleidet erschienen bin? Da hatte ich meinen Gang und die Haltung dem hohen Alter angepasst. Ich berücksichtige immer alle Umstände und Gegebenheiten und hatte den genialen Einfall ...“
Ich hörte nicht weiter zu und machte zur Theke das Zeichen zum Bezahlen. Mir stand der Sinn nicht nach Holmes‘ Selbstbeweihräucherung seiner Genialität. Nicht heute! Ich war müde und wollte heim.
Am nächsten Vormittag gaben wir unsere Aussage bei der Polizei ab, Lestrade war nicht da. Dann ging es ins Hospital zu unserer Wirtin. Sie hatte die Nacht gut überstanden und sich von den Strapazen erholt. Wir durften sie gleich mitnehmen. Natürlich wollte die Polizei auch ihre Aussage zu Protokoll nehmen, aber erst am Folgetag. Heute war Erholung angesagt.
Zu Hause fragte Holmes nach ihren Erlebnissen und Mrs. Hudson berichtete: „Es war ganz furchtbar und entsetzlich, lieber Mister Holmes und Mister Doctor Watson. Ich rief mir eine Droschke und fuhr zum Bahnhof, wo ich eine Fahrkarte löste und mich in den ersten Wagen setzte. Hier fühlte ich mich sicherer. Ein Mann setzte sich zu mir und als der Zug fuhr, begann er mich mit einer Pistole zu bedrohen. Er wollte mich zur Wagentür drängen, doch der Schaffner erschien. Der Mann, der Entführer, zischte mir noch zu, zu schießen, wenn ich ein falsches Wort verlöre. Er zeigte seine Fahrkarte und verlor einen Zettel. Als er mich dann auf den Gang und zur Tür nötigte, ließ ich unauffällig meinen Handschuh fallen und stieß ihn mit dem Zettel unter die Sitzbank. Ich hoffte, Sie würden meinen Weg nachverfolgen und den Zettel finden.
Am ersten Halt, in Croydon, musste ich mit dem Waffenmann aussteigen. Meine Angst stieg ins Unermessliche, das kann ich Ihnen versichern, meine Herren!“
Die arme Frau verkrampfte die Hände ineinander und atmete stoßweise, ihre Brust bebte und Ihre Wangen hatten sich gerötet.
Um die Arme nicht weiter zu belasten, kürzte Holmes ab.
„Er bestieg mit Ihnen eine wartende Kutsche und Sie fuhren wieder nach London zurück, wo er Sie in diese leere Wohnung brachte, fesselte und auf dem Bett zurückließ. Nach einer einsamen Nacht erschienen wir am Abend und retteten Sie.“
„So ist es. Und mein Hunger war sicher ebenso groß wie der Ihre“, sie schaute mich vorwurfsvoll an.
„Aber wie haben Sie mich gefunden?“
„Wir haben Ihren Weg nachverfolgt und Ihren Handschuh und die Quittung im Zug gefunden. Durch eine Idee von Watson, die ich vorher bereits verworfen hatte, konnten wir Sie aufspüren“, vereinfachte Holmes die Ereignisse. „Ich habe mein Geld wieder zurückbekommen, und Frances wird einige Jahre kein Geld mehr benötigen.“
„Ja, ich hatte meine erste falllösende Idee und ich hoffe, Holmes wird sich nun nicht zur Ruhe setzen“, sagte ich ironisch.
Mrs. Hudson verstand die Anspielung nicht und schaute mich verwundert an. Holmes lachte lauthals auf.
„Nun, wie dem auch sei, ich danke Ihnen vielmals. Sie sind meine Retter und meine liebsten Mieter. Ich werde etwas ganz Besonderes für Sie Kochen, meine Herren.“
Dies war etwas, auf das ich mich sehr freute.
Ende
Der todkranke Patient
Eines Morgens, der mich an zurückliegende Zeiten mit Holmes erinnerte, saßen wir, wie in den erwähnten früheren Zeiten, zusammen am Frühstückstisch und ließen es uns schmecken.
Vieles war inzwischen geschehen und hatte Veränderungen mitgebracht. Die früheren Zeiten wichen Einsamkeit und Trauer. Holmes hatte gegen seinen größten Widersacher kämpfen müssen, war für tot erklärt worden und wieder auferstanden. Das 20. Jahrhundert hatte Einzug gehalten und schritt immer rasanter und turbulenter voran. Wissenschaft und Technik entwickelten sich immer schneller. Elektrischer Strom, Telefon, ein Zug unter der Erde und drahtlose Telegrafie um die ganze Welt herum bestimmten mehr und mehr den Alltag und täglich kamen neue Erfindungen hinzu.
Mich hatte das Schicksal in den vergangenen Jahren rau behandelt. Erst traf mich der vermeintliche Verlust meines Freundes Holmes hart und brachte Trauer in mein Leben, dann ging meine geliebte Frau Mary nach schwerer Krankheit von mir und mehrte diese Trauer. Ich hatte ihr als Arzt nicht helfen und sie nicht retten können. Mein Herz brach entzwei. Hinzu kamen Einsamkeit, Verzweiflung und
Weitere Kostenlose Bücher