Sherlock Holmes Bisher unbekannte Fälle Sammelband 1
als Buchhalter in einer renommierten Firma, hätte wenig Stress und in seiner Familie gäbe es seines Wissens keine Erbkrankheiten.
Ich gab ihm ein anderes Mittel und empfahl eine Luftveränderung. Wenn er könnte, sollte er einmal Urlaub am Meer machen. Er bedankte sich matt und ging. Dann tauchte er längere Zeit nicht mehr in der Praxis auf, bis heute.
Es sah nicht gut aus, dass er krank war, konnte man als Blinder erkennen. Er berichtete mir, dass er nach dem zweiten Besuch in meiner Praxis tatsächlich mehrere Wochen mit seiner Frau nach Cornwall an die Südwestküste Englands gefahren sei. Genauer gesagt, nach Saint Ives, einem beschaulichen Urlaubsort direkt am Meer, in dem sich immer mehr Künstler niederlassen. Ich hatte von dem Ort gehört und wollte mir schon lange einmal mit Holmes ein paar Urlaubstage dort gönnen. Aber Holmes aus London herauszubringen, wenn es mit keinem Fall zu tun hatte, war beinahe unmöglich.
Nun, als der Herr mitsamt der Frau ins traute Heim in Kensington zurückkehrte, begannen zwei oder drei Wochen darauf erneut die Beschwerden. Jetzt plagten ihn wieder Durchfälle, Erbrechen, Mattigkeit, Appetitlosigkeit. Dass sein Haar dünn wurde, erkannte ich auch. Auf einem Handrücken und, wie er mir zeigte, auch auf der Brust, befanden sich Ekzeme, die stark nässten und nicht gut aussahen. Sie gingen einfach nicht weg, meinte er.
Solch eine hartnäckige Erkrankung, die so vage und breit gestreuteSymptome aufwies und sich so lange Zeit hinzog, war mir bisher in meiner ärztlichen Laufbahn noch nicht untergekommen. Ich vermutete nun einen Virus und verschrieb dem Mann harte Antibiotika und Diät.
„Watson, Sie werden nicht glauben, mit welch einem trivialen Anliegen man heute an mich herantrat“, empfing mich Holmes, als ich am Abend nach Hause zurückkehrte.
„Eine ältere Lady kam heute zu mir und wollte meine Dienste als Privatdetektiv in Anspruch nehmen. Sie war behangen mit Schmuck aller Art, an jedem Finger steckte ein Ring, ebenso in den Ohren. Scheußlich, sage ich Ihnen, scheußlich. Ihre Handtasche wurde gestohlen, und sie wollte mich beauftragen, diese wiederzubeschaffen. Ich, der berühmte Detektiv Sherlock Holmes!
Der Auftrag wäre ein Kinderspiel für meine Straßenjungen gewesen, wenn es sie noch gäbe und sie sich nicht in alle Winde verstreut hätten.
„Ja, Holmes.“
Ich hatte nur halb zugehört, mich beschäftigte noch immer die seltsame Krankheit des Patienten. Und natürlich ein dringendes Bedürfnis - Hunger.
„Haben Sie daran gedacht, etwas zum Abendessen für uns zu bereiten oder meinetwegen auch kommen zu lassen?“
Holmes murmelte etwas Unverständliches und ich seufzte. Es würde wieder einmal altes Brot und noch älteren Käse geben.
In den nächsten Tagen war Holmes unausstehlich. Er hatte keinen Fall und machte sich widerstrebend daran, sich dort umzusehen, wo der vermögenden Dame die Handtasche abhanden gekommen war: Im Harrods. Er fuhr mit der U-Bahn, der Underground, bis zur Station Brompton Road, die es seit knapp drei Jahren gab und lief den Rest bis zum riesigen Kaufhaus zu Fuß.
Ich hatte ihn überreden können, sich den Fall einmal anzusehen. Vielleicht hatte er Glück und fing den Dieb der Handtasche auf frischer Tat bei einem anderen Diebstahl, und vielleicht war die Handtasche noch irgendwo versteckt. Dann könnte er sie der Dame zurückgeben und eine hübsche Belohnung kassieren. Das Geld könnten wir gut gebrauchen.
Am vierten Tag kam Holmes am Abend nach mir nach Hause und sein Gesichtsausdruck schaute ein klein wenig besser aus als in den vergangenen Tagen, an denen er mir rein garnichts erzählt hatte. Ich fragte ihn, wie sein Ausflug zu Harrods und die Jagd nach der Handtasche verlaufen seien.
„Watson, das Kaufhaus ist so riesig, die Preise so hoch und die Menschen darin so viele und so wild, dass mich kein Umstand jemals wieder in dieses Gemäuer bekommen wird. Ich habe drei Tage in den Räumlichkeiten zugebracht, musste mich wegstoßen, beschimpfen, ignorieren und schief ansehen lassen. Es war einfach schrecklich und ich verstehe nicht, wie Leute voller Freude shoppen gehen können.
Eine Bande halbwüchsiger Kinder, die sich auf den Diebstahl von Handtaschen spezialisiert hatten, konnte ich beobachten. Ich gab der Polizei einen wertvollen Hinweis auf die kleinen Diebe und fand ihr Versteck. Darin befand sich auch noch die Handtasche meiner hm, äh ... Klientin. Ich brachte ihr das gute Stück zurück.
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