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Sherlock Holmes - Das ungelöste Rätsel

Titel: Sherlock Holmes - Das ungelöste Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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Sicherheit ein einheimischer Führer unter ihnen.“
    Holmes nickte nachdenklich. „Danke sehr, Madam. Aber vergeben Sie mir die Unterbrechungen, bitte fahren Sie fort.” Und Mrs Marsden berichtete weiter: „Silvester verbrachten sie damit, eng zusammengedrängt in der Hütte zu kauern und zu ihrer Unterhaltung verschiedene Märchen und Legenden, die sie auf ihren Reisen gesammelt hatten, zum Besten zu geben. Einer der katholischen Priester erzählte eine isländische Geschichte, die sich auf genau den Fluss, der draußen vorbeirauschte, bezog. Man erzählte sich nämlich, dass dessen Fluten an einem einzigen Tag im Jahr zu Wein werden würden. Da die Herren an jenem Abend nicht wenige Flaschen der berauschenden Flüssigkeit selbst getrunken hatten, war der Gedanke, dort draußen Tausende Liter Weins fließen zu sehen, mehr als nur erheiternd. Als der Abend fortschritt, entschuldigte sich William schon früh, klagte über Erkältungsbeschwerden und zog sich, dem eisigen Wind die Stirn bietend, in seine Hütte zurück, die er mit Simon teilte. Simon und seine französischen Gefährten Bernhard und Pascal wurden immer betrunkener – und schließlich begann Bernhard zu zetern, schimpfte über den Fluss, der voller Wein sein sollte, und ging schließlich mit einer leeren Flasche nach draußen zu den eisigen Wassern. Zehn Minuten später kehrte er zurück, die Flasche halb gefüllt mit Flusswasser und verschüttete einiges davon auf den Tisch.
    Die Männer trauten ihren Augen nicht, aber im Dämmerlicht der Fischöllampen schimmerte das Wasser tatsächlich in einem dunklen Rot. Pascal nahm versuchsweise einen Schluck der mysteriösen Flüssigkeit aus der Flasche – und spie es augenblicklich wieder aus. Es war kein Wein, müssen Sie wissen, es schmeckte wie Blut.“ Holmes lauschte weiterhin ruhig ihren Worten. Mrs Marsden fuhr fort: „Die Männer waren sprachlos, doch Simon verspürte eine plötzliche Vorahnung, und ohne Verzögerung begannen sie sich nach dem Wohlbefinden ihres Freundes zu erkundigen. Zu ihrem Erschrecken stellten sie fest, dass William nicht in seiner Schlafkoje lag, und wenig später fanden sie ihn mit dem Gesicht nach unten in den Fluten liegend, jenen Fluten, die rot von Blut waren.“
    „Wie entsetzlich!“, rief ich aus. „Doch warum hatte Bernhard den Leichnam nicht bemerkt, als er zum Wasserschöpfen nach draußen gegangen war?“
    „Ich verstehe es ebenso wenig wie Sie.“ Mrs Marsden seufzte. „Er wurde nie in dieser Angelegenheit befragt.“
    „Sagen Sie mir, Madam“, warf Holmes ein, „hat irgendjemand die Hütte verlassen, nachdem sich Pastor Heathley zur Nachtruhe gebettet hatte?“
    „Ja, ich glaube, dass sie es vermutlich alle getan haben, irgendwann einmal in dieser Nacht, schon allein um dem Ruf der Natur zu folgen, wenn Sie verstehen, was ich meine.“ Sie räusperte sich verlegen und fuhr dann mit ihrem Anliegen fort: „Wie auch immer. Sie nahmen einen unglückseligen Unfall an, doch Simon hegte Zweifel und kehrte rasch nach England zurück. Williams Leichnam wurde in Blöcken von Gletschereis im Bauch des Schiffes aufbewahrt, das ihn nach Hause brachte. Der Gerichtsmediziner bestätigte die Todesursache, doch letzten Endes konnte er nicht bestimmen, ob der Schlag auf den Kopf durch einen Unfall oder menschliches Eingreifen verursacht worden war. Seit seiner Rückkehr war Simon, das müssen Sie wissen, äußerst ruhig und gedrückt, als trüge er eine gewaltige Last auf seinen Schultern. Er war unfähig mit seinen Gefühlen umzugehen – und nun dies hier ...“ Mrs Marsden brach in Tränen aus, und ich tat mein Bestes, sie zu beruhigen.
    Holmes paffte indes vehement an seiner Pfeife, tief in Gedanken versunken. Schließlich sagte er: „Meine Instinkte suggerieren mir, dass auch Ihr Leben in größter Gefahr sein könnte, Madam. Ich rate Ihnen dringend an, sich von Dr. Watson nach Hause begleiten zu lassen – er wird bei Ihnen bleiben, bis ein Polizeibeamter eingetroffen ist. Sie sollten bis zum Begräbnis Ihres Sohnes am Donnerstag nicht alleine sein. Nur eine einzige Bitte hätte ich noch an Sie – überlassen Sie mir den edlen Schal. Ich verspreche Ihnen, ich werde ihn übermorgen unbeschadet zurückgeben.“
    Die alte Dame schwieg für einen Moment, dann nickte sie und händigte den wunderschönen afrikanischen Schal Holmes aus, der ihn sogleich faltete und über die Armlehne des Sessels legte.

    Ich begleitete Mrs Marsden zu ihrer Wohnung in Maida Vale und

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