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Sherlock Holmes - Das ungelöste Rätsel

Titel: Sherlock Holmes - Das ungelöste Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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herausgeschossen kam.
    Seine Schnauze war schon ergraut – trotzdem wedelte Toby wie ein junger Hund mit dem Schwanz und erkannte uns sofort.
    „Guter Junge“, sagte ich und lächelte unwillkürlich, als er mir die Hände abschleckte und ich fast nicht dazu kam, ihn ordentlich zu streicheln.
    „Sicher, dass du nicht lieber Basil mitnehmen willst, Sherlock?“, fragte Sherman derweil skeptisch. „Er ist um einiges jünger und inzwischen mein bester Bluthund.“
    „Ganz sicher.“ Holmes tätschelte unserem alten Freund die Flanke.
    Toby wusste gar nicht, zu wem er sich zuerst drehen, wen er zuerst ausführlich beschnuppern, ablecken und begrüßen sollte. „Toby mag nicht mehr der Jüngste und auch nicht mehr der Schnellste sein –
    seiner Nase vertraue ich aber noch immer bedenkenlos. Besonders wenn es um Kreosot geht.“
    Sherman zuckte mit den Schultern und hielt Holmes eine häufig gebrauchte, abgewetzte Lederleine hin. „Du musst wissen, was du willst. Bring ihn mir nur wieder heil zurück. Ich hab den alten Knaben lieb gewonnen und mich an den Gedanken gewöhnt, dass wir unseren Lebensabend gemeinsam vor dem Kamin verbringen.“
    „Aber Sie haben hier gar keinen Kamin“, gab ich nicht ohne einen Anflug von Traurigkeit zu bedenken.
    „Ich weiß“, erwiderte der alte Präparator ernst und streichelte Tobys Kopf. „Aber ich mag die Vorstellung.“
    Holmes durchbrach die kurze, drückende Stille, indem er Sherman aufrichtig versprach: „Wir werden gut auf Toby aufpassen.“

    Die Jahre hatten Tobys Geruchssinn nichts angehabt.
    Kaum dass wir vor dem Uhrturm aus der Droschke stiegen und Holmes Toby einen mit Kreosot durchtränkten Lappen unter die Nase hielt, begann der Gute zu schnüffeln und schlug auch schon bellend an.
    Weder Schnee noch Eis oder hinter ihren Schals und hochgestellten Pelzkrägen nörgelnde Passanten konnten uns aufhalten, als Toby Holmes hechelnd hinter sich herzog und ich mich beeilte, trotz meines Andenkens an Afghanistan und der Hinterlassenschaft der Gnomenklinge, nicht den Anschluss zu verlieren – und nicht von einer Droschke überfahren zu werden, was auf einer belebten Kreuzung einmal eine ziemlich knappe Angelegenheit war.
    Zwei Mal schien es außerdem, als habe Toby die Spur verloren, doch fand er sie nach ein paar Minuten hektischem Herumschnüffelns in beiden Fällen wieder. Er schnupperte meist in den Schatten der Gassen und Nebenstraßen herum, entlang von Hauswänden und Mauern. Die Gnomen hatten sich wohl wie Ungeziefer verborgen – den Rest erledigte die Geschäftigkeit eines typischen Londoner Feierabends, wo die wenigsten darauf achteten, was um sie herum geschah, einfach nur nach Hause und aus der Kälte kommen wollten.
    „Mir war klar, dass die Gnomen zu ihrem Herrn zurückkehren würden“, erklärte Holmes unterwegs. Trotz Tobys Tempo geriet der Detektiv nicht einmal ins Schnaufen. „Die Magie, die zur Erweckung eines Golems nötig ist, ist eine sehr präzise. Man formuliert Ziele, die der Golem erreichen muss. Wenn er das nicht schafft, kehrt er verwirrt zu seinem Herrn zurück und wartet auf neue Anweisungen.“
    Damit war auch klar, wieso Holmes nicht gewollt hatte, dass wir die Gnomen bei ihrem Rückzug angriffen. Der Detektiv hatte gewollt, dass die Uhrwerkkrieger entkommen und unverrichteter Dinge zu ihrem Herrn und Meister zurückkehren, damit wir ihnen zum Versteck des wahren Übeltäters folgen könnten.
    „Haben Sie eigentlich Ihren Revolver dabei, Watson?“
    „Seit dem Angriff auf Sie trage ich ihn ständig bei mir“, gestand ich etwas verlegen.
    „Ausgezeichnet. Kommen Sie, da geht’s lang. Ho, Toby, guter Junge ...“

    Als wir anhielten, hatte Holmes alle Mühe, den winselnden Toby zu halten, der mächtig an der Leine zog, bis er nur noch auf den Hinterpfoten stand und leise jaulte – unsere Spürnase wähnte sich ihrem Ziel scheinbar sehr nahe. Wir hatten inzwischen eine schmale, vereiste Promenade in der Nähe des Flusses erreicht. Kleine Ladenfronten mit beschlagenen Schaufenstern reihten sich dicht aneinander.
    Ein Schneider und ein Schuhmacher, daneben ein Barbier und ein Blumenladen. Und am Ende der Straße, fast schon mit einem Bein im so nahe am Rand zugefrorenen Fluss, ein kleines Haus, über dessen Schaufenster in großen Lettern GEPETTO’S geschrieben stand: ein Spielzeugladen. Marionetten, Puppen, Springteufel und andere Kinderträume drängten sich hinter der Glasscheibe, an der unzählige Abdrücke von Kindernasen

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