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Sherlock Holmes - Das ungelöste Rätsel

Titel: Sherlock Holmes - Das ungelöste Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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hingen in Fetzen; ihre Beine sahen übel aus. Danach versorgte ich noch zwei Handgelenke, einen Oberarm und ein blutendes Ohrläppchen. Jemand legte mir eine Hand auf die Schulter, als ich gerade den Verband um meine Wade festzog.
    „Können wir dann?“ Es war Sherlock Holmes. „Wir müssen uns beeilen, solange die Spur noch frisch ist.“
    Erst jetzt fiel mir der beißende, ätzende Gestank auf, der sich nach dem Abzug der Gnomen im Turm ausgebreitet hatte und gegen den auch der eiskalte Wind nichts tun konnte, der beständig durch die Scharten wehte.
    Ich rümpfte die Nase. „Kreosot?“, fragte ich unnötigerweise.
    Der Gestank der chemischen Mischung, die durch die Destillation von Buchenholzteer gewonnen wird, war unverkennbar. Wessen Nase ihn einmal gerochen hat, vergisst den Geruch sein Leben nicht mehr. In mir weckte der Gestank außerdem Erinnerungen an einen besonderen Fall – aber auch traurige, schmerzhafte Erinnerungen an meine Frau Mary, die erst vor zwei Jahren viel zu früh an der von ihrem Vater vererbten Herzschwäche gestorben war.
    „Ich habe doch gesagt, dass Ihnen die Sache gefallen wird“, sagte Holmes derweil und wandte sich rasch ab, als ein Schatten über mein Gesicht huschte und ich krampfhaft versuchte, das Bild meiner verstorbenen Frau aus meinen Gedanken zu verbannen. In der Tür des Uhrturms drehte sich der Detektiv noch einmal zu mir um. In seinem Blick lag eine Ahnung von Mitgefühl, aber auch Ungeduld und Tatendrang. „Kommen Sie, alter Freund?“
    Die Bewohner der zweistöckigen Backsteinhäuser in der Pinchin Lane machten sich nicht die Mühe, Schnee und Eis zu räumen. Gehwege gab es ohnehin keine, und wer jemanden in dieser Gegend aufsuchen wollte, hatte einen triftigen Grund und würde sich auch nicht vom Zustand der Straße zwischen den alten Häusern und dem bisschen Schnee und Eis abhalten lassen. Eine berechtigte Annahme, und so kämpften wir uns durch den fest gefrorenen Schnee zur Hausnummer 3, wo Holmes’ alter Freund Sherman wohnte.
    Ich hatte Sherman eine Weile nicht gesehen. Holmes ging es ähnlich, wie er sagte. Dennoch begrüßte der hagere Präparator mit der dicken, blau getönten Brille uns beide herzlich. Herzlicher jedenfalls als mich bei unserem ersten Zusammentreffen damals, als ich ohne Holmes hier aufgekreuzt war und der ältliche Sherman mir mit allerhand Sachen gedroht hatte, ehe die Erwähnung unseres gemeinsamen Freundes uns doch noch eine Basis für ein zivilisierteres Gespräch verschafft hatte.
    Auch diesmal fauchten und knurrten die üblichen Verdächtigen in den engen Käfigen, sobald man die Wohnung betreten hatte: Ein Dachs – angesichts Shermans Profession wagte ich zu bezweifeln, dass es sich um denselben handelte –, ein Marderhund, ein Fuchs, ein weißer Hermelin und ein Waschbär. Unter der Decke saßen erwartungsgemäß unzählige gefiederte Zeitgenossen. Ob Sherman noch die Blindschleiche hatte, die sich um die Käfer kümmerte?
    „Was führt dich zu mir, Sherlock?“, fragte Sherman und drohte dem Dachs mit der Faust. Mr Sherman war neben Holmes’ Bruder der Einzige, der meinen Freund beim Vornamen nannte. Ich wusste nicht genau, welche Verbindung es zwischen ihm und dem alten Präparator gab – nur, dass sie wohl sehr weit, womöglich bis in Holmes’ Jugend zurückreichte.
    „Ich würde mir gern einen alten Freund ausleihen“, sagte Holmes.
    „Wenn du ihn ein paar Stunden entbehren kannst, versteht sich.“ Sherman überlegte kurz, ehe er uns durch sein streng nach Tier, Alkohol und Chemikalien riechendes Reich führte. Wir hielten vor einem Zwinger, über den ein Holzschild angebracht war, auf dem eine schiefe 7 prangte.
    Ein freudiges Bellen begrüßte uns.
    Toby war nicht der hübscheste Hund Londons, und daran war nicht allein sein fortgeschrittenes Alter schuld. Schon früher war der langhaarige Spaniel-Lurcher-Mischling mit seinen Hängeohren und seinem weiß-braun gefleckten Fell kein ansehnliches Schoßhündchen für eine feine Dame gewesen. Niemand wäre auf die Idee gekommen, Toby auf den Arm und mit auf eine Abendgesellschaft zu nehmen. Trotzdem hatte er uns einst einen großen Dienst erwiesen, als Holmes und ich in jenem Fall ermittelt hatten, den ich unter dem Titel „Das Zeichen der Vier“ niedergeschrieben habe.
    Bevor mich die Erinnerung an Mary wieder packen konnte, beugte ich mich herab und begrüßte unseren vierbeinigen Freund, da Sherman den Zwinger geöffnet hatte und Toby wie ein pelziger Pfeil

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