Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Titel: Sherlock Holmes - Der Rote Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
wer die Tat vollbringen sollte. Als Gennaro in die Urne mit den Losen griff, sah er, wie unser Feind grausam vor sich hin lächelte. Irgendwie hatte er die Sache vorher schon so arrangiert, daß Gennaro das schicksalsschwere Los mit dem roten Kreis zog. Der Mordauftrag lag in seiner Hand. Er sollte seinen besten Freund umbringen, anderenfalls setzte er sich und mich der Rache seiner Kamera-den aus. Es war Teil ihres teuflischen Systems, daß sie diejenigen, die sie fürchteten oder haß-
    ten, mit ihren ganzen Familien verfolgten. Dieses Wissen hing über dem Haupt meines armen Mannes und brachte ihn fast um den Verstand.
    Die ganze Nacht saßen wir eng umschlungen beieinander und versuchten, uns gegenseitig Mut zu machen für die schwere Zeit, die vor uns lag. Gleich der nächste Abend war für den Anschlag vorgesehen. Um die Mittagszeit waren mein Mann und ich auf dem Weg nach Lo ndon, aber vorher hatten wir unseren Freund über die Gefahr aufgeklärt und hatten Informationen gegeben, die der Polizei nützlich sein konnten, um sein Leben in Zukunft besser zu schützen.
    Meine Herren, den Rest wissen Sie selbst. Wir waren sicher, daß unsere Feinde hinter uns her sein würden und uns folgten wie unsere eigenen Schatten. Gorgiano hatte dazu noch seine privaten Gründe, Rache zu nehmen, aber in jedem Fall wußten wir, wie gerissen, rücksichts-los und unermüdlich er vorging. Von seiner Brutalität gibt es genug Geschichten in Italien und Amerika. jetzt würde er wieder in der gleichen brutalen Weise vorgehen. Mein Liebling nutzte die paar Tage, die wir Vorsprung hatten, gut. Er arrangierte für mich einen Zufluchts-ort, wo mich keine Gefahr erreichen konnte. - Was ihn selbst betraf, wollte er sich nicht in ein Versteck zurückziehen, sondern frei sein und sich ungebunden bewegen, damit er sich sowohl mit der amerikanischen wie mit der italienischen Polizei in Verbindung setzen konnte. Ich weiß selber nicht, wo und wie er inzwischen lebte. Alle Nachricht bekam ich durch die Kummerspalten in der Zeitung. Aber als ich einmal aus dem Fens ter blickte, sah ich, daß zwei Italiener das Haus bewachten, und ich begriff, daß Gorgiano unsere Zufluchtstätte herausgefunden hatte. Schließlich ließ mich Gennaro durch die Zeitung wissen, daß er mir aus einem bestimmten Fenster in der Nachbarschaft ein Signal geben würde, aber die Signale waren, als sie schließlich kamen, nichts als Warnungen, die plötzlich unterbrochen wurden. Es war mir durchaus klar, daß Gorgiano ihm dicht auf den Fersen war, aber ich wußte auch, daß Gennaro für ihn bereit war. Und nun, meine Herren, möchte ich gerne wissen, ob wir vor dem Gesetz etwas zu befürchten haben, und ob es einen Richter in der Welt gibt, der meinen Gennaro für das verurteilt, was er getan hat. «
    »Nun, Mr. Gregson«, sagte der Amerikaner und sah zu dem Polizeiinspektor hinüber, » ich weiß nicht, wie ihr Briten darüber denkt, aber ich glaube, daß der Mann dieser jungen Frau in Amerika mit allgemeiner Anerkennung empfangen wird. «
    »Sie muß trotzdem mitkommen und meinen Chef sehen«, antwortete Gregson. »Wenn das, was sie sagt, bewiesen werden kann, dann glaube ich nicht, daß ihr Mann viel zu befürchten hat. Aber was ich überhaupt nicht verstehen kann, Mr. Holmes, ist dies, wie um alles in der Welt Sie gerade in diese Sache hineingeraten sind.«
    »Bildung, Gregson, Bildung. Suche immer noch mein Wissen an der alten Universität zu er-weitern. Na, Watson, nun haben Sie schon wieder eine Geschichte des Tragischen und Grotesken Ihrer Sammlung hinzuzufügen. Übrigens ist es noch nicht acht Uhr, und in Covent Garden wird heute Wagner gegeben! Wenn wir uns beeilen, kommen wir gerade noch zum zweiten Akt zurecht.«

    Das Abenteuer
    mit den Bruce-Partington-Plaenen

    In der dritten Novemberwoche des Jahres 1895 hatte sich dichter, gelber Nebel auf London gesenkt. Von Montag bis Donnerstag war es nicht einmal möglich, aus unserm Fenster in der Baker Street die Umrisse der gegenüberliegenden Häuser wahrzunehmen. Den ersten Tag verbrachte Holmes damit, ein neues Inhaltsverzeichnis für sein großes Nachschlagewerk an-zulegen. Den zweiten und dritten Tag beschäftigte er sich geduldig mit einem neuen Hobby, der Musik des Mittelalters. Aber als wir am vierten Tag vom Frühstückstisch aufstanden und die dicke, schmierige, braune Suppe immer noch an unserm Fenster in Schwaden vorbeizie-hen sahen, die sich in öligen Tropfen auf der Fensterscheibe absetzte, da konnte

Weitere Kostenlose Bücher