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Sherlock Holmes - Der Vampir von Sussex

Sherlock Holmes - Der Vampir von Sussex

Titel: Sherlock Holmes - Der Vampir von Sussex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Weges zu gehen. Aber ich hätte mir diesen Plan niemals selber ausgedacht. Wir machten uns einen Schlagstock - Leonardo hat ihn gemacht - und in den bleie rnen Kopf montierte er fünf lange Stahlnägel, die nach außen zeigten und den Tatzen des Löwen nachgebildet waren. Dieser sollte meinem Mann den Todesschlag geben und doch so aussehen, als wenn der Löwe ihn umgebracht hätte.
    In jener stockdunklen Nacht gingen mein Mann und ich hin, um die Tiere zu füttern, wie wir es immer machten. In einer Zinkwanne trugen wir zusammen das rohe Fleisch. Leonardo wartete auf uns bei dem großen Wagen, an dem wir vorbeigehen mußten, bevor wir den Käfig erreichten. Er war nicht schnell genug, und wir gingen an ihm vorbei, bevor er losschlagen konnte. Aber er folgte uns und ich hörte, wie er mit einem gewaltigen Schlag den Schädel meines Mannes einschlug. Mein Herz hüpfte vor Freude, als ich diesen Schlag hörte. Ich sprang zu den Käfigen und öffnete die Tür des großen Löwenkäfigs.
    Und dann passierte die schreckliche Geschichte. Es mag Ihnen bekannt sein, wie schnell diese Tiere menschliches Blut riechen und wie sehr es sie erregt. Ein seltsamer Instinkt hat dem Tier gesagt, daß ein Mensch umgebracht worden war. Ich schob die Verriegelung zur Seite und im gleichen Augenblick war er über mir. Leonardo hätte mich retten können. Er hätte vorspringen und das Biest mit dem Schlagstock bändigen können. Er hätte ihn leicht überwältigen können.
    Aber er hat die Nerven verloren. Ich hörte ihn vor Angst schreien. Und dann sah ich, wie er sich umdrehte und floh. Im selben Augenblick waren die Zähne des Löwen in meinem Gesicht. Sein heißer schrecklicher Atem hatte mich bereits vergiftet. Ich war mir der Schmerzen kaum bewußt. Mit meinen Händen versuchte ich die großen, blutverschmierten Fänge von mir fort zu schieben. Ich schrie um Hilfe. Ich war mir bewußt, daß das Lager sich regte. Dann erinnere ich mich undeutlich an die Gruppe von Menschen. Leonardo, Griggs und die anderen zogen mich unter den Tatzen des Löwen hervor. Das war das letzte, an das ich mich für viele, lange, traurige Monate erinnern konnte. Als ich wieder zu mir kam und mein Gesicht im Spiegel betrachtete, da verfluchte ich den Löwen. Oh, wie ich ihn verfluchte - nicht, weil er meine Schö nheit fortgerissen hatte, sondern weil er mir nicht gleich das Leben genommen hatte. Ich hatte nur einen Wunsch, Mr. Holmes,und ich hatte Geld genug, um mir den zu er-füllen. Ich wollte mein armes Gesicht so verstecken, daß niemand es sehen sollte. Und ich wollte wohnen, wo niemand mich finden würde. Das war alles, was mir zu tun übrig blieb -
    und das ist, was ich getan habe - das ist das Ende von Eugenia Ronder. «
    Die unglückliche Frau hatte ihre Geschichte beendet. Lange saßen wir schweigend und erschüttert da. Doch dann streckte Holmes seinen langen Arm aus und strich über ihre Hand, -
    so sanft und mit soviel Sympathie, wie ich es selten bei ihm gesehen habe.
    »Armes Mädchen!« sagte er, »armes Mädchen! Die Wege des Schicksals sind schwer zu ve rstehen. Wenn es drüben keine Kompensation dafür gibt, dann ist die Welt wirklich grausam.
    Aber was wurde aus diesem Mann, Leonardo?«
    »Ich sah und hörte nichts mehr von ihm. Vielleicht war es falsch, daß ich so bittere Gefühle gegen ihn hatte. Zwar hätte er eher die häßlichen Gestalten geliebt, die wir in unseren Vorstellungen ausstellen, als das Ding, das der Löwe aus mir gemacht hatte, aber die Liebe einer Frau erlischt nicht so schnell. Er hat mich unter den Tatzen des Löwen gelassen, er hat mich in meiner größten Not im Stich gelassen! Und doch konnte ich mich nicht aufraffen, ihn an den Galgen zu liefern. Was aus mir wurde, war mir egal. Was konnte schon schrecklicher sein, als mein Leben? Aber ich stellte mich zwischen Leonardo und sein Schicksal.«
    »Ist er tot?«
    »Er ertrank letzten Monat, als er in der Nähe von Margate badete. Ich sah seine Todesanzeige in der Zeitung.«
    »Und was wurde aus seinem Schlagstock mit den fünf Löwenkrallen, diesem genial ersonne-nen Mordwerkzeug?«
    »Das kann ich nicht sagen, Mr. Holmes. Es war eine Kalkgrube in der Nähe des Lagers, auf deren Boden ein tiefer, grüner kleiner See war ... «
    »Na ja, das tut ja auch nicht mehr viel zur Sache, jetzt. Der Fall ist geschlossen.«
    »Ja«, sagte die Frau, »der Fall ist geschlossen.«
    Wir waren aufgestanden, aber etwas in der Stimme der Frau erregte Holmes' Aufmerksamkeit. Er drehte

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