Sherlock Holmes - Der Vampir von Sussex
nichts für uns tun?«
»Ich glaube schon, Mr. Stackhurst, daß ich das kann. Kommen Sie mit mir! Sie auch, Inspektor, kommen Sie mit. Ich werde sehen, ob ich Ihnen den Mörder nicht überantworten kann. «
Den ohnmächtige Mann ließen wir in der Obhut der Haushälterin. Alle drei machten wir uns auf den Weg zu der tödlichen Lagune. Auf den Steinen lag noch ein Häufchen von Handtü-
chern und Kleidungsstücken, die der geschlagene Mann dort abgelegt hatte. Langsam ging ich am Rand des Wasser entlang, meine Kameraden im Gänsemarsch hinter mir her. An den meisten Stellen war der Badesee ziemlich flach, aber unter den Klippen, wo das Wasser den Felsen ausgehöhlt hatte, war das Wasser vier oder fünf Fuß tief. Diese Stelle würde sich der Schwimmer natürlich aussuchen, denn sie bildete einen klaren, grünschimmernden kleinen See. Am Fuße der Klippen hingen ein paar Felsbrocken über dem Wasser. Hierher führte ich meine Kameraden und starrte dabei erwartungsvoll in die Tiefe des klaren Wassers. Ich hatte die tiefste und ruhigste Stelle erreicht, als meine Augen endlich erblickten, wonach ich gesucht hatte, und ich brach in einen Schrei von Triumph aus.
»Cyanea!« rief ich. »Cyanea! Auch die Löwenmähne genannt!«
Das merkwürdige Geschöpf, auf das ich wies, sah tatsächlich wie die Mähne eines Löwen aus. Es lag auf einem flachen Felsen, etwa drei Fuß unter dem Wasser, eine merkwürdig be-bende, vibrierende, haarige Kreatur mit Streifen von Silber in den gelben Tressen. Es atmete langsam und mit großer Konzentration.
»Es hat Schaden genug angerichtet!« rief ich. »Dein letztes Stündlein hat geschlagen. Helfen Sie mir Stackhurst! Machen wir dem Mörder den Garaus.«
Ein dicker Felsbrocken lag am Rand und gemeinsam stießen wir ihn hinein. Das Wasser platschte und spritzte gewaltig auf. Als sich das Wasser wieder beruhigt hatte, sahen wir, daß der Stein auf dem felsigen Grund lag. Ein Stückchen von der flattern-den Mähne zeigte an, daß unser Opfer darunter begraben war. Eine dicke, ölige Substanz quoll unter dem Stein he rvor und stieg langsam an die Oberfläche.
»Liebe Zeit, sowas habe ich noch nie gesehen«, rief der In-spektor. »Was ist es, Mr. Holmes.
Ich bin in diesem Teil der Welt geboren und aufgewachsen, aber so ein Ding habe ich noch nie gesehen. Es gehört nicht nach Sussex. «
»Um so besser für Sussex«, bemerkte ich. »Vielleicht hat ihn der Südwestwind hereingebla-sen. Kommen Sie beide mit zu meinem Haus und ich werde Ihnen die schrecklichen Erfahrun- gen von einem weitergeben, der guten Grund hatte, sich an diese Begegnungen mit den Gefahren der See zu erinnern. «
Als wir wieder in meinem Arbeitszimmer anlangten, war Murdoch soweit wieder hergestellt, daß er aufrecht sitzen konnte. Sein Geist war noch umnebelt und ab und zu überfiel ihn ein Anfall von Schmerz. In gebrochenen Worten erklärte er, daß er keine Ahnung davon hätte, was ihn befallen hätte, nur, daß plötzlich furchtbare Stöße durch ihn hindurchgefahren seien.
Es hätte ihn alle Kraft gekostet, wieder an den Strand zu gelangen.
»Hier ist das Buch«, sagte ich und nahm das kleine Buch auf. »Es hat zuerst Licht gebracht in etwas, was leicht für immer im dunkeln hätte bleiben können. Es nennt sich >Draußen vor der Tün, von dem berühmten Naturbeobachter J. G. Wood. Wood selber ist beinahe umgekom-men im Kontakt mit dieser entsetzlichen Kreatur. Und so konnte er seinen Bericht mit dem vollen Wissen der eigenen Erfahrung schreiben. Cyanea capillata ist der volle Name dieser scheußlichen Kreatur und er kann jedem lebend igen Wesen so gefährlich werden und ist viel schmerzhafter als der Biß einer Kobra. Lassen Sie mich die wichtigsten Stellen vorlesen:
>Wenn der Badende eine lose, rundliche Masse von gelblichen Membranen und Fäden sehen sollte, die ihn an eine große Handvo ll aus der Mähne eines Löwen erinnern, durchwirkt mit Silberpapier, dann soll er sich ja in acht nehmen, denn es handelt sich um den gefährlichen Cyanea capillata.< Hätte unser bösartiger Bekannter besser und klarer beschrieben werden können?
Der Schreiber fährt dann fort, seine eigene Geschichte zu erzählen, als er eines Tages an der Küste von Kent geschwommen ist. Er hat herausgefunden, daß diese Kreatur in einem Radius von etwa fünfzig Fuß fast unsichtbar um sein Opfer herumschwimmt und jeder, der in diesen gefährlichen Kreis hineingeraten ist, in Todesgefahr ist. Selbst in der Entfernung war dieses Biest
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