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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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wiedererlangt hatten, war die Bestie schon an unserem Versteck vorübergesprungen. Dann feuerten Holmes und ich gleichzeitig, und ein schauerliches Geheul bewies uns, dass wenigstens einer von uns getroffen haben musste. Doch ließ der Hund sich durch die Verwundung nicht aufhalten, sondern jagte mit unverminderter Schnelligkeit weiter. In ziemlich weiter Entfernung sahen wir Sir Henry auf dem Weg stehen; er sah mit kreideweißem Antlitz, dessen Blässe durch den voll darauf fallenden Mondschein noch mehr hervorgehoben wurde, sich um; die Hände hatte er voller Entsetzen emporgeworfen und hilflos starrte er auf das grausige Ungeheuer, das auf ihn losgesprungen kam.
    Aber das Schmerzgeheul des Hundes benahm uns alle Furcht. Wenn er verwundbar war, dann war er ein Erdengeschöpf, und wenn wir ihn verwunden konnten, dann konnten wir ihn auch töten. Niemals habe ich einen Menschen rennen sehen, wie Sherlock Holmes in diesem entscheidenden Augenblick rannte. Ich gelte für einen schnellen Läufer, aber ich blieb weit hinter meinem Freund zurück, und in gleicher Entfernung hinter mir folgte erst der kleine Londoner Detektiv. Vor uns hörten wir Schrei auf Schrei, die gellenden Angstrufe des Baronets und dazwischen das tiefe Gebell des Hundes. Ich sah, wie die Bestie auf ihr Opfer lossprang, Sir Henry zu Boden warf und ihm an die Kehle fuhr. Im nächsten Augenblick aber hatte Holmes fünf Kugeln seines Revolvers dem Tier in die Flanke gejagt. Mit einem letzten Todesgeheul und noch einmal wild um sich beißend rollte der Hund auf den Rücken; die vier Beine fuhren noch ein paar Mal durch die Luft, dann fiel er auf die Seite und lag regungslos da. Keuchend sprang ich an das Tier heran und hielt den Lauf meines Revolvers an den fürchterlichen feuerumlohten Kopf; aber ich brauchte nicht mehr abzudrücken. Der Riesenhund war tot.
    Sir Henry lag bewusstlos auf der Stelle, wo er umgesunken war. Wir rissen ihm den Kragen auf, und Holmes gab ein Stoßgebet der Dankbarkeit von sich, als wir sahen, dass keine Wunde vorhanden und dass unsere Hilfe noch zur rechten Zeit gekommen war. Bald bewegten sich zuckend die Augenlider unseres Freundes, und er machte einen schwachen Versuch, sich zu bewegen. Lestrade schob dem Baronet seine Branntweinflasche zwischen die Zähne – und dann sahen zwei ängstliche Augen uns an.
    »Mein Gott!«, flüsterte Sir Henry. »Was war das? Um des Himmels willen – was war es?«
    »Was es auch gewesen sein mag, es ist tot«, antwortete Holmes. »Wir haben dem Familiengespenst für ewige Zeiten den Garaus gemacht!«
    Das Tier, das da zu unseren Füßen hingestreckt lag, war schon durch seine Größe und Stärke eine fürchterliche Bestie. Es war kein reinrassiger Bluthund und auch keine reine Dogge, sondern schien aus einer Kreuzung hervorgegangen zu sein – ein zottiges, dürres Geschöpf von der Größe einer kleinen Löwin. Noch jetzt, wo es tot war, schien von den gewaltigen Kinnladen ein bläuliches Feuer zu triefen, und die tiefliegenden, grausamen kleinen Augen waren von Flammenringen umgeben. Und als ich mit meinen Händen das furchtbare Maul auseinanderriss, da schimmerten auch meine Finger feurig in der Dunkelheit.
    »Phosphor!«, rief ich.
    »Ja, ein Phosphorpräparat – und ein sehr geschickt hergerichtetes!«, sagte Holmes, der sich niedergebeugt hatte und den Kopf des toten Tieres beroch. »Es ist eine geruchlose Lösung, durch die der Spürsinn des Tieres nicht beeinträchtigt werden konnte. – Wir müssen Sie von ganzem Herzen um Verzeihung bitten, Sir Henry, dass wir Sie der Gefahr eines so furchtbaren Schrecks ausgesetzt haben. Ich war auf einen Hund gefasst – aber nicht auf eine Bestie wie diese hier. Und infolge des Nebels hatten wir nur einen ganz geringen Augenblick Zeit, um sie mit mehreren Schüssen zu empfangen.«
    »Sie haben mir das Leben gerettet!«
    »Nachdem ich es erst in Gefahr gebracht hatte. Sind Sie kräftig genug, um sich auf Ihren Füßen halten zu können?«
    »Lassen Sie mich noch einen Schluck Branntwein zu mir nehmen, und ich bin zu allem bereit. – So! Wollen Sie mir jetzt bitte aufhelfen? Was gedenken Sie jetzt zunächst zu tun?«
    »Sie hier zu lassen. Sie sind nicht imstande, in dieser Nacht noch mehr Abenteuer durchzumachen. Wenn Sie auf unsere Rückkunft warten wollen, kann einer von uns Sie zum Schloss bringen.«
    Sir Henry versuchte sich aufrecht zu halten; aber er war noch immer leichenblass und zitterte an allen Gliedern. Wir führten ihn zu einem

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