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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Richtig ist’s, weiß Gott! Ich fing als Schiffszimmermann an.«
    »Das sehe ich Ihren Händen an, mein werter Herr; die rechte Hand ist weit größer als die linke. Da Sie mit jener arbeiteten, hat sich deren Muskulatur viel kräftiger entwickelt.«
    »Gut – aber das Schnupfen und die Freimaurerei?«
    »Ich traue Ihnen so viel Scharfsinn zu, Mr Wilson, dass Sie erraten, woraus ich das entnehme – besonders, weil Sie, wohl etwas gegen die strengen Statuten Ihres Ordens, Bogen und Kompass als Busennadel tragen.«
    »Ja, allerdings, das hatte ich vergessen. Und die Schreiberei?«
    »Auf was lässt sonst hier rechts diese fünf Zoll lange, durchgeriebene Falte schließen und der glänzende Fleck am Ellenbogen – da wo der Arm auf dem Pult ruht?«
    »Auch gut – aber China?«
    »Nur in China konnte der Fisch dort über Ihrem rechten Handgelenk eingeätzt werden. Ich beschäftigte mich etwas mit tätowierten Zeichen, bereicherte sogar die Literatur hierüber; weiß also, dass die Kunst, die Fischschuppen so zart rötlich zu färben, speziell chinesisch ist. Sehe ich obendrein eine chinesische Münze an Ihrer Uhrkette, so ist die Sache noch einfacher.«
    Jabez Wilson lachte laut: »Alle Wetter!«, rief er aus. »Erst glaubte ich, Sie verstünden Wunder was – jetzt sehe ich, dass schließlich blutwenig daran ist.«
    »Allmählich komme ich dahinter, Watson, dass ich ein Tor bin mit meinen Erklärungen. Du weißt: ›Omne ignotum pro magnifico‹ und mein bisschen Ruf geht in die Brüche, wenn ich zu aufrichtig bin. – Sie können wohl die Anzeige nicht finden, Mr Wilson?«
    »Ja, jetzt habe ich sie«, erwiderte der Gefragte und legte seinen dicken, roten Finger mitten auf die Spalte. »Da steht’s – damit fing die ganze Geschichte an. Lesen Sie bitte selbst, Herr Doktor.«
    Ich nahm das Blatt und las folgendes:
    »An den Bund der Rothaarigen. Zufolge des Vermächtnisses des verstorbenen Ezekiah Hopkins von Libanon, Pennsylvania, ist wieder eine Stelle zu besetzen, die ein Mitglied des Bundes zu einer Einnahme von vier Pfund wöchentlich berechtigt gegen rein nominelle Leistungen. Alle an Leib und Seele gesunden Rothaarigen, die das einundzwanzigste Jahr zurückgelegt haben, können sich bewerben – Persönliche Anmeldung Montag um 11 Uhr bei Duncan Ross, im Bundeslokal, Popes Court, 7 Fleet Street.«
    »Was in aller Welt soll das heißen?«, rief ich aus, nachdem ich die sonderbare Anzeige zweimal durchgelesen hatte.
    Holmes wälzte sich förmlich vor Lachen auf seinem Stuhl, wie er es immer tat, wenn er guter Laune war.
    »Nicht wahr, das ist absonderlich?«, rief er. »Und nun, Mr Wilson, legen Sie los und erzählen Sie uns von sich, Ihrem Haushalt und von der Wirkung dieser Zeilen auf Ihr Lebensglück. – Sie, Doktor, notieren bitte Namen und Nummer der Zeitung.«
    »Es ist der ›Morning Chronicle‹ vom 27. April 1890. Das Blatt erschien genau vor zwei Monaten.«
    »Gut. Bitte, fangen Sie an, Mr Wilson.«
    »Also«, sprach Jabez Wilson, sich die Stirn trocknend, »wie ich Ihnen schon sagte, Mr Holmes – ich bin Inhaber einer kleinen Trödelbude am Coburg Square, unweit der City. Ein sehr bedeutendes Geschäft ist’s nicht, und in den letzten Jahren warf es nur so viel ab wie ich zum Leben brauchte. Früher konnte ich zwei Gehilfen halten, jetzt aber habe ich nur einen, und es würde mir sauer werden, den zu bezahlen, wenn er nicht freiwillig für halben Lohn arbeitete, weil er das Geschäft erlernen will.«
    »Wie heißt dieser gefällige Jüngling?«, fragte Holmes.
    »Er heißt Vincent Spaulding und ist gerade kein Jüngling mehr. Sein Alter lässt sich schwer bestimmen. Einen gewandteren Gehilfen kann ich mir gar nicht wünschen, Mr Holmes. Ich weiß wohl, dass er leicht eine bessere Stellung finden und doppelt so viel verdienen könnte als ich ihm gebe. Da er aber zufrieden ist, weshalb sollte ich ihm einen Floh ins Ohr setzen?«
    »Ja, allerdings weshalb? Sie können sich glücklich schätzen, einen Angestellten mit geringen Ansprüchen zu haben. Heutzutage kommt das im Geschäftsleben nicht oft vor. Mir scheint Ihr Gehilfe kaum weniger absonderlich zu sein als Ihre Anzeige.«
    »Nun, er hat auch seine Fehler«, meinte Wilson. »Er ist ganz versessen auf das Fotografieren. Auf einmal geht er mit seinem Apparat davon, lässt die Arbeit im Stich und verkriecht sich im Keller wie ein Karnickel in seinem Loch, um die Aufnahmen zu entwickeln. Das ist sein Hauptfehler, sonst ist er ein tüchtiger

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