Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
Vom Netzwerk:
Irene war sofort zur Stelle, und ich überzeugte mich mit einem raschen Seitenblick, dass sie wirklich ein Bild erfasst hatte. Als ich dann rief, es wäre alles nur ein falscher Lärm gewesen, legte sie es wieder zurück, besah sich die Rakete und eilte aus dem Zimmer. Nachher habe ich sie nicht wieder gesehen. Ich stand auf und machte mich mit vielen Entschuldigungen aus dem Staub. Ich zögerte allerdings, ob ich nicht schnell die Fotografie in meinen Besitz bringen sollte, doch der Kutscher war hereingekommen und ließ mich nicht aus den Augen. So hielt ich es denn für besser, zu warten, da eine kleine Überstürzung alles verderben konnte.«
    »Und jetzt?«, fragte ich.
    »Ja, eigentlich bleibt kaum noch etwas zu tun. Morgen früh statte ich mit dem Fürsten einen Besuch ab, und falls Sie Lust haben, können Sie uns begleiten. Wir werden dann ersucht werden, im Wohnzimmer auf die Dame zu warten, aber ob sie uns oder die Fotografie bei ihrem Erscheinen noch vorfindet, ist fraglich. Vielleicht bereitet es Seiner Hoheit eine besondere Genugtuung, das Bild mit eigener Hand wiederzugewinnen.«
    »Wann soll der Besuch stattfinden?«
    »Morgens acht Uhr. Dann wird die Dame noch nicht aufgestanden sein, und wir haben freie Bahn. Wir müssen natürlich pünktlich sein, da man nicht wissen kann, welche Veränderungen diese Heirat in ihrem Leben und ihren Gewohnheiten hervorruft. Ich werde sofort den Fürsten benachrichtigen.«
    Während unseres Gesprächs hatten wir die Baker Street erreicht und standen vor der Haustür. Er suchte in der Tasche nach dem Schlüssel, als ihm ein Vorübergehender zurief: »Gute Nacht, Mr Holmes!« Das Trottoir war um diese Zeit ziemlich belebt, doch der Gruß schien von einem jungen Menschen in einem faltigen Überrock herzurühren, der eilig vorwärtsschritt.
    »Die Stimme habe ich schon irgendwo gehört«, sagte Holmes, die schwach erleuchtete Straße hinunterblickend. »Wer, zum Teufel, mag das gewesen sein?«
III.
    Ich schlief diese Nacht in der Baker Street, und wir nahmen am anderen Morgen eben unser Frühstück ein, als der Fürst hereinstürmte. »Sie haben es wirklich?«, rief er, Holmes bei den Schultern packend und ihm gespannt ins Gesicht sehend.
    »Bis jetzt noch nicht.«
    »Aber Sie haben doch Hoffnung?«
    »Die habe ich.«
    »Dann, bitte, kommen Sie – ich vergehe vor Ungeduld.«
    »Wir müssen erst einen Wagen holen lassen.«
    »Mein Brougham hält vor der Tür.«
    »Umso besser.« Wir stiegen ein, und fort ging es nach Briony Lodge.
    »Irene Adler ist verheiratet«, bemerkte Holmes.
    »Verheiratet? Seit wann?«
    »Seit gestern.«
    »Und mit wem?«
    »Mit einem englischen Rechtsanwalt namens Norton.«
    »Wirklich? Nun, lieben kann sie ihn jedenfalls nicht.«
    »Und doch wäre das im Interesse Eurer Hoheit nur zu wünschen.«
    »Aber aus welchem Grund?«
    »Weil das Euer Hoheit vor jeder späteren Unannehmlichkeit sichern würde. Falls die Dame ihren Gatten liebt, liebt sie nicht Euer Hoheit. Und liebt sie Euer Hoheit nicht, warum sollte sie dann Dero Zukunftspläne zerstören wollen?«
    »Sehr richtig! Und dennoch – ach, ich wünschte, sie wäre mir ebenbürtig —, welch eine Fürstin wäre sie gewesen!« Er versank in nachdenkliches Schweigen, das auch bis zu unserem Ziel nicht unterbrochen wurde. Die Haustür von Briony Lodge war weit geöffnet, auf der Schwelle stand eine ältliche Frau. Sie verfolgte unser Aussteigen mit wahrhaft sardonischem Lächeln.
    »Mr Sherlock Holmes, nicht wahr?«, fragte sie.
    Mein Freund warf ihr einen fragenden, ja bestürzten Blick zu. »Allerdings, ich bin Mr Holmes.«
    »Wirklich! Meine Herrin hat mich schon auf Ihr wahrscheinliches Kommen vorbereitet. Sie ist heute früh in Begleitung ihres Gatten mit dem 5.15-Uhr-Zug von Charing Cross in Richtung Kontinent abgereist.«
    »Was?« Bleich bis in die Lippen fuhr Sherlock Holmes zurück. »Wollen Sie damit sagen, dass sie England verlassen hat?«
    »Ja, für immer.«
    »Und die Papiere?«, fragte der Fürst heiser. »Also alles verloren?«
    »Wir müssen zusehen.« Er schob die Dienerin zur Seite und eilte ins Zimmer, der Fürst und ich folgten ihm auf dem Fuß. Die Möbel standen verschoben und unordentlich im Zimmer umher, die offenstehenden Schränke und Schubladen schienen vor der plötzlichen Abreise noch schnell durchwühlt und teilweise geleert zu sein. Holmes flog zum Glockenzug, schob ein kleines Türchen in der Täfelung zurück und zog eine Fotografie und einen Brief aus der

Weitere Kostenlose Bücher