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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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diesem Zweck dreißigtausend Napoleons von der Bank von Frankreich. Es ist bekannt geworden, dass wir nachher nicht nötig hatten, das Geld auszupacken, und dass es noch immer in unserem Keller ruht. Der Korb, auf dem ich sitze, enthält zweitausend Napoleons, die zwischen Stanniolpapier liegen. Unser Vorrat an ungemünztem Geld ist augenblicklich weit größer als er sonst auf einer einzelnen Filiale aufbewahrt wird, und den Direktoren war nicht mehr recht wohl bei der Sache.«
    »Was freilich sehr begreiflich ist«, bemerkte Holmes. »Doch nun ist’s Zeit, unsere kleinen Rollen zu verteilen. Ich erwarte, dass sich die Dinge innerhalb der nächsten Stunde abspielen. Inzwischen, Mr Merryweather, müssen wir den Verschluss über die Blendlaterne ziehen.«
    »Und im Dunkeln sitzen?«
    »Ich fürchte ja. Ich habe ein Spiel Karten in die Tasche gesteckt, weil ich dachte, da wir zu viert sind, könnten Sie schließlich doch zu Ihrem Spielchen kommen. Aber ich sehe leider, dass die Vorbereitungen des Feindes bereits so weit gediehen sind, dass wir nicht wagen dürfen, Licht zu zeigen. Vor allem gilt es, unsere Stellungen zu wählen. Wir haben es mit waghalsigen Leuten zu tun, und packen wir sie auch in einer für sie nachteiligen Lage, könnten sie uns doch gefährlich werden, wenn wir nicht vorsichtig sind. Ich stelle mich hinter diesen Korb, verbergen Sie sich hinter jenem. Wenn ich dann den Lichtstrahl auf den Feind werfe, greifen Sie schnell ein; geben Sie Feuer, und auch Sie, Watson, machen Sie sich kein Gewissen daraus, sie niederzuschießen.«
    Ich legte meinen Revolver mit gezogenem Hahn oben auf die Holzkiste, hinter die ich kroch. Holmes zog den Schieber der Laterne herunter, und es wurde stockfinster – eine so totale Finsternis habe ich nie zuvor erlebt. Der Geruch des heißen Metalls allein überzeugte uns, dass noch Licht da sei und im rechten Augenblick erscheinen konnte. Meine Nerven waren durch die Erwartung so aufgeregt, dass mich das plötzliche Dunkel und die kalte, feuchte Kellerluft förmlich niederdrückten und beängstigten.
    »Es bleibt den Gaunern nur ein Ausweg«, flüsterte Holmes; »nämlich zurück durch das Haus im Saxe Coburg Square. Hoffentlich haben Sie getan, um was ich Sie bat, Jones.«
    »Ich habe einen Inspektor und zwei Offiziere an die Haupttür postiert.«
    »So sind denn alle Löcher verstopft. Und nun gilt es zu schweigen und zu warten.«
    Welche Ewigkeit! Nachher zeigte es sich, dass wir nur fünf viertel Stunden gewartet hatten, und doch schien es mir, die Nacht müsse ziemlich vorüber sein und die Dämmerung über uns anbrechen. Meine Glieder waren steif und müde: Ich wagte es nicht, mich zu rühren, meine Nerven spannten sich mehr und mehr an, mein Gehör schärfte sich so, dass ich nicht allein das ruhige Atmen meiner Gefährten vernahm, sondern sogar die tieferen, schweren Atemzüge des dicken Jones von dem leisen Gestöhn des Bankdirektors zu unterscheiden vermochte. Von meinem Platz aus konnte ich über die Kiste hinweg auf die Steine am Boden sehen. Plötzlich gewahrte ich einen winzigen Lichtstreifen.
    Erst zeigte sich nur ein fahler Schein auf den Steinfliesen; bald verlängerte sich dieser zu einem gelben Streifen, und ohne jeglichen Laut oder sonstiges Vorzeichen öffnete sich ein Spalt. Eine Hand erschien – eine zarte, weiße Hand, fast eine Frauenhand, die im Zentrum des kleinen Lichtkreises umhertastete. Etwa eine Minute lang ragte die Hand mit den suchenden Fingern aus dem Boden hervor. Dann verschwand sie plötzlich, wie sie erschienen, und es wurde wieder finster bis auf den einzigen fahlen Streifen, der die Spalte zwischen den Steinen verriet. Einen Moment war alles still. Jetzt erfolgte ein harter Stoß, eine Steinplatte hob sich und kippte um, und aus dem gähnenden Loch im Boden strömte das Licht einer Laterne. Ein scharfgeschnittenes, knabenhaftes Gesicht erschien in der Öffnung und blickte spähend umher; dann fassten zwei Hände an den Rand der Öffnung, herauf schwang sich ein Oberkörper, und im Nu kniete eine Gestalt am Boden. Rasch richtete sich der Mann auf und zog einen Gefährten nach – schmal und schmächtig wie er selber, mit einem blassen Gesicht und einer Fülle roten Haares.
    »Alles klar«, flüsterte der erste. »Hast du den Meißel und die Säcke? – Himmel und Hölle! Lauf Archie, lauf – ich lass mich an deiner Stelle hängen!«
    Sherlock Holmes war hervorgesprungen und hatte den Einbrecher am Kragen gepackt. Der andere

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