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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Brierbrae.«
    »Ich kenne ihn schon seit geraumer Zeit«, sagte ich, »und weiß, dass er nichts ohne guten Grund tut.«
    Unsere Unterhaltung drehte sich nun um andere Dinge. Phelps fühlte sich recht schwach nach der langen Krankheit, und sein Missgeschick machte ihn reizbar und ungeduldig. Vergebens bemühte ich mich, ihn für meine Erlebnisse in Afghanistan und Indien zu interessieren oder allerlei soziale Fragen mit ihm zu besprechen. Er ließ sich nicht zerstreuen und auf andere Gedanken bringen, sondern kam immer wieder auf den gestohlenen Vertrag zurück. Was wohl Holmes täte, welche Maßregeln Lord Holdhurst ergreifen werde, was uns der nächste Morgen bringen könne – diese und ähnliche Fragen beschäftigten ihn ohne Unterlass. Im weiteren Verlauf des Abends nahm seine Erregung in peinlichstem Grade zu.
    »Du meinst also, man kann sich fest auf Holmes verlassen?«, fragte er.
    »Ich habe schon merkwürdige Dinge mit ihm erlebt.«
    »Aber er hat doch wohl noch nie ein so dunkles Geheimnis enträtselt?«
    »Oh ja, er hat schon Fälle aufgeklärt, die noch weniger Anhaltspunkte boten als der deinige.«
    »Aber so wichtige Interessen standen wohl nicht auf dem Spiel?«
    »Vielleicht doch. Ich weiß, dass er für drei regierende europäische Herrscherhäuser in sehr verwickelten Sachen tätig war.«
    »Also du kennst ihn genau, Watson? Er hat ein so unergründliches Wesen, dass man nie weiß, wie man mit ihm dran ist. Glaubst du, dass er die Aussichten für gut hält? Hofft er wohl auf Erfolg?«
    »Er hat nichts darüber gesagt.«
    »Das ist ein schlechtes Zeichen.«
    »Im Gegenteil, meistens gesteht er es offen ein, falls er die Spur verliert. Am schweigsamsten ist er, wenn er eine Fährte gefunden hat und noch zweifelt, ob es auch die rechte sein wird. Aber glaub mir, alter Junge, es nützt nichts, sich über eine Sache aufzuregen, ich bitte dich dringend, jetzt zu Bett zu gehen, damit du ganz bei Kräften bist für alles, was morgen kommen kann.«
    Es gelang mir endlich, ihn zu überreden, dass er meinem Rat folgte, obgleich ich wusste, er würde bei seinen erregten Nerven kaum Schlaf finden können. Sein Zustand war sogar ansteckend, denn auch ich wälzte mich die halbe Nacht ruhelos umher und brütete über dem seltsamen Problem. Wozu war Holmes in Woking geblieben? Warum hatte er Miss Harrison gebeten, den ganzen Tag über das Krankenzimmer nicht zu verlassen? Weshalb war ihm so viel daran gelegen, dass man in Brierbrae nichts von seiner Anwesenheit wusste? – Ich zermarterte mein Hirn, bis ich endlich über dem Bemühen eine Erklärung zu finden, welche Antwort auf alle diese Fragen gab, in Schlaf versank.
    Es war sieben Uhr, als ich erwachte, und ich eilte sofort zu Phelps, den ich sehr matt und angegriffen fand nach der durchwachten Nacht. Seine erste Frage war, ob Holmes schon da sei.
    »Er wird zu der versprochenen Zeit kommen«, sagte ich, »keinen Augenblick früher oder später.«
    Was ich behauptete, ging in Erfüllung, denn kurz nach acht Uhr kam eine Droschke rasch vorgefahren, und mein Freund stieg aus. Am Fenster stehend bemerkten wir, dass seine linke Hand verbunden war, auch sah er sehr bleich und ernsthaft aus. Er trat ins Haus, doch dauerte es eine Weile, bis er die Treppe heraufkam.
    »Ganz wie ein Besiegter«, klagte Phelps.
    Ich musste ihm recht geben. »Wahrscheinlich werden wir doch noch suchen müssen, die Sache hier in der Stadt zu erforschen«, äußerte ich. Phelps seufzte schwer.
    »Ich weiß nicht, weshalb«, sagte er, »aber ich hatte so große Hoffnungen in seine Rückkehr gesetzt. Übrigens trug er gestern die Hand noch nicht in der Binde. Es muss also etwas geschehen sein.«
    »Sie sind doch nicht verwundet, Holmes?«, fragte ich, als mein Freund eintrat.
    »Unsinn – nur eine Schramme; meine eigene Ungeschicklichkeit ist schuld daran«, versetzte er und nickte uns seinen Morgengruß zu. »Das muss ich sagen, Mr Phelps, Ihre Sache ist eine der dunkelsten, die ich je unter den Händen gehabt habe.«
    »Ich fürchtete gleich, sie würde über Ihre Kräfte gehen.«
    »Jedenfalls ein merkwürdiges Erlebnis.«
    »Ihre Binde lässt auf ein Abenteuer schließen. Wollen Sie uns nicht sagen, was Ihnen zugestoßen ist?«
    »Nach dem Frühstück, mein lieber Watson. Vergessen Sie nicht, dass ich heute früh schon dreißig Meilen weit durch die frische Luft von Surrey gefahren bin. Ist etwa eine Antwort auf meine Droschken-Anzeige gekommen? – Nein? – Nun, man kann auch nicht

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