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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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mit größter Bestimmtheit voraussagen, dass man niemals auch nur die geringste Spur einer Verbindung zwischen dem sauberen Herrn, an dessen Vorderzähnen ich mir die Knöchel blutig geschlagen habe, und dem obskuren Mathematikus entdecken wird, der jedenfalls ein paar Stunden weit davon ruhig seine Aufgaben an der schwarzen Tafel ausrechnet. Sie werden jetzt begreifen, Watson, warum es mein Erstes nach meinem Eintreffen bei Ihnen war, Ihre Läden zu schließen, und warum ich Sie bitten musste, Ihr Haus anstatt durch die vordere Tür auf einem minder auffälligen Weg verlassen zu dürfen.«
    »Sie bleiben die Nacht hier?«
    »Nein, mein Lieber, diese Gastfreundschaft könnte Ihnen gefährlich werden. Ich bin über mein Verhalten mit mir im Reinen, und es wird alles gut ablaufen. Die Angelegenheit ist so weit gefördert, dass sie ohne meine Mitwirkung ihren Fortgang nehmen kann, soweit die Rechtswirkung des ergangenen Gerichtsbeschlusses reicht; erst zur Beweisaufnahme ist mein persönliches Erscheinen erforderlich. Ich kann also offenbar nichts Vernünftigeres tun, als für die paar Tage zu verreisen, bis die Polizei vollends freie Hand hat. Es wäre mir deshalb äußerst angenehm, wenn Sie mich auf den Kontinent begleiten könnten.«
    »Meine Praxis macht mir eben nicht viel zu tun«, versetzte ich, »und mein Nachbar ist gerne bereit, meine Stellvertretung zu übernehmen. Ich würde mit Vergnügen mitgehen.«
    »Und gleich morgen früh abreisen?«
    »Wenn es sein muss, auch das.«
    »O ja, das ist durchaus notwendig. Und somit gebe ich Ihnen Ihre Weisungen, die ich Sie bitten muss, mein lieber Watson, ganz wortgetreu zu befolgen, denn Sie sind jetzt mein Partner in meinem Spiel gegen den abgefeimtesten Schurken und die mächtigste Verbrecherbande von ganz Europa. Also merken Sie wohl auf! Ihr sämtliches Reisegepäck schicken Sie noch heute Abend ohne Adresse durch einen zuverlässigen Boten zur Victoria Station. Morgen früh verschaffen Sie sich eine Droschke, machen jedoch dem, der sie holt, strengstens zur Pflicht, weder die erste noch die zweite zu nehmen, die ihm begegnet. In dieser Droschke fahren Sie zum Strandende der Lowther-Arkaden. Das Ziel der Fahrt schreiben Sie auf ein Zettelchen und stecken dieses dem Kutscher mit dem gemessenen Befehl zu, solches unter keinen Umständen wegzuwerfen. Das Fahrgeld halten Sie bereit, und sobald Sie an Ort und Stelle sind, begeben Sie sich schleunigst zur anderen Seite der Arkaden, sodass Sie unfehlbar ein viertel nach neun dort sind. Dicht bei dem Zaun werden Sie einen kleinen Brougham finden, dessen Kutscher einen schweren schwarzen Mantel mit rot ausgeschlagenem Kragen trägt. In diesen Wagen steigen Sie ein. Derselbe wird Sie gerade noch recht zum Abgang des Kontinentexpresszuges zur Victoria Station bringen.«
    »Wo werde ich Sie treffen?«
    »Auf dem Bahnhof. Der zweite Wagen erster Klasse von vorne wird für uns belegt sein.«
    »Im Wagen selbst geben wir uns also das Stelldichein?«
    »Jawohl.«
    Vergeblich bat ich Holmes nochmals, den Abend bei mir zu verbringen. Offenbar war er überzeugt, dass seine Anwesenheit dem Dach, unter dem er weilte, Gefahr bringen könnte, und deshalb ließ er sich um keinen Preis halten. Mit einigen eiligen Bemerkungen betreffs unserer Reisepläne für den nächsten Tag erhob er sich und ließ sich von mir in den Garten geleiten. Dort kletterte er über die Mauer zur Mortimer Street hinaus und pfiff augenblicklich eine Droschke herbei, in der ich ihn dann wegfahren hörte.
    Mein Verhalten am nächsten Morgen richtete ich wortgetreu nach Holmes’ Weisungen ein. Bei der Beschaffung einer Droschke wurde jede mögliche Vorsicht beobachtet, und sofort nach dem Frühstück fuhr ich nach den Lowther-Arkaden, wo ich in möglichster Eile dem andern Ausgang zustrebte. Dort stand in der Tat der Brougham mit dem sehr wohlbeleibten Kutscher in dunklem Mantel, der, sobald ich eingestiegen war, mit mir der Victoria Station zusauste. Nachdem ich dort ausgestiegen, drehte er sogleich um und verschwand eiligst, ohne auch nur nach mir umzuschauen. So weit war alles vortrefflich gegangen. Mein Gepäck harrte meiner, und den von Holmes bezeichneten Wagen fand ich umso leichter als sonst keiner den Vermerk ›Belegt‹ trug. Das Einzige, was mir jetzt noch Sorgen machte, war, dass Holmes nicht erschien. Nach der Bahnuhr fehlten nur noch sieben Minuten bis zur Abfahrtszeit unseres Zuges. Umsonst suchte ich unter den Reisenden, die sich auf dem Bahnsteig

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