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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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genügte, nachdem ich ihm bereits so dicht auf den Fersen saß. Jetzt hatte ich gewonnenes Spiel. Auf jenem Punkt fußend habe ich ihm ein Netz über den Kopf geworfen, und es ist alles so weit, um dasselbe nun vollends zuzuziehen. Binnen drei Tagen, d. h. also nächsten Montag, ist die Sache reif zum Eingreifen, und der Professor samt den Hauptmitgliedern seiner Bande wird sich dann in den Händen der Polizei befinden. Das gibt den großartigsten Kriminalprozess des Jahrhunderts, der über vierzig rätselhafte Fälle Licht verbreitet und die ganze Gesellschaft an den Galgen bringt –, aber wohlverstanden nur, falls wir keine Stunde zu früh losschlagen, sonst entschlüpfen sie uns noch im letzten Augenblick unter den Händen.
    Hätte sich nun dies alles ausführen lassen ohne Wissen des Professors, wäre die Sache ganz glatt abgegangen. Allein dazu war dieser viel zu schlau. Keiner meiner Schritte zu seiner Umgarnung blieb ihm verborgen. Immer und immer wieder suchte er den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, und jedes Mal fing ich ihn wieder ein. Ich sage Ihnen, mein Lieber, ließe sich eine genaue Schilderung dieses stummen, in Angriff und Abwehr gleich großartigen Ringens geben —, es würde ein Kabinettstück in den Annalen der Geheimpolizei bilden. Noch nie hatte ich mich zu solcher Höhe aufgeschwungen, und noch nie hatte ein Gegner mich so heiß gemacht. Er ging fest ins Zeug, und doch war ich ihm noch ein wenig über. Heute Morgen wurden die letzten Maßregeln getroffen, und in drei Tagen sollte vollends alles bereit sein. Während ich nun in meinem Zimmer saß und über die Angelegenheit nachsann, ging plötzlich meine Tür auf, und der Professor stand vor mir. Meine Nerven können einen ziemlichen Puff vertragen, Watson, aber ich muss gestehen, es fuhr mir doch in die Glieder, als ich diesen Mann, mit dem sich meine Gedanken so viel beschäftigt hatten, leibhaftig auf meiner Schwelle stehen sah. Seine Erscheinung selbst hatte gar nichts Überraschendes für mich. Er ist außerordentlich groß und mager, seine Stirn springt in weitem Bogen vor, und seine Augen liegen tief in ihren Höhlen. Er ist glatt rasiert, blass und von asketischem Aussehen, dabei kann er in seinen Zügen den Gelehrten nicht ganz verleugnen. Seine Schultern sind von vieler geistiger Arbeit gewölbt und sein Gesicht stark nach vorwärts geneigt, was ihm zusammen mit einem fortwährenden Hin- und Herwiegen des Kopfes etwas eigentümlich Schlangenartiges verleiht. Er heftete den Blick seiner von zahllosen Runzeln umzogenen Augen voll Neugier auf mich.
    ›Die Entwicklung Ihrer oberen Schädelhälfte entspricht nicht ganz meinen Erwartungen‹, begann er endlich. ›Eine gefährliche Gewohnheit, geladene Feuerwaffen in die Taschen seines Schlafrocks zu stecken.‹
    Ich hatte nämlich bei seinem Eintritt augenblicklich die große Gefahr erkannt, in der ich schwebte. Es gab für ihn nur eine Möglichkeit der Rettung: – mich stumm zu machen. Mit Blitzesschnelle hatte ich den Revolver aus der Schublade in meine Tasche geschoben, wo ich ihn von außen festhielt. Auf seine Bemerkung zog ich denselben nun heraus und legte ihn mit gespanntem Hahn vor mich auf den Tisch. Er lächelte und blinzelte zwar noch immer, aber in seinen Augen lag ein Ausdruck, der mir die Gewissheit, eine geladene Waffe zur Hand zu haben, sehr beruhigend erscheinen ließ.
    ›Sie wissen offenbar nicht, wer ich bin‹, fuhr er fort.
    ›Im Gegenteil, ich meine, man könne deutlich sehen, dass Sie mir sehr wohl bekannt sind. Lassen Sie sich nieder. Fünf Minuten kann ich Ihnen schon widmen, falls Sie mir etwas mitzuteilen haben.‹
    ›Was ich Ihnen sagen könnte, ist Ihnen bereits alles durch den Sinn gegangen.‹
    ›Dann ist Ihnen auch bereits durch den Sinn gegangen, was ich darauf zu erwidern hätte‹, versetzte ich.
    ›Sie weichen also nicht?‹
    ›Niemals.‹
    Jetzt griff er in die Tasche, worauf ich sofort die Waffe aufnahm. Er zog jedoch nur ein Notizbuch mit einigen Aufzeichnungen hervor.
    ›Am 4. Januar haben Sie zum ersten Mal meinen Weg gekreuzt‹, fing er wieder an, ›am 23. wurden Sie mir unbequem; Mitte Februar bereiteten Sie mir ernstlich Schwierigkeiten, Ende März war ich in meinen Unternehmungen völlig lahmgelegt – nun, Ende April, hat sich durch Ihre unablässige Verfolgung meine Lage derart gestaltet, dass ich mich der ernstlichen Gefahr gegenübersehe, meine Freiheit einzubüßen. Die Lage wird nachgerade unhaltbar.‹
    ›Haben Sie

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