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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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fuhr hinter dem Jungen her und fand bei dieser Verfolgung den Tod.«
    »So könnte es scheinen.«
    »Nun komme ich zum wichtigsten Punkt. Am natürlichsten würde es sein, dass ein Mann, der einen kleinen Jungen verfolgt, hinter ihm herläuft, weil er weiß, dass er ihn so bald einholen kann. Der Deutsche tut das nicht; er bedient sich des Rads. Ich habe erfahren, dass er ein ausgezeichneter Radler war. Er würde nicht zu diesem Mittel gegriffen haben, wenn er nicht gesehen hätte, dass auch der Junge schnellgehende Hilfsmittel auf seiner Flucht zur Verfügung hatte.«
    »Das andere Rad.«
    »Lassen Sie uns erst weiter schließen. Die Leiche liegt fünf Meilen von der Schule – der Tod ist, wohlgemerkt, nicht durch eine Kugel herbeigeführt worden, die möglicherweise ja auch ein Junge abschießen kann, sondern durch einen wuchtigen Schlag von einem starken Mannesarm. Der Knabe muss also einen Gefährten auf seiner Flucht gehabt haben. Diese Flucht ist eine sehr eilige gewesen, denn ein guter Radfahrer hat fünf Meilen gebraucht, ehe er die Flüchtlinge eingeholt hat. Wir untersuchen das Gelände am Tatort. Was finden wir? Nur ein paar Hufspuren von Rindern, sonst nichts. Ich habe die ganze Umgegend in einem weiten Umkreis durchforscht, aber innerhalb fünfzig Metern ist kein Weg. Irgendein anderer Radfahrer konnte kein Interesse an der Ermordung haben. Übrigens waren auch keine Spuren eines Menschen zu sehen.«
    »Holmes«, rief ich, »so ist’s unmöglich!«
    »Wunderbar!«, antwortete er. »Eine sehr richtige Bemerkung. Es ist unmöglich, wie ich es darstelle, also muss meine Beweisführung in irgendeiner Hinsicht nicht ganz richtig sein. Nun denken Sie selbst mal darüber nach. Können Sie mir einen falschen Punkt darin angeben?«
    »Könnte er sich nicht durch einen Sturz die Verletzung zugezogen haben?«
    »Auf weichem Sumpfboden, Watson?«
    »Dann weiß ich auch nicht.«
    »Nur nicht gleich den Mut verloren! Wir haben schon schwierigere Probleme gelöst. Wir haben wenigstens genug Material, wir müssen’s nur richtig verwerten. Kommen Sie! Jetzt, nachdem die Palmerspur abgetan ist, wollen wir uns nach der anderen von dem Rad der Firma Dunlop umschauen und sehen, was wir dabei für ein Resultat finden.«
    Wir nahmen jene Spur wieder auf und verfolgten sie vorwärts. Aber nach kurzer Zeit kamen wir an einen Graben, jenseits dessen das Moor allmählich in eine sanft ansteigende Heidelandschaft überging, wo wir keine Spuren mehr erwarten konnten. Von der Stelle, wo wir zum letzten Mal die Fährte des geflickten Dunlopreifens sahen, konnte sie ebenso wohl nach Holdernesse Hall hinüberführen, dessen stattliche Türme wir einige Meilen links emporragen sahen, wie hinauf zu dem kleinen Dörfchen an der Chesterfielder Chaussee.
    Als wir in die Nähe des verheißungsvollen Wirtshauses mit einem Kampfhahn über dem Eingang kamen, stieß Holmes plötzlich einen Schrei aus und erfasste meine Schulter, um nicht hinzufallen. Er hatte sich den Fuß vertreten. Er humpelte beschwerlich zur Tür, in der ein stämmiger, dunkler Mann stand und eine Tonpfeife rauchte.
    »Wie geht’s, Mr Hayes?«, redete ihn Holmes an.
    »Wer sind Sie denn, und woher wissen Sie meinen Namen?«, antwortete der Wirt, indem Argwohn aus seinen listigen Augen blitzte.
    »Ei! Er steht ja über Ihrer Tür. Und den Besitzer eines Hauses zu erkennen, ist nicht schwer. Haben Sie nicht irgendein Fuhrwerk?«
    »Nein, das hab ich nicht.«
    »Ich kann kaum mit dem Fuß auftreten.«
    »Dann lassen Sie’s doch bleiben.«
    »Aber ich kann nicht richtig gehen.«
    »Dann hüpfen Sie doch.«
    Mr Hayes Benehmen war nicht gerade entgegenkommend und höflich, aber Holmes nahm es merkwürdig gut hin.
    »Schauen Sie her, lieber Mann«, sagte er. »Die Geschichte kommt mir jetzt wahrhaftig sehr ungelegen. Ich muh weiter und weiß nicht, wie ich fortkommen soll.«
    »Ich weiß auch nicht«, erwiderte der grobe Wirt.
    »Die Sache ist sehr dringend. Ich gebe Ihnen einen Sovereign, wenn Sie mir ein Rad verschaffen; wenn ich auch nur mit dem einen Bein treten kann, komme ich doch noch rascher und bequemer weiter als zu Fuß.«
    Der Wirt spitzte die Ohren.
    »Wo woll’n S’e denn hin?«
    »Nach Holdernesse Hall.«
    »Wohl zum Herzog selbst?«, sagte der Wirt, indem er höhnisch auf unsere mit Dreck bespritzten Hosen blickte.
    »Er wird denn doch froh sein, wenn wir kommen.«
    »Warum?«
    »Weil wir ihm Nachricht von seinem Sohn bringen.«
    Der Wirt fuhr sichtlich

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