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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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aus mir ein recht rühriger Verbrecher hätte werden können. Diese Aussicht habe ich immer noch. Sehen Sie her!«
    Holmes ging an eine Schublade und entnahm ihr ein niedliches kleines Ledertäschchen. Als er es aufmachte, kamen eine Anzahl glänzender Instrumente zum Vorschein.
    »Das ist eine Auswahl erstklassigen, zeitgemäßen Diebeswerkzeugs: eine Reihe vernickelter Dietriche, ein Diamantglasschneider, Normalschlüssel, Stahlschrauben und alle sonstigen Instrumente, die der Fortschritt der Zivilisation erforderlich macht. Hier habe ich auch eine Blendlaterne. Es ist alles instand. Haben Sie ein Paar Schuhe, die nicht knarren?«
    »Ich habe ein Paar Tennisschuhe mit Gummisohlen.«
    »Ausgezeichnet. Und eine Maske?«
    »Ich kann uns welche aus schwarzer Seide machen.«
    »Sie scheinen eine gute Naturanlage zu solchen Sachen zu haben. Sehr gut, machen Sie die Masken. Wir werden noch etwas Kaltes essen, ehe wir aufbrechen. Es ist jetzt halb zehn. Um elf Uhr müssen wir in Church Row sein. Von dort ist es noch eine Viertelstunde zu Fuß nach Appledore Towers. Wir werden vor Mitternacht anfangen. Milverton hat einen guten Schlaf und geht jeden Abend pünktlich um halb elf zu Bett. Wenn wir Glück haben, können wir um zwei Uhr wieder hier sein und die Briefe von Miss Brackwell in der Tasche haben.«
    Holmes und ich zogen unsere Gesellschaftsanzüge an, sodass wir aussahen wie ein paar Theaterbesucher, die heimgehen. In der Oxford Street nahmen wir eine Droschke und fuhren nach einer Adresse in Hampstead. Hier bezahlten wir den Wagen und wanderten mit unseren zugeknöpften Gehröcken über die Heide. Es war bitter kalt, und der schneidende Ostwind ging uns durch und durch.
    »Es ist ein Geschäft, das die größte Vorsicht verlangt«, sagte Holmes. »Diese Briefschaften befinden sich in einem eisernen Schrank in dem Arbeitszimmer von Milverton, und dieses Arbeitszimmer liegt direkt vor seinem Schlafzimmer. Glücklicherweise ist er, wie alle diese kleinen starken Leute, die gut leben, ein sehr fester Schläfer. Agathe – so heißt meine Braut – hat mir gesagt, dass die Dienerschaft scherzhaft behauptet, der Herr sei überhaupt nicht wach zu kriegen. Er hat einen sehr diensteifrigen Sekretär, der den ganzen Tag das Zimmer nicht verlässt. Darum müssen wir nachts gehen. Außerdem hat er einen bissigen Hund, der frei im Garten umherläuft. Ich besuchte Agathe die beiden letzten Abende ziemlich spät, sie sperrt daher das Vieh ein, damit ich ungehindert passieren kann. Das ist das Haus, das große dort. Durchs Tor – nun rechts zwischen den Büschen durch. Ich glaube, wir setzen jetzt besser unsere Masken auf. Sie sehen, an keinem Fenster ist mehr Licht, es geht wie gewünscht.«
    Mit unseren schwarzen seidenen Binden, wodurch wir wie ein paar der schrecklichsten Londoner Verbrecher aussahen, schlichen wir uns an das ruhige, dunkle Haus heran. Auf der einen Seite zog sich eine Art Veranda hin, an der sich mehrere Fenster und zwei Türen befanden.
    »Das ist sein Schlafzimmer«, flüsterte Holmes. »Diese Tür geht direkt ins Arbeitszimmer. Die würden wir am besten benutzen, aber sie ist nicht nur verschlossen, sondern auch verriegelt, und wir müssten zu viel Geräusch machen, um sie aufzubrechen. Kommen Sie hier ’rum. Da ist ein Gewächshaus, durch das man ins Empfangszimmer gelangt.«
    Es war verschlossen. Aber Holmes schnitt ein Stück der Scheibe an der Tür heraus und drehte von innen den Schlüssel herum. Es dauerte kaum einen Augenblick, und wir waren im Sinn des Gesetzes zu Verbrechern geworden. Der süße betäubende Duft der exotischen Pflanzen und die dicke warme Treibhausluft nahmen uns den Atem. Er fasste mich im Dunkel bei der Hand und führte mich schnell an Reihen von Blattgewächsen vorbei, die uns über’s Gesicht strichen. Holmes besaß in hohem Maß die Fähigkeit, im Dunkeln zu sehen, und hatte sie auch besonders sorgfältig gepflegt. Während er mich noch immer an der Hand hielt, öffnete er eine Tür, und ich hatte das unbestimmte Gefühl, als ob wir uns in einem großen Raum befänden, in dem vor nicht langer Zeit eine Zigarre geraucht worden sei. Er tastete sich an den Möbeln vorbei, öffnete eine zweite Tür und schloss sie hinter uns zu. Als ich die Hand ausstreckte, fühlte ich mehrere Röcke an der Wand; ich merkte, dass wir in einem Gang waren. Wir gingen darin lautlos weiter, und Holmes öffnete eine Tür rechts. Es huschte etwas auf uns zu, mir fiel das Herz schon in die Kniekehle,

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