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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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aber ich musste gleich wieder innerlich lachen, als ich gewahr wurde, dass es die Katze war. In diesem Zimmer brannte noch Feuer im Kamin, und ich roch wieder Tabaksrauch. Holmes ging auf den Zehen hinein, wartete, bis ich auch drin war und schloss dann die Tür wieder leise zu. Wir waren in Milvertons Arbeitszimmer. Durch die Portiere an der gegenüberliegenden Wand ging’s in sein Schlafzimmer.
    Holmes legte ein wenig Holz in das Feuer, das bald hell aufbrannte, sodass wir gut dabei sehen konnten. In der Nähe der Tür erblickte ich den Drücker für das elektrische Licht, aber es wäre überflüssig gewesen, es anzudrehen, selbst wenn dies sicher gewesen wäre. An der einen Seite vom Kamin hing ein schwerer Vorhang vor dem gewölbten Fenster, das uns daher von außen her dunkel erschienen war. An der anderen Seite befand sich die Tür, die zur Veranda führte. In der Mitte stand ein moderner Schreibpult mit einem rotgepolsterten Drehsessel. Gegenüber befand sich ein Bücherschrank und oben darauf eine Marmorbüste der Athene. In der Ecke sahen wir die blitzenden Schlösser eines großen, grünlackierten Geldschranks. Holmes schlich sich hin und nahm ihn in Augenschein. Dann kroch er an die Schlafzimmertür und horchte. Es war kein Laut zu hören. Währenddessen war mir eingefallen, dass es für alle Fälle klug sein würde, uns den Rückzug durch die äußere Tür zu sichern. Ich untersuchte sie also. Zu meiner Überraschung war sie weder zugeschlossen, noch zugeriegelt! Ich zupfte Holmes am Ärmel; er schaute nach der Tür und stutzte. Offenbar war er ebenso erstaunt wie ich auch.
    »Das gefällt mir gar nicht«, flüsterte er mir ins Ohr. »Das versteh ich nicht recht. Doch wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    »Kann ich was helfen?«
    »Ja, stellen Sie sich an die Tür. Wenn Sie jemanden kommen hören, riegeln Sie von innen zu, wir können dann auf dem nämlichen Weg verschwinden, auf dem wir gekommen sind. Falls sie von der anderen Seite kommen, können wir durch diese Tür entwischen, wenn wir unseren Zweck erreicht haben, oder wenn nicht, uns hinter diesem Fenstervorhang verstecken. Verstanden?«
    Ich nickte und stellte mich an die Tür. Mein anfängliches Bangigkeitsgefühl war schon längst geschwunden, und ich empfand als Übertreter des Gesetzes eine viel intensivere Lust als in unseren früheren Fällen als Hüter desselben. Das hohe Ziel unserer Mission, das Bewusstsein, selbstlos und ritterlich zu handeln, der scheußliche Charakter unseres Feindes, alles trug dazu bei, das Interesse am Gelingen unseres Abenteuers zu erhöhen. Ich dachte gar nicht mehr an eine Schuld, sondern war trotz der Gefahr froh und guten Mutes. Voll Bewunderung sah ich Holmes zu, wie er sein Diebeswerkzeug auseinanderbreitete und mit der Ruhe und wissenschaftlichen Sorgfalt eines Operateurs das passende Instrument aussuchte. Ich wusste, dass das Öffnen von Schränken sein Steckenpferd war, und ich begriff die offensichtliche Freude, die es ihm machte, sich diesem stählernen grünen Ungeheuer gegenüberzubefinden, dessen Magen verfängliche Briefschaften so mancher schönen Dame enthielt. Mit aufgekrempelten Ärmeln legte er zwei Drillbohrer, ein kleines Brecheisen und mehrere Dietriche heraus. Ich stand an der Haupttür und beobachtete mit meinen Blicken zugleich auch die anderen, auf alles gefasst, wenn auch meine Pläne für den Fall, dass wir gestört werden sollten, wirklich recht unbestimmter Natur waren. Holmes arbeitete eine halbe Stunde unter Anspannung aller Kräfte. Er legte ein Instrument hin, nahm ein anderes, und handhabte jedes mit der Gewandtheit und Fertigkeit des gelernten Mechanikers. Endlich hörte ich einen Knacks, und die große grüne Tür sprang auf, sodass ich eine große Menge Paketchen liegen sehen konnte. Sie waren alle verschnürt, versiegelt und mit einer Aufschrift versehen. Holmes nahm eins in die Hand. Bei dem flackernden Lichtschein vom Kamin her konnte man aber kaum lesen; er zog daher, weil es neben Milvertons Schlafzimmer doch gewagt gewesen wäre, das elektrische Licht anzudrehen, seine Blendlaterne hervor. Mit einem Mal hielt er inne, horchte gespannt, machte geschwind die Schranktür zu, steckte sein Handwerkszeug in die Taschen, schloss seine Blendlaterne und huschte hinter den Fenstervorhang. Mir winkte er rasch, ihm zu folgen.
    Ich stand kaum neben ihm, da hörte ich auch, was seine schärferen Ohren schon eher vernommen hatten. Es war irgendwo ein Geräusch im Haus. In einiger

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