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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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den Zeichnungen. Nur er allein nahm sie aus den Fächern und ordnete sie wieder ein.«
    »Wer hat in jener Nacht die Pläne eingeschlossen?«
    »Mr Sidney Johnson, der Bürovorsteher.«
    »Nun, es ist doch vollständig klar, wer sie gestohlen hat. Man hat sie in den Taschen Cadogan Wests gefunden – das ist eine Tatsache, und die macht doch alle weiteren Erwägungen überflüssig, nicht?«
    »So scheint es, Sherlock, und doch bleibt da noch so vieles unaufgeklärt. Zuallererst: Warum hat er sie gestohlen?«
    »Ich nehme an, sie sind von Wert?«
    »Er hätte sehr leicht viele Tausende dafür bekommen können.«
    »Kannst du mir ein anderes Motiv dafür angeben, dass er die Zeichnungen nach London brachte – außer, um sie zu verkaufen?«
    »Nein, das kann ich nicht.«
    »Dann müssen wir das zu unserer Grundlage machen. Der junge West hat die Papiere entwendet. Das konnte aber nur geschehen unter Verwendung eines falschen Schlüssels ...«
    »Verschiedener falscher Schlüssel«, unterbrach Mycroft. »Er musste außer dem Stahlschrank das Zimmer und das Haus aufschließen.«
    »Gut, dann hatte er also verschiedene falsche Schlüssel. Er nahm die Papiere mit nach London, um das Geheimnis zu verkaufen und hatte vermutlich die Absicht, die Zeichnungen bis zum nächsten Morgen wieder in den Schrank zu legen, ehe sie vermisst wurden. Während er in London mit dieser lukrativen Aufgabe beschäftigt war, ereilte ihn der Tod.«
    »Wie?«
    »Wir wollen annehmen, dass er zurück nach Woolwich fuhr, als er getötet und aus dem Wagenabteil geworfen wurde.«
    »Aldgate, wo die Leiche gefunden wurde, ist beträchtlich jenseits London Bridge Station, wo seine Linie nach Woolwich abzweigt«, bemerkte Mycroft.
    »Man kann sich viele Umstände ausdenken, die ihn hätten veranlassen können, über London Bridge hinaus zu fahren. Da saß einer im Wagen, mit dem er eine zu wichtige Verhandlung führte, um auf die Stationen zu achten; hm, und diese Verhandlung endigte in einer heftigen Szene, bei der er sein Leben verlor. Möglicherweise wollte er den Wagen verlassen, er fiel auf den Bahnkörper und zerschmetterte sich den Schädel. Der andere schloss die Tür hinter ihm. Es war bekanntlich ein dicker Nebel, und niemand konnte etwas deutlich sehen.«
    »Mit unserer augenblicklichen Kenntnis der Tatsachen können wir auf keine bessere Erklärung kommen. Und doch bitte ich dich zu bedenken, wie vieles du dabei außer Acht lässt. Bleiben wir zum Beispiel einmal dabei, dass der junge West beschlossen hatte, die Pläne nach London zu bringen. Natürlich hat er sich da vorher mit dem fremden Spionageagenten verabredet und sich diesen Abend freigehalten. Stattdessen nahm er zwei Karten fürs Theater, brachte seine Verlobte halbwegs dorthin und verschwand dann plötzlich.«
    »Eine Finte«, sagte Lestrade, der nicht ohne Ungeduld das Zwiegespräch mit angehört hatte.
    »Eine sehr merkwürdige Finte«, sagte Sherlock Holmes. »Das ist Einwurf Nummer eins. Einwurf Nummer zwei: Wir wollen annehmen, er fährt nach London und trifft sich mit dem fremden Agenten. Er muss die Pläne bis zum anderen Morgen wieder zurückschaffen oder ihr Fehlen wird entdeckt werden. Er nahm zehn mit sich von Woolwich; nur sieben hat man bei ihm gefunden. Was ist mit den übrigen drei geschehen? Sicher würde er sie nicht freiwillig aus der Hand gegeben haben, denn das bedeutete ja Entdeckung mit allen unheilvollen Folgen. Schließlich, wo ist der Preis für seinen Verrat? Man hätte doch eigentlich eine große Summe bei ihm finden müssen.«
    »Mir scheint das völlig klar«, sagte Lestrade. »Ich habe keinen Zweifel, wie die Dinge sich abspielten. Er nahm die Papiere weg, um sie zu verkaufen. Er traf sich mit dem Agenten. Sie konnten sich über den Preis nicht einig werden. West fuhr wieder nach Hause, aber der Agent fuhr mit. Im Zug ermordete ihn der Agent, nahm die drei wichtigsten Pläne an sich und warf die Leiche aus dem Wagen. Das würde sich mit allen Tatsachen decken, nicht?«
    »Warum hatte er keine Fahrkarte?«
    »Die Karte würde gezeigt haben, welche Station dem Haus des Agenten am nächsten gelegen ist. Deshalb nahm er sie aus der Tasche des Ermordeten.«
    »Gut, Lestrade, sehr gut«, meinte Holmes. »Ihre Theorie hält zusammen. Aber wenn sie richtig ist, dann ist der Fall zu Ende. Auf der einen Seite ist der Hochverräter tot, auf der anderen sind die wichtigsten Zeichnungen im Besitz eines Spions und wahrscheinlich schon längst auf dem Festland. Was

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